1158 - Der SchiffbrÃŒchige
unter diesen Bedingungen ruhig und sachlich über den neuen Kurs diskutieren? Wie sollte man eine einstimmige Entscheidung erlangen, wenn vier Fünftel der Besatzung gar nicht imstande waren, an der Diskussion teilzunehmen? Abgesehen davon: Diese Diskussion war eine heikle Angelegenheit, und selbst K'Wer war sich nicht sicher, ob es überhaupt zu einer Einigung kommen könnte. Er hätte trotzdem eine Entscheidung herbeiführen können - und vielleicht eine Meuterei riskiert.
Der bloße Gedanke entsetzte ihn. Uneinigkeit war unparsynnisch. Da war es in der Tat besser, sich auf die unmittelbar anstehenden Probleme zu stürzen und zu hoffen, daß die Einigkeit sich ganz von selbst einstellte, wenn die derzeitige Krise überwunden war. Und noch etwas spielte eine Rolle: Alle anderen waren längst an der Arbeit. K'Wer war der einzige, der sich noch zurückhielt und grübelte. Auch das war unparsynnisch. Indem der Kommandant der MISSIONAR zögerte, sich in die Arbeit zu stürzen, hielt er auch ein paar Dutzend andere Parsynnen davon fern.
K'Wer informierte sich noch einmal kurz über die Gegebenheiten außerhalb der Energieblase, und er kam zu dem Schluß, daß alles nur halb so schlimm war, wie es auf den ersten Blick ausgesehen hatte. Die MISSIONAR flog jetzt bereits erheblich langsamer. Die Parsynnen hatten die Auswirkungen der Katastrophe, die sich zweifellos über viele Millionen von Jahren hinziehen würde, gewissermaßen im Zeitraffer gesehen.
Die Schockwellen und Energiefronten bewegten sich in Wirklichkeit viel langsamer, als sie ursprünglich angenommen hatten.
Sie würden zwei parsynnische Tage brauchen, um der Situation an Bord Herr zu werden. Nur wenige Stunden zuvor würde die MISSIONAR in den Normalraum zurückfallen. Wenn wieder Ruhe an Bord herrschte, sagte sich K'Wer, würde es nur sehr kurze Zeit brauchen, um die Diskussion zu einem einstimmigen Ergebnis zu führen. Es war sehr unwahrscheinlich, daß das Schiff innerhalb dieser kurzen Zeitspanne von einer Schockwelle getroffen wurde.
Also stürzte sich auch der Kommandant der MISSIONAR in jene Arbeit, die er als vorrangig einstufte. Die, die noch gezögert und gewartet hatten, taten es ihm erleichtert nach.
Der Sternenantrieb wurde nicht neu programmiert.
*
X'Phan beobachtete die Vorgänge an Bord der MISSIONAR mit wachsendem Unverständnis. Da flogen sie nun im Innern der schützenden Energieblase durch eine explodierende, in fürchterlichem Aufruhr befindliche Galaxis, und sie durften mit großer Wahrscheinlichkeit damit rechnen, daß sie binnen kurzem erhebliche Schwierigkeiten bekamen. Und was taten K'Wer und all die anderen? Nichts.
Er sagte sich, daß die Gemeinschaft sich nicht so sehr irren konnte. Vielleicht hatte er wieder einmal irgend etwas verpaßt, und die Parsynnen hatten längst einen Ausweg gefunden, von dem er nichts wußte.
„Ganz sicher ist es so", sagte er zu sich selbst, während er einen der Sichtschirme beobachtete. Aber auch das trug nicht zu seiner Beruhigung bei. Im Gegenteil: Er hatte schreckliche Angst. Am liebsten wäre er zu K'Wer gegangen. Der hätte ihm sicher mitgeteilt, was zum Schutz der MISSIONAR unternommen worden war. Aber X'Phan fürchtete, daß er K'Wers Aufmerksamkeit erneut auf sich und Unfall Nummer Drei lenken könnte - in der letzten Zeit schien der Kommandant ihn mehr oder weniger vergessen zu haben.
Es wäre fatal gewesen, wenn K'Wer mitbekommen hätte, was sich in X'Phans Unterkunft abspielte. Es waren ja nicht nur die jungen und verletzten Heels, die dort ausruhten, nicht nur die vielen anderen Tiere, die auf eine kurze Mahlzeit vorbeikamen.
Viel schlimmer war es, daß mittlerweile mehr als ein Dutzend Heel-Weibchen beschlossen hatten, an diesem Hort der Ruhe und Geborgenheit ihre Nester zu bauen. Selbst X'Phan hatte manchmal das Gefühl, daß er sich in der Wahl seiner Freunde ein wenig vergriffen hatte. Er litt unter chronischem Schlafmangel, denn es herrschte nur noch selten Ruhe in seinen Räumen. Bevor er sich in einer Sitzmulde niederlassen wollte, mußte er stets erst einmal nachsehen, ob sich nicht eines der Jungen unter einem Polster versteckt hatte.
Zwar hatten die Tiere seinen Lieblingsplatz bisher verschont - er vermutete, daß Unfall Nummer Drei in irgendeiner Weise dafür sorgte - und sie hatten auch noch keine einzige seiner Leseplatten zerfressen oder Stücke aus seiner Sammlung von Erinnerungsstücken aller Art zerstört. Aber letzteres lag in erster Linie daran,
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