1189 - Hexen-Wahrheit
eine andere, leicht klebrige Flüssigkeit.
Jane trat zurück und blies die Luft aus. Sie konnte sich nicht erklären, wie dieses Phänomen zu Stande gekommen war, aber sie nahm es hin und schloss das Fenster wieder.
Jane ging zu ihrem Schreibtisch und schaute sich die Spitze des Zeigefingers genauer an.
Dort klebte noch ein winziger Rest dieser Masse fest. Sie hatte tatsächlich das Gefühl, Klebstoff an der Fingerspitze zu spüren. Aber das war es nicht. Es musste eine Art von Schleim sein, der möglicherweise nicht von dieser Welt stammte. Sie dachte dabei auch an fest gewordenes Ektoplasma.
Er, sie oder es war also da. Wer immer sich dahinter verbarg, es gab dieses Wesen oder Phänomen.
Aber Jane wusste nicht, welchen Grund dieses unbekannte Phänomen hatte, sich mit ihr in Verbindung zu setzen. Es hätte sich unzählige andere Menschen aussuchen können, aber ausgerechnet sie, Jane Collins?
Warum ich?
Es musste etwas mit ihr selbst zu tun haben. Mit ihrer Vergangenheit womöglich und auch mit der Gegenwart, die für sie alles andere als glatt ablief.
War die Zeit gekommen, in der sich wieder ein Teil ihrer Vergangenheit bemerkbar machte? Es war eine schlimme, grauenvolle Episode gewesen, an die Jane nur mit Schaudern dachte. Der Teufel hatte sich sie zur Braut ausgesucht, und ihr normales Herz an sich gerissen. In ihrer Brust schlug ein Kunstherz, das ebenso reagierte wie ein natürliches.
Was tauchte da auf?
Sie ging noch mal die Fenster ab, um nach irgendwelchen Botschaften zu suchen. Es waren keine zu finden. Nur die Malerei der Wassertropfen bedeckte die Außenseiten.
Es hatte keinen Sinn für Jane, sich noch länger unter dem Dach aufzuhalten. Sie schaltete das Licht aus und verließ den Bereich. Mit leisen Schritten ging sie die Stufen der Treppe nach unten. Eine Etage tiefer lag ihre kleine Wohnung. Jane dachte auch daran, was sie Lady Sarah versprochen hatte. Dieses Versprechen wollte sie nicht einhalten. Sarah sollte nicht noch weiter beunruhigt werden.
Erst wenn wirklich Gefahr im Verzug war, würde sie der Horror-Oma Bescheid geben.
Sie betrat ihre kleine Wohnung beinahe so behutsam wie ein Fremder. Inzwischen rechnete sie mit allem, konnte jedoch aufatmen, als sie sah, dass sie sich allein im Wohnzimmer aufhielt. Niemand wartete dort auf sie.
Jane machte sich die Mühe, die Fensterscheiben zu kontrollieren. Auch hier waren die Tropfen in langen Bahnen nach unten gelaufen, aber sie hatten keine geschriebene Botschaft hinterlassen. Das Fenster sah völlig normal aus.
Das Phänomen wollte Jane Collins nicht aus dem Kopf. Im Bad dachte sie darüber nach, als sie sich die Zähne putzte. Ihr Spiegelbild war normal, und es veränderte sich auch nichts, als sie das Nachthemd überstreifte.
Trotz intensiven Nachdenkens hatte Jane Collins noch keine Idee, wer ihr da auf der Spur war. Da schossen zahlreiche Namen durch ihren Kopf, doch konkret fand sie nichts heraus. Alles lief irgendwie in eine falsche Richtung.
Jane legte sich ins Bett. Sie überlegte, ob sie das kleine Licht der Nachttischlampe brennen lassen sollte, verwarf den Gedanken jedoch wieder. Schließlich war sie kein kleines Kind, das sich vor der Dunkelheit fürchtete.
Sie lag auf dem Rücken, ohne Schlaf finden zu können. Immer wieder kreisten die Gedanken um einen Punkt. Wer, zum Teufel, war gekommen, um Kontakt mit ihr aufzunehmen? Ein Geist? Ein weiblicher Dämon? Eine spukhafte Gestalt?
Es gab viele Möglichkeiten, weil Jane Collins bereits so viel erlebt hatte. Nur konkretisieren konnte sie keine. Das war einfach nicht möglich.
Um sie herum schwamm die Dunkelheit. Aber sie lag auch so, dass sie das Zimmerfenster im Blickfeld behalten konnte. Genau darauf kam es ihr an. Das Fenster war wichtig. Es war der Katalysator einer Botschaft, und sie verglich es schon mit einem Spiegel, bei dem etwas Ähnliches hätte passieren können.
Erlebt hatte sie es schon des Öfteren. Aber nie war eine Nachricht auf eine regennasse Scheibe geschrieben worden.
Zeit verstrich. Immer so schnell und so langsam wie sonst. Da hatte sich nichts verändert. Jane gab sich dieser Zeit hin, sie wollte sich treiben lassen, und sie »lauschte« dabei auch in ihr Inneres hinein.
Manche Menschen nannten es Unterbewusstsein. Das war auch bei ihr nicht anders, doch Jane hatte sich dafür eine andere Lösung ausgesucht.
Es war die Reise zurück. In die Vergangenheit und zugleich in ihr Inneres.
Damals - ja, damals da war sie eine Hexe gewesen. Sie
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