1159 - Seth-Apophis
brauchte, um die Katastrophe zu verhindern. Wergin, Raqotor und Sublinaf waren verloren. Ihre mentalen Kapazitäten reichten nicht aus, um auch nur einen Bruchteil der psionischen Energie zu speichern, die auf sie einströmte. Aber sie waren nur Projektionen. Man konnte sie ersetzen ...
Mit einem wilden Aufbäumen ihres Geistes aktivierte Seth-Apophis den Jetstrahl. Sie vertraute sich ihm an - mit allen Bewußtseinen und Fragmenten, die sich in ihrer Mentalsphäre drängten. Der geistige Druck blieb konstant, er wuchs nicht weiter an. Jetzt kam es darauf an, das Ziel zu finden.
Die Höhle war verschwunden. Undurchdringliches Dunkel hüllte sie ein. Verzweiflung griff nach ihr. Hatte sie den falschen Weg eingeschlagen? Wo blieb das matte, rote Leuchten, das ihr verriet, daß sie sich auf dem richtigen Kurs befand?
Sie sah es schließlich. Aus der Finsternis heraus wuchs es auf sie zu, eine Scheibe von weit über eintausend Lichtjahren Durchmesser. Das Innere der Scheibe gehörte dem Hyperraum an, es lag außerhalb der Grenzen des vierdimensionalen Kontinuums. Noch nie hatte es Seth-Apophis gewagt, mit dem Jetstrahl eine Reise zu unternehmen, deren Zielpunkt in einem übergeordneten Raum lag. Sie kannte die Kräfte nicht, die dort walteten. Sie wußte nicht, ob sie jenseits von Raum und Zeit überleben konnte. Aber solche Gedanken schreckten sie nicht mehr. Hier draußen war ihr der Untergang gewiß.
Wenn es überhaupt Rettung gab, dann nur dort drinnen ...
Sanfter, roter Schimmer umgab sie. Ruhe und Frieden hüllten sie ein. Sie empfing deutlich die fremden Gedankenströme, stetig, geordnet, kraftvoll und doch unverständlich.
Wie ein Ruck ging es durch ihren Geist, und dann spürte sie, wie der Druck, der bisher auf ihr gelastet hatte, sich zu verringern begann. Die Schleusen ihrer Bewußtseinssphäre hatten sich geöffnet, und wie ein Strom ergossen sich die aufgestauten Geistfragmente in das konturlose rötliche Glühen. Ein Gefühl unendlicher Erleichterung überkam sie. Jetzt erst erkannte sie, wie unnatürlich die Konstellation der auf engem Raum zusammengedrückten Bewußtseinsbruchstücke gewesen war. Schaudernd nahm sie zur Kenntnis, daß ihr der Untergang sicher gewesen wäre, wenn es nicht diese Blase aus psionischer Energie gegeben hätte, die sie als Reservoir benützen konnte. Verblendet, wie sie war, verstand sie das Auftauchen des Psi-Rubins als den aufmunternden Wink eines gnädigen Schicksals, das noch über den Materiequellen und den Kosmokraten stand.
*
Dieses Ereignis leitete einen neuen, entscheidenden Abschnitt im Werdegang der Superintelligenz Seth-Apophis ein. Sie hatte im Psi-Rubin ihre Aura hinterlassen. Das psionische Reservoir gehörte ihr. Die paar Millionen Bewußtseinsfragmente, die sie in den Rubin gepumpt hatte, um sich vor der mentalen Explosion zu retten, machten nur einen winzigen Bruchteil des Fassungsvermögens der gewaltigen Blase aus. Von jetzt an würde sie sich darauf konzentrieren, noch größere Mengen an Fremdbewußtseinen an sich zu reißen und sie Schub um Schub im Innern des Psi-Rubins zu speichern. Hand in Hand mit diesem Prozeß ging ein gewisser Identitätsverlust. Seth-Apophis hörte auf, ein identifizierbares Einzelwesen zu sein. Sie war die Gesamtheit der im Rubin vereinten Bewußtseinsfragmente. Das Geistwesen, das auf den düsteren, von Nebelschlieren bevölkerten Gefilden von Aitheran seinen Sitz hatte, war nur noch eine am Rand existierende Manifestation, gewissermaßen ein Repräsentant dessen, was sich im Innern des Psi-Depots befand.
Immerhin ergab sich aus diesem Arrangement ein bemerkenswerter Effekt. Die Bewußtseine, die Seth-Apophis an sich riß, um sie dem Psi-Rubin zu überantworten, nahmen ohne Ausnahme den Weg über Aitheran. Hier wurden sie gesammelt, bis die Kapazität des natürlichen Reservoirs der Superintelligenz nahezu erschöpft war. Dann erst unternahm Seth-Apophis von neuem die Reise zum Psi-Rubin, um ihre Fracht dort abzuladen. Es gab also zwischen dem mit Bewußtseinsfragmenten erfüllten Hyperkontinuum im Innern der Blase und dem vierdimensionalen Raum-Zeit-Gefüge einen eindeutig vorgeschriebenen Weg, der über die Galaxis Sethdepot führte. Es entstand eine deutlich ausgeprägte Affinität zwischen dem Stück Hyperraum, das die Blase umschloß, und jenem Bereich innerhalb der Raum-Zeit, der die Galaxis Sethdepot beinhaltete. Wer aus dem Innern des Psi-Rubins ins vierdimensionale Kontinuum zurückkehrte, der hätte
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