1175 - Zeitbeben
als er bemerkte, daß ein flüchtiges Lächeln über von Xanthens dunkelbraunes Gesicht huschte.
Der Marsgeborene sah es und fühlte sich zu einer Erklärung genötigt.
„Benjamin Fleuron braucht immer jemanden, der ihm einen Schubs gibt. Aber er ist nicht etwa träge, sondern meist in Gedanken versunken, weil er von der Idee besessen ist, den Durchbruch zur Anwendbarkeit des SYNTRON-Prinzips zu schaffen. Früher hat er mit Geoffry daran gearbeitet. Inzwischen arbeitet er an einer eigenen Symmunikations-Theorie."
„SYNTRON?" sagte Danton nachdenklich. „Das ist der Name für den Computer mit hyperenergetischem Innern, der sich in der Entwicklung befindet, nicht wahr?"
Bradley von Xanthen nickte.
„Dieses Innere wird von einem Inertfeldgenerator sozusagen in eine geschlossene Raumkrümmung gesperrt, in eine Art Miniatur-Universum - und ein symmunikatives System soll die Schnittstelle zwischen diesem Universum und dem Einsteinraum erzeugen. Deshalb ist kein anderer als ein erfahrener Symmunikations-Theoretiker besser dafür geeignet, ein störendes Inertfeld zu überlisten."
Roi Danton gab sich mit dieser Erklärung zufrieden und zwang sich dazu, nicht auf einen Chronographen zu sehen. Von Xanthen war selbst Hyperphysiker. Wenn er sich dennoch nicht an die Aufgabe wagte, die Störung zu beheben und statt dessen einen Symmunikations-Theoretiker hinzuzog, gab es gewichtige Gründe dafür, die auch eine zeitliche Verzögerung rechtfertigten.
Er trat an einen der übrigen Bildschirme im Zentralen Kommunikationssaal des HQ-Hanse und blickte sinnend über den Ausschnitt der Umgebung, der darauf abgebildet wurde.
Noch immer verspürte er eiskaltes Entsetzen, wenn er sich daran erinnerte, welches Bild Terrania geboten hatte, als er und Demeter mit Taurec angekommen waren.
Das Hauptquartier der Hanse hatte sich in den Virenhorst verwandelt, ein gewaltiges schloßähnliches Bauwerk mit zahlreichen Zinnen, Türmen und Erkern, das aus eiskalten kristallinen Strukturen bestand und in düsterrotem Licht „geglüht" hatte. Rings um dieses Alptraumgebilde hatten sich bizarre Bauwerke in den Himmel gereckt, zwischen denen Seen aus entarteter Energie lagen - und alles war von einem dichten grauen Nebel umwoben gewesen.
Das alles war verschwunden. Nachdem die virotronisch vernetzten Menschen aus der Computertrance erwacht waren und die Kontrolle über das Virenimperium übernommen hatten, war die Atomprogrammierung der Erdoberfläche von den „umgedrehten" Meta-Agenten rückgängig gemacht worden. Alles sah wieder aus wie früher - bis auf die Milliarden Minierden, die weiterhin azurblau leuchtend über der gesamten Erde schwebten und bis auf die zahllosen Zeittürme der Ordensmänner, die als farbenprächtig schimmernde Kristallgebilde rings um das HQ-Hanse aufragten.
Am phantastischsten aber war, daß Taurec in einem dramatischen Duell die abtrünnige Kosmokratin besiegt und mental von ihren negativen Charakterzügen erlöst hatte. Aus einer Todfeindin der Menschheit war Vishna zu einer Verbündeten geworden.
Aber genau hier lag der Quell für Rois gemischte Gefühle. Sein Verstand sagte ihm, daß der Sieg über das Böse in Vishna vollkommen war, doch sein Unterbewußtsein hatte die abrupte Kehrtwendung zum Guten immer noch nicht verkraftet.
Er kniff die Augen zusammen, als er am Fuß des Zeitturms, der dem Ordensmann Stein Nachtlicht gehörte, Bewegung vernahm. Taurec und Vishna hielten sich dort auf, um Stein Nachtlicht und Ernst Ellert bei dem komplizierten Prozeß der Koordinierung der Kommunikation zwischen dem Virenimperium, den Hanse-Sprechern auf ihren Minierden und dem Hauptquartier der Hanse zu unterstützen.
„Er ist es", dachte er laut, als er im grellen Licht des Virenimperiums die silbrig und stahlblau schimmernde Kleidung der humanoiden Gestalt sah, die sich von Stein Nachtlichts Turm gelöst hatte und auf das HQH zuflog.
„Taurec", sagte Demeter neben ihm. „Er kommt zu uns."
Dantons Blick umwölkte sich. Wieder einmal erwachte die Furcht in ihm, die Erlösung Vishnas könnte sich wieder umkehren, oder das Virenimperium würde sich aus der Kontrolle der Menschen befreien und nach eigenständiger Macht streben.
„Du solltest nicht pessimistisch sein, nur weil es zu einer Panne gekommen ist", sagte Demeter leise, damit die Kommunikationsspezialisten es nicht hörten. „Es wird alles gut werden."
Rhodans Sohn wandte sich seiner Ehepartnerin zu. Nur die bronzefarbene Haut und das silbrig
Weitere Kostenlose Bücher