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1177 - Der Weg in die Unterwelt

1177 - Der Weg in die Unterwelt

Titel: 1177 - Der Weg in die Unterwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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verlassen? Du hast doch schon von ihr geträumt, und diese Träume sind nicht eben angenehm für dich gewesen.«
    »Ja, das stimmt«, sagte sie.
    »Was meinst du jetzt dazu?«
    »Ich kenne den Weg nicht. Uns hat auch keiner was getan. Wir sind jetzt hier. Wir sollen lange oder sogar immer leben, habe ich gehört. Das Tor steht weit offen.«
    »Ein Tor? Gut.« Ich fragte weiter. »Kannst du mir sagen, welches Tor da genau gemeint ist?«
    »Nein, ehrlich nicht.«
    Ich sprach ihre Mutter an. »Und was ist mit Ihnen, Mrs. Turner? Man hat Sie früher geholt als Ihre Tochter. Wissen Sie vielleicht mehr als Melody?«
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen, Mr. Sinclair. Auch für mich ist alles neu.«
    »Man hat Ihnen nichts getan?«
    »Nein.«
    »Haben Sie die anderen denn gesehen?«
    Sie nickte, und ihr Skelettkopf fiel nicht ab. »Ja, das habe ich. Sogar sehr gut.«
    Ich war über die Antwort erstaunt. »Und aufgefallen ist Ihnen dabei nichts?«
    »Nein.« Jetzt klang ihre Antwort erstaunt. »Was hätte mir denn auffallen sollen?«
    Ich schwieg und atmete schnaufend durch die Nase. Ja, was hätte ihr auch auffallen sollen? Eigentlich alles und zugleich wieder nichts. Es war eine Lage, die mir Probleme bereitete. Wenn sie so sprach, dann waren die Skelette etwas völlig Normales für sie. Oder aber, sie sah sie nicht als Skelette, sondern als völlig normale Menschen. Und irgendwie war sie das auch noch, denn sie benahm sich trotz ihres Aussehens so.
    »Wissen Sie, wer die anderen sind?«
    »Ja und nein. Sie sind schon länger hier. Der Fährmann hat sie alle geholt.«
    »Den kennen Sie?«
    »Es ist der Mann mit der Laterne. Er bringt sie über den See, denn er muss sie sammeln.«
    »Warum?«
    »Man hat ihn verflucht. Damals. Jetzt findet er keine Ruhe. Er holt sich die Menschen. Er bringt sie über den Fluss und bis hierher, wo wir dann warten.«
    »Auf wen?«
    »Auf den Eintritt in die Unterwelt. Wir werden alle in das große Feuer gehen. Noch ist es nicht soweit, aber wir sind die ersten, das habe ich gehört.«
    Die wenigen Worte hatten mich alarmiert. »Das Feuer brennt wo?«
    Sie deutete mit ihrem Knochenarm an mir vorbei. »Irgendwo in der Ferne. Es soll uns reinigen, damit unsere Seelen für immer körperfrei sind. Wir brauchen ihn nicht mehr. Es bleiben nur die Seelen zurück, hat er uns gesagt. Alles andere ist überflüssig. Kein Fleisch, keine Haut, kein Blut und auch kein Wasser. Gereinigt werden wir das große Paradies erreichen.«
    Was Mrs. Turner als Paradies ansah, war die Hölle. Nur würde ich ihr das so schnell nicht begreifbar machen können. Um meine Lippen huschte ein Lächeln. »Wissen Sie, Mrs. Turner, es wäre doch nicht schlecht, wenn Ihre Tochter und Sie wieder mit mir kommen. Wir werden dann gemeinsam versuchen, die normale Welt zu erreichen.«
    »Was soll ich dort?«
    »Leben!«
    »Ich lebe doch hier!«
    »Aber nicht mehr als Mensch!«, widersprach ich.
    »Doch, ich…«
    Jetzt war es an der Zeit, ihr die Wahrheit zu sagen. »Nein, Mrs. Turner, Sie sind kein Mensch mehr. Sie sind ein Skelett, ebenso wie Ihre Tochter.«
    Sie konnte mich nicht erstaunt anschauen, aber sie hätte es sicherlich getan, wenn sie Augen gehabt hätte. Stattdessen warf sie einen Blick auf ihre Tochter, und ich- glaubte nicht, dass sie Melody so sah wie ich.
    »Nein, nein, Sie lügen.«
    Das mochte für Grace Turner stimmen. Sie war noch zu sehr Mensch und sah alles auch mit menschlichen Augen, obwohl die Realität hier eine andere war.
    »Wir müssen jetzt gehen, Mr. Sinclair.«
    »Ach ja? Und wohin?«
    »Der Fährmann wartet auf uns.«
    Das hatte ich mir fast gedacht. »Darf ich mit Ihnen gehen?«
    »Wenn Sie wollen.«
    Grace Turner nahm ihre Tochter bei der Hand und zog sie hoch, als auch sie aufstand.
    Ich fand mich mit den Vorgängen ab, auch wenn ich sie nicht begreifen konnte. Dieses hier war eine besondere Welt, zu der der Begriff Unterwelt meines Erachtens nicht passte. Diese hier war anders.
    Sie hatte es geschafft, die Menschen körperlich zu verwandeln, doch im Innern waren sie die Gleichen geblieben. Nur sahen sie ihre Körperlichkeit nicht so, wie es hätte sein müssen.
    Die beiden brachten mir kein Misstrauen entgegen. Sie warteten sogar auf mich, bis ich an ihrer Seite stand. Jetzt musste ich auch an Bill denken, der leider zu ihnen gehörte. Würde er auch freiwillig in das große Feuer gehen?
    Es war möglicherweise das Höllenfeuer, das sich durch die Sagen und Legenden der Menschheit schlich und von dem

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