1165 - Von Angst gepeitscht
Schultern.
Er lebte schon mehr als 100 Jahre, und die Frauen im damaligen Paris waren ebenso auf ihn hereingefallen wie die Damen der heutigen Gesellschaft. Typen, die einem Latin Lover glichen, waren eben in.
Er ließ Johnnys linken Arm los. Der rechte blieb noch in seinem Griff. Beide hatten die Tür erreicht, und Sekunden danach hörte Sheila in der Stille des Hauses den Klang der Glocke überlaut.
Bisher hatte sie sich zusammenreißen können. Jetzt begann sie zu zittern.
Bill war noch nicht zurückgekehrt. Sie kannte den Grund nicht. Aber sie wusste, dass er sich nicht zurückziehen und ihr die gesamte Verantwortung überlassen würde.
Es klingelte noch einmal.
»Mach auf, Sheila!« Aus dem Dunkel des Hauses hörte sie Bills Flüsterstimme. »Ja, aber…«
»Mach es!«
Es kostete Sheila Überwindung. Sie hatte das Gefühl, eine ganze Mauer wegschieben zu müssen.
Dabei zog sie nur die Tür auf. Dann schaute sie in das gequälte Gesicht ihres Sohnes und hatte das Gefühl, dicht vor dem Tor der Hölle zu stehen…
***
Es war eine schnelle Fahrt gewesen. Wir hatten sie problemlos hinter uns bringen können, waren auch bereit, so rasch wie möglich auf das Grundstück der Conollys zu fahren, als ich im letzten Augenblick das Lenkrad wieder herumriss.
Ich hatte gesehen, dass das Tor nicht geschlossen war. Und das mitten in der Nacht.
So etwas passierte nicht grundlos. Deshalb fuhr ich ein paar Meter weiter und parkte den Wagen am Straßenrand. Suko stellte keine Frage. Auch er hatte das offene Tor gesehen.
»Er ist schon da!«, behauptete er nach dem Aussteigen.
»Und ob«, sagte ich.
Noch etwas störte uns. Auf der anderen Seite parkte ein dunkler Wagen. Nichts Unnormales, aber in diese Gegend passte es einfach nicht hinein. Hier hatten die Menschen ihre Garagen oder Einstellplätze auf dem Grundstück. Wenn Besucher kamen und auf der Straße parken mussten, dann nahe bei den Grundstücken. Genau das war hier auch der Fall. Der Wagen stand so, als gehörte der Fahrer zu den Conollys.
Wir überzeugten uns nicht, ob das Fahrzeug leer war. Davon gingen wir einfach aus, und wir hatten wieder das Gefühl, von einer Peitsche angetrieben zu werden.
Es war die Peitsche der Angst. Nicht wegen uns, nein, es ging jetzt um unsere besten Freunde, zumal wir wussten, wie brutal und gnadenlos der Blutsauger war.
Natürlich hatten wir es eilig, aber wir durften auch nicht jegliche Vorsicht außer Acht lassen. Beau Leroi war ein Vampir, aber er war auch schlimmer als jeder normale Killer.
Auf den normalen Weg verzichteten wir. Da gab es einfach zu viele Lichtflecken. Man hätte uns von den Fenstern sehr gut erkennen können.
Das Haus der Conollys lag so ruhig da wie in jeder normalen Nacht. Es wies nichts darauf hin, dass sie von irgendjemand Besuch bekommen hatten.
Suko blieb plötzlich stehen. Er wies zur Garage. Auch ich sah den Roller. Es war nicht normal.
Johnny stellte seinen fahrbaren Untersatz ansonsten in die Garage, nicht vor sie.
»Sie sind im Haus, John.«
»Klar«, antwortete ich knirschend. »Darauf hat Leroi nur gewartet. Dieses ist für ihn die Nacht der Rache. Verflucht auch, wir sind…«
»Komm!«
Reden hatte keinen Sinn. Wir mussten rein. Einen Schlüssel zu Bills Haus besaß ich nicht. Zur Not musste eben eine Fensterscheibe daran glauben.
Wir befanden uns schon auf dem Weg zur Haustür, als sich die Lage wieder änderte. Hinter unserem Rücken hörten wir die Stimme einer Frau. Sie musste im Schutz der Garage gelauert haben.
»Es hat keinen Sinn, sie retten zu wollen. Beau wird sie bis zum letzten Tropfen ausschlürfen und dann zerhacken!«
Diese Worte troffen voller Freude und widerlicher Boshaftigkeit. Aber ich kannte die Stimme. Es gab nur eine Person, die sich darüber freuen konnte.
Bevor Suko reagierte, hatte ich mich bereits gedreht.
Ja, es war Lena. Die alte Freundin des Beau Leroi. So etwas wie eine Haushälterin. Deren Blut trank er nicht. Sie war ihm ergeben wie eine Sklavin. Sie hatte auch in seinem Haus gelebt. Lena war bereit, für ihn Verbrechen zu begehen.
Rasch kam sie auf uns zu.
»Ist das Lena?«, fragte Suko.
»Wer sonst?« Ich schaute der kleinen Frau entgegen, die bei jedem Schritt von einer Seite zur anderen schwang. Ihr Gesicht hatte sich in eine Fratze verwandelt. Sie grinste scharf. Sie war böse.
Selbst in der Dunkelheit war noch das Funkeln in ihren Augen zu erkennen.
Ich hatte damit gerechnet, dass sie mich einfach überlaufen wollte, doch sie
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