1193 - Das Templerkind
gefährlicher Baphomet-Diener, die stark in den Dunstkreis und damit in die Magie des Dämons mit den Karfunkelaugen hineingeraten waren und nun versuchten, auch ihr Kind dorthin zu bringen.
Das aber musste Clarissa erst gesagt werden. Und sie musste es dann auch glauben. So wie sie sich jetzt verhielt, machte sie mir nicht den Eindruck.
Als sie sich wieder erhob, trat auch ich einen, Schritt näher an die beiden Gräber heran.
»So«, sagte Clarissa und sah im bleichen Licht meiner Lampe glücklich aus. »Dort haben sie ihre Ruhe. Ich habe ihnen das gegeben, was sie verdienten. Sie sind auch für mich nicht tot. Sie sind wieder um mich. Ich spüre sie.«
Ich schüttelte den Kopf, was sie irritierte.
»Was… was meinst du damit, John?«
»Du musst dich von ihnen trennen.«
Sie riss den Mund auf. »Was soll ich?«
»Du musst dich von ihnen trennen. Nimm jetzt schon Abschied. Sie sind nicht gut für dich. Sie wollen dich in eine Lage hineinbringen, in der sie auch schon gesteckt haben. Sie wollen dich zu ihrem Dämon führen, dem sie treu ergeben waren. Ich weiß nicht, warum sie gestorben sind und auch nicht, woran, aber ich weiß, dass sie dem Dämon ein letztes Opfer bringen wollen, und das bist du, Clarissa. Das eigene Kind. Begreife das endlich.«
Sie schaute mich an und hielt die Lippen geschlossen. Ich entnahm der Reaktion, dass sie nichts begriffen hatte und es auch nicht begreifen wollte. »Ja, sie sind tot, aber sie geben mir alles, John. Mehr als du. Ich will auch nicht mehr mit dir gehen. Ich habe mit den Geistern meiner Eltern gesprochen. Sie haben es mir verboten. Ich halte mich daran.« Sie stampfte heftig mit dem rechten Fuß auf. »Und ich will, dass du gehst, John. Sofort!«
Verflixt, das hatte ich fast schon geahnt, dass es Stress geben würde. Blut ist immer dicker als Wein.
Mit Worten würde ich Clarissa so leicht nicht überzeugen können. Um sie auf meine Linie zu bringen, musste es Taten geben.
»Auch wenn ich dir jetzt wehtun muss, Clarissa, seelisch, meine ich, aber es gibt für uns beide keine andere Möglichkeit. Damit solltest du dich abfinden.«
Das wollte oder konnte sie aber nicht. Ich hörte sie jetzt heftig atmen. Ihre Augen bewegten sich, als suchten sie nach bestimmten Dingen und Gegenständen. Möglicherweise auch nach Wesen, die ihr helfen konnten, aber da war nichts zu machen.
Endlich hatte sich Clarissa gefangen und fragte: »Was meinst du denn damit?«
»Es bleibt bei unserer Abmachung. Ich werde dich von hier wegbringen, das ist alles.«
Es war zu sehen, wie sie sich dagegen wehrte. Sie stemmte sich innerlich an. Sie schluckte, sie holte Luft, sie schaute zur Seite, und sie schüttelte den Kopf.
»Nein, nie!«
Ruhig bleiben, sagte ich mir. Nur nicht die Nerven verlieren. Keine Provokation. »Leider muss ich einiges richten, Clarissa. Es hängt auch mit deinen Eltern zusammen. Sie sind tot, aber sie haben damals, als sie noch lebten, einen Weg eingeschlagen, der nicht richtig war und in die falsche…«
»Nein, nein, nein!« Ihr Schreien unterbrach mich. »Du kannst mich nicht gegen meine Eltern aufhetzen, du nicht!« Sie streckte mir den Finger entgegen, um ihre Worte noch zu unterstreichen.
»Das geht nicht, John. Ich lasse mich nicht von meinen Eltern trennen. Es stimmt, sie haben mich allein gelassen. Sie sind gestorben, aber sie leben für mich weiter. Ich habe sie gesehen. Sie sind zu Engeln geworden, die in der Nacht in mein Zimmer kamen. Dort habe ich ihre Nähe gespürt, und jetzt weiß ich, dass ich ebenfalls ihren Weg gehen werde. Sogar ihre Skelette hat man hierher geschafft. Es ist für mich wie ein Wunder. Ich fühle mich wieder beschützt, und ich werde ihnen gehorchen.«
»Was haben sie dir denn gesagt?«
»Alles, John. Alles, was so wunderbar ist. Ich bin ihr Erbe. In mir fließt ihr Blut. So etwas kann ich einfach nicht vergessen, verstehst du das?«
»Natürlich. Kinder denken immer so.«
»Eben.«
Jetzt hob ich die Hand. »Aber es ist falsch, sich darauf zu verlassen. Manchmal können sich auch Eltern irren, meine Liebe. Und wenn der Irrtum dann schwerwiegend ist, kann das Leben zu einer Tortur der Leiden werden. Du bist ein Produkt deiner Eltern, die einen falschen Weg gingen und dich jetzt ebenfalls auf diesen Weg zwingen werden, was ich verhindern möchte. Das ist alles.«
Clarissa schwieg. Ich wusste nicht, ob meine Worte sie beeindruckt hatten und konnte es nur hoffen.
Sie überlegte, sie schaute mich an und schüttelte dann
Weitere Kostenlose Bücher