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1161 - Totentanz in M 82

Titel: 1161 - Totentanz in M 82 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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keine Anweisungen mehr erhalten, und gleichzeitig glücklich über die zurückgewonnene Freiheit. Dein Traum ist ausgeträumt. Du warst nicht dazu bestimmt, das höchste Niveau der kosmischen Entwicklung zu erreichen. Deine Missetaten sind ohne Zahl. Über unzählige Wesen und Völker hast du Unheil und Vernichtung gebracht.
    Aber deine Sünden werden dir gering gerechnet. Du hast den Unterschied zwischen Gut und Böse, zwischen Recht und Unrecht niemals verstanden. Du warst dir selbst genug.
    Du lerntest über alles, nur das Gesetz, das die Koexistenz intelligenter Wesen regelt, wolltest du nicht kennen lernen. Deine Grausamkeit beruhte auf Unwissenheit. Deswegen sei dir diese letzte Chance gegeben. Nütze sie."
    Die Stimme schwieg. Aus dem Kasten löste sich ein kleiner, grauer Nebelfaden und stieg in die Höhe. Die Formenergie hatte sich aufgelöst. Ein seltsamer Duft stieg mir in die Nase, exotisch und verführerisch. Er ging von der roten Blüte aus.
    Die Mumie begann sich zu regen.
     
    *
     
    Der Sinn der Worte entging ihr. Sie verstand nur das eine: Es wurde ihr noch eine Chance gegeben. Mit der letzten Kraft ihres vom Wahnsinn geplagten Bewußtseins klammerte sie sich an diese Erkenntnis: Sie würde überleben.
    Die Witterung! Woher kam die Witterung? Sie war ihr vertraut. Die Erinnerung an diesen Geruch lag auf dem Grund ihres Gedächtnisses, verdeckt von zahllosen Eindrücken, die sich im Lauf der Jahrmillionen angesammelt hatten. Sie zog sie hervor. Sie sah das sandige Ufer und den See. Sie sah über sich den Busch voll roter Blüten und roch ihren Duft. Sie sah pelzige, mit Klauen bewehrte Pfoten, die sich in den Sand drückten - ihre eigenen.
    Sie gab einen Laut des Wohlbehagens von sich und stand auf...
    Die bleichen Lippen öffneten sich. Ein schwacher Laut wurde hörbar, ein Geräusch, wie es ein Tier von sich geben mochte. Die Mumie lag still. Sekunden verstrichen. Aus dem Kasten kam ein leises Kratzen und Schaben. Ich wandte mich zur Seite. Der Körper des Heels war in Bewegung geraten. Mit unsicheren, tapsenden Schritten kam er aus dem Behältnis hervor. Die kleinen, glitzernden Augen sicherten mißtrauisch in das gedämpfte Licht. Das Tier wandte sich um und kroch zur Hälfte in den Kasten zurück. Als es wieder zum Vorschein kam, hatte es die rote Blüte im Maul. Es trug sie mit Vorsicht, als läge ihm daran, das zarte Gebilde nicht zu verletzen.
    Ein letztes Mal sah der Heel sich um. Dann, mit einem kraftvollen Satz, war er zur Tür hinaus verschwunden.
    Mein Bewußtsein erwachte nur allmählich aus seiner Starre. Ich versuchte nicht, den Vorgang zu begreifen. Es war mir genug, daß er stattgefunden hatte. Der Fehler war korrigiert. Der Heel, der niemals eine Superintelligenz hätte werden dürfen, war wieder ein Heel.
    Ein Laut des Erstaunens machte mich aufmerksam. Ich drehte mich um. Die Androidenhülle, die Seth-Apophis jahrmillionenlang als Wirtskörper gedient hatte, begann zu zerfallen. Die Mumie löste sich auf. Es war kein schöner Anblick. Aber er gab uns deutlicher als alles andere zu verstehen: Seth-Apophis war nicht mehr.
    „Folgt mir", sagte Simsin in diesem Augenblick. „Ein einziges gibt es noch zu tun."
     
    *
     
    Wir standen vor den Maschinenblöcken des Verkünders. Simsin, die Projektion des Anximen, schwebte über einem der Aggregate.
    „Wir haben unsere Aufgabe getan", sagte das achtbeinige Wesen. „Seth-Apophis hat aufgehört zu existieren. Virwen ist gerächt. Ich habe die Anzeigen der Telesensoren inspiziert. Im Bereich des Frostrubins hat ein bemerkenswerter Ausbruch mentaler Energien stattgefunden. Ungewöhnlich intensive psionische Flüsse werden auch in dieser Galaxis registriert. Es gibt keinen Zweifel, daß alle Bewußtseine, die Seth-Apophis einst versklavte, die Freiheit wiedererlangt haben.
    Die Endlose Armada, wie ihr sie nennt, ist seit wenigen Stunden frei von aller Belästigung durch Seth-Apophissche Hilfsvölker. Es finden keine Angriffe mehr statt. Wir haben also auch auf diesem Gebiet erreicht, was wir wollten: Die Hilfsvölker sind frei.
    In den Galaxien, die an Ipotherapes Mächtigkeitsballung angrenzen, gibt es Hunderttausende von Agenten, in deren Bewußtseine sie die Saat pflanzte, die auf die Berührung durch den Jetstrahl ansprechen würde. Was aus diesen Wesen wird, weiß ich nicht.
    Eure Aufgabe ist damit getan. Ihr könnt euch wieder den Dingen zuwenden, die für euch wichtig sind. Wenn ihr den Goldenen Palast verlaßt, erschreckt nicht.

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