1175 - Der Zombie-Doc
eilig gehabt hatte, hätte er auch ein Taxi nehmen können.« Shao ließ keine Ausrede gelten.
Ich schaute mir den Mann an. Er gehörte zur jüngeren Generation. Sein Alter lag zwischen 25 und 30. Er hatte dichtes schwarzes Haar, das jetzt allerdings einen leichten Überzug aus pudrigem Staub bekommen hatte. Er trug ein Netzhemd, eine kurze Hose und schmale Schuhe mit flachen Absätzen.
Sein Gesicht war schmutzig und schweißüberzogen. Er atmete flach und heftig, und in seinen offenen Augen sah ich das Gefühl von Angst oder Panik.
Ich fragte mich nach dem Grund. Lag es nur daran, dass er mit mir zusammengekracht war? Meiner Ansicht nach stand er unter einem Schock, und auch als Suko ihn ansprach, da war er nicht in der Lage, eine Antwort zu geben.
»Willst du es mal versuchen, John?«
»Okay, ich…«
Es blieb bei meinem Vorsatz. Plötzlich hörten wir die herausgezischten Worte. Bei jedem Wort hob und senkte sich die Brust des Bikers unter einem starken Atemzug.
»Ich muss zu Carol. Zu Carol Morton. Ich will wissen, ob sie tot ist. Ich sah das Messer und auch das viele Blut. Es war grauenhaft. Carol darf nicht sterben, nein, das darf sie nicht. Auch Wendy ist schon tot. Ich will nicht, dass Carol stirbt. Ich muss zu ihr. Vielleicht kann ich sie noch retten!«
Er hatte sich so sehr in Rage geredet, dass ihn nichts mehr auf der Erde hielt. Er schnellte hoch - und wäre wieder zusammengeknickt, wenn Suko und ich nicht blitzschnell zugegriffen hätten. So verhinderten wir, dass er auf das Gesicht fiel. Keuchend blieb er in unserem Griff hängen und begann zu weinen.
Shao, Suko und ich waren verwirrt. Der Verunglückte hatte laut genug gesprochen, sodass wir jedes Wort hatten verstehen können. Zwei Frauennamen waren gefallen. Carol und Wendy. Er hatte von einem Messer gesprochen und von viel Blut, und ich hatte plötzlich das Gefühl, dass ich den Biergarten so schnell nicht betreten würde, denn hier baute sich ein Problem auf, an dem wir nicht vorbeigehen durften.
»Wer ist Carol?«, fragte Suko. Er musste seine Frage wiederholen, erst dann erhielt er eine Antwort.
»Eine Freundin.«
»Und zu ihr wollten Sie?«
»Ja.«
»Zu einer Toten?«, fragte ich.
Mit einer scharfen Bewegung drehte er mir sein Gesicht zu. »Sie… sie… ich weiß nicht, ob sie tot ist. Ich glaube es aber. Wendy war auch tot. Das habe ich ebenfalls gesehen.«
»Sie waren Zeuge?«
»Nein, nein, im Schlaf. Der Albtraum. Es war fürchterlich. Ich sah, wie Wendy von diesem… diesem Ding zerstückelt wurde, und sie ist ja auch tot gewesen.«
So sehr sich der Mann verständlicherweise auch aufregte, so cool blieben wir. »Und jetzt gehen Sie davon aus, dass auch diese Carol tot ist?«
»Ja, ja, davon gehe ich aus. Es gibt keine andere Möglichkeit. Das ist schon mal passiert. Aber vielleicht kann ich sie noch retten.«
»Wie heißen Sie?«, wollte ich wissen.
»Luke Donovan.«
»Okay, Luke, mal ganz ruhig.« Ich lächelte ihn an, doch damit erreichte ich auch nichts. Die Panik wollte nicht aus seinen Augen weichen. »Sie waren auf dem Weg zu Carol und sind wohl deshalb so schnell gefahren. Aus Angst, dass Sie zu spät kommen würden.«
»Ich hatte geschlafen. Ich war so müde. Hatte Nachtschicht. Plötzlich war da wieder dieser verfluchte Traum.«
»Wohnt Carol hier in der Nähe?«
»Ja. Dahinten in den Häusern. Dicht am Park. Dahin hat sie sich zurückgezogen. Sie wollte immer allein bleiben.«
»Lieben Sie Carol?«
»Kann ich nicht sagen. Ich mag sie. Aber ich muss zu ihr. Ich wäre schon längst da, wenn nicht…«
Ich winkte mit beiden Händen ab. »Sorry, aber es ist nicht nur meine Schuld. Sie hätten sich schon an die Regeln halten können. Auf diesen Wegen kann man nicht rasen. Da muss man immer mit dem plötzlichen Auftauchen anderer Fahrer rechnen. Wir werden Sie zu Carol begleiten.«
»Nein, das muss ich allein…«
»Wir sind Polizisten.«
Er glaubte es uns und wollte die Ausweise erst gar nicht sehen. Suko fragte, ob er laufen könnte, und er nickte, auch wenn es ihm schwer fiel. Shao kümmerte sich um die Wunden des Mannes. Mit einem Taschentuch säuberte sie die Verletzungen so gut wie möglich. Dabei erklärte sie uns, dass sie im Biergarten auf uns warten würde. Das Rad würde sie von der Kreuzung räumen und ins Gebüsch legen.
Erst als das passiert war, setzten wir uns in Bewegung. Luke Donovan humpelte zwischen uns her.
Er musste von uns gestützt werden, um überhaupt gehen zu können.
Er
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