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1193 - Das Templerkind

1193 - Das Templerkind

Titel: 1193 - Das Templerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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zu!
    ***
    Es war wirklich ein spannender Augenblick. Irgendwie machte mich diese Geste des Mädchens auch stolz. Sie musste wirklich einen wahnsinnig langen Schritt nach vorn gegangen sein, und dabei war sie über ihren eigenen Schatten gesprungen.
    Ihre Finger berührten meine Hand. Es war wie ein leichtes Streicheln, dann krümmte sie die rechte Hand und griff zu.
    Sie nahm das Kreuz hoch. Geschafft!
    Noch in der gleichen Sekunde riss sie die Hand an ihren Körper und presste die Faust gegen ihre Brust. So blieb sie stehen. Steif und leicht zitternd. Sie kam mir vor wie jemand, der etwas unternommen hatte, dessen Handeln er nicht richtig begreifen oder einordnen konnte.
    Aber sie hatte sich überwunden.
    Ich tat nichts. Sprach sie nicht an. Clarissa sollte sich an das Kreuz gewöhnen können. Dass sie es auch jetzt nicht hasste und wegwarf, musste ich einfach als positiv ansehen. Der Spiegel der menschlichen Gefühle ist oft genug das Gesicht, und darauf konzentrierte ich mich. Es würde mir hoffentlich zeigen, was sie bei dieser Aktion empfand.
    Plötzlich verdrehte sie die Augen. Ich befürchtete, dass sie fallen könnte, aber Clarissa hielt sich auf den Beinen. Sie musste etwas sehen, was ich nicht sah und schaute dabei in die Höhe, als wäre die Decke ein Himmel.
    Ein Zittern durchlief ihre Gestalt. Sie duckte sich, und ich sah über ihrem Kopf die Schatten.
    Schnell, düstern und huschend. Sie drehten ihre Kreise. Sie waren wie zwei lange Fische, die sich in der Luft ebenso bewegen konnten wie im Wasser.
    Für mich hatte der Kampf zwischen Clarissa und ihren Eltern begonnen. »Nein, nein, nein!« schrie sie mit kreischender Stimme los. »Nein, ihr werdet es nicht schaffen. Ihr nicht. Ich will es nicht. Ihr seid keine Engel! John hat es mir gesagt. Ihr… ihr seid böse und nicht gut für uns Menschen…«
    Mich rührte dieser Kampf. Ich hätte ihn gern beendet, aber Clarissa musste da durch. Es war die endgültige Trennung von ihren Eltern, wie ich hoffte. Auch die Totengeister sollten ihr dabei nichts anhaben können.
    Sie quälte sich. Sie heulte auf. Über ihrem Kopf wirbelten noch immer die Schatten. Als Geistkörper sah ich sie nicht an, weil sie keine richtige Form aufwiesen. Sie waren einfach anders und auch keine Engel. Böse Totengeister, die unter dem Einfluss des Dämons mit den Karfunkelaugen standen.
    »Ich gehöre nicht mehr zu euch!«
    Die Worte endeten in einem Röhren. Schlagartig veränderte das Mädchen seine Haltung. Bisher hatte sie das Kreuz gegen ihren Körper gepresst, nun aber löste sie die Hände und streckte sie in die Höhe.
    Mit ihnen auch das Kreuz!
    Es schaute aus ihren Fäusten hervor. Es war wie ein herrliches Signal. Der Sieg des Lichts über die Finsternis. Was einmal im Großen geschehen und damit zu einem weltbewegenden Ereignis geworden war, wiederholte sich hier im Kleinen.
    Mein Kreuz war nicht durch das Sprechen der Formel aktiviert worden. Trotzdem strahlte es auf, und ein Kranz aus Licht jagte in die Höhe. Er breitete sich aus und erwischte die Schatten.
    Über dem Kopf des jungen Mädchens tobte der Kampf. Es gab nichts mehr für die Schemen zu gewinnen, die sich als Clarissas Eltern ausgegeben hatten.
    Das Licht zerriss die dunklen Totengeister. Sie wurden regelrecht zerfetzt. Für winzige Augenblicke hatte ich den Eindruck, in den dort entstehenden Lücken die hässliche Fratze des Baphomet zu sehen. Diesen Dämon mit den langen Hörnern. Es konnte auch sein, dass ich mir das Bild einbildete und auch, wie die geheimnisvolle Fratze ebenfalls in Stücke zerrissen wurde. Dann war es vorbei.
    Es gab kein Licht mehr.
    Es existierten auch keine Schatten. Und die Hände meines Schützlings sanken nach unten. Sie zitterten, obwohl Clarissa das Kreuz noch festhielt. Einen körperlichen Halt konnte ihr mein Talisman nicht geben.
    Ich trat näher und nahm das Kreuz wieder an mich. Es war nicht zu hören, ob sie nur atmete oder auch weinte. Jedenfalls war sie zu schwach, um sich auf den Beinen zu halten. Zum Glück kippte sie nach vorn, und so konnte ich das zitternde Bündel auffangen. Für eine Weile ließ ich Clarissa in Ruhe und strich nur über ihr blondes Haar.
    Dann sagte ich: »Jetzt bist du frei, Clarissa. Du hast es geschafft, die Geister der Vergangenheit zu vertreiben. Es gibt keinen Kontakt mehr zu deinen verstorbenen Eltern und somit auch keinen direkten mehr zu Baphomet.«
    Ich war nicht sicher, ob sie mich auch begriffen hatte. Vielleicht würde sie erst

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