1167 - Die Tochter des Dämons
Bedürfnisse reicht es. Und mit Jane Collins komme ich auch gut zurecht.«
»Ist sie eine Verwandte?«
»Nein. Aber sie steht mir sehr nahe. Sie ist eine gute Freundin. Wir kommen wunderbar miteinander aus. Zudem hat sie einen recht ungewöhnlichen Beruf für eine Frau. Jane arbeitet als Privatdetektivin. Das ist auch für mich spannend, wenn sie von ihren Fällen erzählt.«
»Das glaube ich Ihnen gern«, erwiderte Alina. »Ich habe noch nie eine Frau erlebt, die diesem Beruf nachgeht.«
Sarah lachte. »Sie werden Jane bestimmt kennen lernen. Jetzt kommen Sie erst mal mit durch. Ich werde gleich Tee zubereiten, aber zuvor könnte ich einen Whisky auf den Schreck gebrauchen. Was halten Sie davon, Alina?«
»Aber ich muss fahren«, sagte sie und lachte dabei. Viel Widerstand klang aus ihrer Stimme nicht hervor.
»Einer kann nicht schaden. Der ist dann wie Medizin. Ich habe mich immer daran gehalten und bin mittlerweile so alt geworden. Aber jetzt nehmen Sie erst mal Platz.«
Alina tat es. Eigentlich wollte sie gar nicht länger bleiben, wenn sie ehrlich war. Und sie hätte auch nie zugestimmt, einen Whisky zu trinken, es blieb ihr einfach nichts anderes übrig. Diese Lady hatte sie so in ihren Bann gezogen, dass sie einfach nicht hatte ablehnen können. Und so setzte sie sich in einen der Sessel und legte ihre Arme auf die Lehnen. Das Zimmer war so eingerichtet wie man es bei dieser Frau erwarten konnte. Alte Möbel, aber nicht verschlissen, sondern einfach gut gepflegt und erhalten.
Sarah Goldwyn musste ein Faible für Decken haben. Überall waren sie zu sehen. Alle sahen aus wie selbst hergestellt, gestrickt oder auch gehäkelt. Zumeist dienten die Decken als Unterlagen für Vasen oder Teller. Sogar auf der Fensterbank waren sie vertreten und bildeten einen idealen Rahmen, in dem sich Sarah Goldwyn sichtlich wohl fühlte, denn sie bewegte sich locker, pfiff sogar vor sich hin und hatte das Erlebnis auf dem Friedhof anscheinend längst vergessen. Vielleicht war sie auch nur eine gute Schauspielerin, aber das traute ihr Alina nicht zu.
Zwei Gläser hielt sie in den Händen: Die goldbraune Flüssigkeit schimmerte, als sie von einem Lichtstrahl getroffen wurde. Sarah stellte die Gläser auf den Tisch.
»Sie nehmen doch kein Eis - oder?« Es hörte sich beinahe schon wie eine Drohung an.
»Nein, nein, keinesfalls.«
»Das will ich meinen. Es käme schon einer Vergewaltigung dieses edlen Getränks gleich. Hat mein letzter Mann immer gesagt. Der musste es wissen, denn er war an einer Whiskybrennerei in Schottland beteiligt. Na, dann cheers, und noch einmal herzlichen Dank, dass Sie so nett gewesen sind, mich nach Hause zu fahren. Das hätte nicht jeder Mensch getan. Ich finde es toll.«
»Das war doch selbstverständlich.«
»Ich sehe das anders.«
Sie tranken, und es gehörte zu Sarahs Eigenschaften, dass sie nie billige Getränke kaufte. Nur wenig trinken, doch wenn, dann nur edle Sachen.
Das bekam auch Alina Wade zu schmecken. Sie verdrehte zwar nicht die Augen, doch die Begeisterung konnte sie nicht leugnen. »Ho, das ist ein Stoff«, flüsterte sie. »Der… der… ist einmalig. Habe ich lange nicht mehr zu mir genommen. Ein Wahnsinn, wirklich.« Sie verdrehte die Augen. »Da schmeckt man noch alles durch. Die Gerste, die Natur und…«, sie lachte. »Toll gesagt, nicht?«
»Super.«
»Na ja, ich schaue eben auch mal in die Werbung. Davon abgesehen, das ist wirklich ein feiner Schluck. Dabei sage ich meinen Kindern immer, dass sie die Finger vom Alkohol lassen sollen. Wenn die mich jetzt hier sehen könnten, würden sie vom Glauben abfallen.« Sie zuckte die Achseln und stellte das Glas weg. »Hin und wieder muss man über den eigenen Schatten springen.«
»Da haben Sie Recht«, sagte Sarah und fügte eine Frage hinzu: »Sie leben allein, nicht wahr?«
»Ja. Seit mein Vater nicht mehr ist. Ich habe seine Wohnung übernommen. Er hat sie gekauft und auch bezahlt. Ich komme praktisch ohne Miete zurecht. Das muss auch so sein. Denn sonst hätte ich mir die Wohnung nicht leisten können. Sie ist ziemlich groß, aber ich fühle mich trotz allem wohl.«
»Sie haben sehr an Ihrem Vater gehangen, nicht wahr?«
Alina nickte. »Das können Sie laut sagen.« Sie öffnete den Mund und holte tief Luft. »Leider ist er gestorben, und das noch recht jung. Vor einem halben Jahr.«
»War er krank? Entschuldigen Sie meine Neugierde, aber…«
»Schon gut, Sarah. Nein, er ist nicht krank gewesen. Man hat ihn
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