1175 - Zeitbeben
und Prinz Roi sanken vor dem Thron auf die Knie, während der Seneschall und der Truchseß sich flach auf den Boden warfen.
Kalif Virim druckste ein wenig herum, dann sagte er: „Schlimme Sachen habe ich da über euch gehört, meine Kinder. Wahrlich, nie hätte ich euch zugetraut, daß ihr eine Verschwörung gegen mich und das Kalifat unterstützt!"
„Aber das ist nicht wahr, Vater!" begehrte der Prinz auf.
Der Kalif sah ihn traurig an.
„Willst du leugnen, Mitwisser der Verschwörung zu sein, die der verräterische Marschall Taurec mit der Erzfeindin Vishna schmiedete? Leugnest du, zu wissen, daß es der Plan dieser Kanaillen ist, das Kalifat den Mächten des Bösen auszuliefern?"
„Ich weiß nichts von alledem", erklärte Prinz Roi. „Und ich denke, daß es Verleumdungen sind."
„Es ist die traurige Wahrheit", entgegnete der Kalif und wandte sich an Prinzessin Demeter. „Und du, meine Tochter, die ich immer geliebt habe wie mein eigenes Kind, obwohl du mir erst vor zwei Jahren von deiner Mutter Algstogermath anvertraut wurdest, damit du unsere Sitten und Gebräuche kennen lernst und im dritten Jahr mit Prinz Roi vermählt werden solltest, willst auch du mich belügen und mir das Herz brechen?"
Die Augen der Prinzessin füllten sich mit Tränen.
„Aber es ist wahr, daß Prinz Roi und ich nichts von einer Verschwörung wissen", sagte sie mit fester Stimme. „Und ich denke wie er, daß du auf Verleumdungen hereingefallen bist."
„Schweig!" herrschte der Kalif sie zornig an. „Erzkämmerer, was haben unsere Informanten uns vermeldet?"
Der Erzkämmerer zog den fast bis an die Knie herabgerutschten Waffengürtel mit dem schweren Paralysator hoch, dann trat er vor.
„Das Schutzgebiet Tra wurde von den Verschwörern in ein Chaos gestürzt, Ehrwürdiger Kalif", berichtete er. „Sie haben alle Wachtürme lahmgelegt und alle Brücken zu den Hilfselementen abgebrochen. Ihr Sieg konnte nur verhindert werden, indem das Kernland des Kalifats sich gegen äußere Einflüsse abschirmte. Darauf schlichen sich die Verschwörer heimlich ins Kernland, um seine Abschirmung zu sabotieren. Natürlich leugneten sie alles, als sie gefaßt wurden, aber es gibt einen untrüglichen Beweis für ihren Verrat, das ist ihr Mißbrauch des THAN als Werkzeug ihrer Verbrechen."
„Ihr habt es gehört, meine Kinder", sagte Kalif Virim traurig. „Die Beweise sind erdrückend. Da ihr die Vertrauten von Taurec seid, müßt ihr von seinem Bündnis mit der Erzfeindin wissen und auch über die Pläne der Verschwörer informiert sein."
Er hob die Stimme.
„Eigentlich sollte ich die einzig richtige Konsequenz daraus ziehen und euch desintegrieren lassen. Aber ihr seid noch jung und euer Charakter kann sich läutern, wenn ihr den Einflüssen Taurecs und Vishnas entzogen seid.
Aber um Gnade vor Recht walten zu lassen, müßt ihr als Zeichen eurer Reue gegen die Verschwörer aussagen und beschwören, daß Vishna die Erzfeindin und daß Taurec ein Verräter ist. Dann werden nur sie sterben müssen."
Prinz Roi hatte nur mit halbem Ohr zugehört, denn die Erwähnung des THAN durch den Erzkämmerer hatte in ihm die Ahnung geweckt, daß diese ganze Umgebung - der Thronsaal mit den hohen Wänden aus schwarzem Kristall, der Seneschall, der Truchseß und sogar Kalif Virim - nur Staffage waren und daß die Prinzessin und er sich in Wirklichkeit an einem ganz anderen Ort befanden und sich vor einer ganz anderen Macht zu verantworten hatten.
Er suchte in seinen Erinnerungen und wurde noch argwöhnischer, denn er wußte fast nichts über sein bisheriges Leben. Er wußte auch fast nichts über Prinzessin Demeter - außer, daß er sie von ganzem Herzen liebte und daß sie seine Liebe erwiderte.
Ähnlich war es mit Taurec und Vishna. Auch über sie wußte er nicht viel. Aber er wußte, daß sie es ehrlich meinten und er ihnen voll und ganz vertraute - und daß das Mißtrauen des Kalifen ihnen gegenüber unberechtigt war.
„Habt ihr mich gehört, meine Kinder?" unterbrach der Kalif seine Grübeleien. „Seid ihr bereit zu beschwören, daß Vishna die Erzfeindin und Taurec ein Verräter ist?"
„Nein!" antwortete Prinz Roi laut.
„Nein!" rief auch Prinzessin Demeter.
Das Gesicht des Kalifen wurde blaß.
„Bei jenem Ort, an dem nur die Gedanken leben, so mögen eure Moleküle sich voneinander lösen, auf daß sie sich umgruppieren können zu nützlichen Gebilden!"
sprach er schwer und offensichtlich erschüttert, dann schlug er die Hände
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