1161 - Totentanz in M 82
ihm gemeldet, „eine langbeinige, ausgemergelte Spinne mit drei Augen", wie sich der Cygride wenig respektvoll ausdrückte. Die Kennworte hatte den Anximen als meinen Boten identifiziert.
Jercygehl An und sechs seiner Begleiter waren, ohne daß es die Bewacher des Lagers merkten, in ein separates Gebäude abgesondert worden. Kurze Zeit später hatte ein Lastengleiter neuen Proviant gebracht. Wie vereinbart waren die Cygriden in die leeren Behälter gekrochen und mit dem zurückkehrenden Fahrzeug davongeflogen. Der Gleiter war auf der höchsten, waagerechten Fläche des Goldenen Palastes gelandet. Dort gab es einen Einstieg. Jercygehl An kannte den Weg aufgrund der Beschreibung, die Simsin ihm gegeben hatte. Die Cygriden warteten schon seit etlichen Stunden. Jercygehl An bekannte, er habe des öfteren die Versuchung empfunden, uns in unserem Gefängnis aufzusuchen. Nur die Furcht, daß er dort auftauchen könne, während Waylon Javier sich im umgepolten Zustand befand, hatte ihn davon abgehalten.
„Woher wußtest du, daß wir kommen würden?" fragte ich ihn.
„Wußte ich?" wiederholte er erstaunt. „Keine Ahnung hatte ich. Die Spinne hat mir nichts darüber gesagt, wie es mit euch beiden weitergehen soll."
„Aber eure Aufgabe ist es, den Verkünder zu manipulieren..."
„Na und? Brauche ich dazu deine Hilfe?" konterte er grob. „Könntest du mir überhaupt Hilfe geben?"
Ein wenig verwirrt gestand ich ihm zu, daß ich über den internen Mechanismus der psionischpositronischen Maschine so gut wie nichts wußte.
„Siehst du!" triumphierte er. „Also brauchten wir dich nicht, und deinen Freund mit dem roten Auge ebenso wenig."
„Aber wie ..."
Mir war längst aufgefallen, daß Ans Begleiter fleißig an der Arbeit waren. Schweigend und mit unbeirrbarer Konzentration hantierten sie an den Aggregaten, die das Halbdunkel des weitläufigen Raumes erfüllten. Ich zählte, außer An selbst, nur vier Cygriden. Zwei weitere mußten irgendwo anders beschäftigt sein. Sie arbeiteten mit Werkzeugen, deren Herkunft ich nicht kannte.
Aus dem Hintergrund sagte eine bekannte Stimme im Armadaslang: „Sämtliche Routinen mit dem Präfix nullzwoeins hängen mit der ursprünglichen Aufgabe des Verkünders zusammen, das heißt: Sie befassen sich mit der Lehre Uxförds. Diese Routinen sind gegenwärtig deaktiviert. Sie sind mit Einsprungpunkten zu versehen, damit sie im geeigneten Augenblick ihre Tätigkeit wieder aufnehmen können."
Aus dem Halbdunkel hörte ich zustimmendes Gemurmel. Die Cygriden hatten die Anweisung verstanden. Ich sah mich um. Jercygehl An erriet meine Gedanken.
„Nein, dein Freund, die Spinne, ist nicht hier. Es ist nur seine Stimme, die du hörst."
„Er leitet euch an?" fragte ich verblüfft.
„Schritt für Schritt. Du weißt, daß er eine computergesteuerte Projektion ist, nicht wahr?"
Ich nickte.
„Nun, sein Computer steht irgendwo hier in der Nähe", sagte Jercygehl An gutgelaunt.
„Es war logisch, daß er eines dieser Geräte für seine Zwecke abzweigte, nicht wahr? Er hat die Instruktionen gespeichert. Wir können sie abrufen, wie wir sie brauchen - einfach durch Zuruf. Schlau, nicht wahr?"
Ein ungewisser Verdacht entstand im Hintergrund meines Bewußtseins. Wenn Simsin einen der Computer des Verkünders für die Steuerung der Projektion requiriert hatte und wenn dieser Computer ein Bestandteil des Verkünder-Computernetzes war, warum bedurfte es dann manueller Eingriffe in das System? Warum konnte die Programmierung des Verkünders nicht von Simsins Prozessor aus vorgenommen werden? Von einer Sekunde zur anderen geriet mein Vertrauen in den Anximen ins Wanken.
„Du denkst, was ich denke", unterbrach Nachor den Lauf meiner Gedanken. „Aber überlege folgendes. Wenn die Maschine, die Simsin benützt, im Verband der anderen Maschinen geblieben wäre, hätte dann Seth-Apophis, die ständigen Kontakt mit den Computern hat, nicht bald vom Plan des Anximen erfahren müssen?"
Er hatte recht. Die Verbindung durch das Netz war keine Einbahnstraße. Hätte Simsin die Möglichkeit gehabt, den Verkünder-Mechanismus von seinem Computer aus zu beeinflussen, dann wäre umgekehrt unvermeidbar gewesen, daß der Mechanismus von Simsins Komplott erfuhr.
„Er hat den Computer also aus dem Netz gelöst, bevor er ihn für seine Zwecke programmierte", sagte ich nachdenklich.
„So muß es gewesen sein", pflichtete Nachor mir bei, und Jercygehl An fügte hinzu: „Nach demselben Prinzip gehen auch
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