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1194 - Hundertsonnendämmerung

Titel: 1194 - Hundertsonnendämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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enthoben. Aber das Schlimmste ist, daß sie tun, als gäbe es uns gar nicht. Sie versuchen nicht, uns als Verbündete zu gewinnen, aber sie betrachten uns auch nicht einmal als ihre Feinde. Sie ignorieren uns einfach, und das tut mir weh. Noch schmerzhafter aber ist es, daß wir nichts unternehmen, um diesen untragbaren Zustand zu verändern."
    „Ja, ja", ergriff Tausendkarat das Wort, „als wir noch in Andromeda lebten, wären wir nie in diese fatale Lage gekommen.
    Damals hatten wir eine eigene Kultur, hatten wir nicht unsere Bedürfnisse auf die anderer abgestimmt. Wir hatten unsere eigene Sprache, wir waren damals überhaupt ganz anders. In ein solches Dilemma wären wir nicht gekommen, als wir noch in Andromeda lebten.
    Bevor ich mich hier einfand, war ich beim Riesenrad. Mich trieb nur Neugierde in die Nähe dieses Sperrfeldgenerators ... vielleicht auch eine kleine Hoffnung, Aufmerksamkeit zu erregen. Aber niemand beachtete mich. Auch andere Willys fanden sich ein.
    Manche rasten wie der Blitz vorbei, von Angst getrieben. Andere kreisten gemächlicher, aber in sicherem Abstand um das Riesenrad.
    Ich aber spazierte darauf zu, quer durch die Reihen von Posbis und Anin. Und, was sage ich euch, sie schienen mich nicht einmal wahrzunehmen. Erst als ich mich den eigentlichen Wachtposten näherte, wurde ich bemerkt. Die Anin An fanden es nicht der Mühe wert, mich zum Anhalten aufzufordern. Sie zielten bloß mit ihren Waffen auf mich. Mein Wort, sie hätten mich einfach zerstrahlt.
    Ohne Warnung, einfach so, wie ein streunendes Tier. Mir blieb nichts anderes übrig, als mich einzugraben und zu fliehen."
    Es war traurig, aber wahr, daß noch nie in der langen Geschichte der Hundertsonnenwelt die Willys so oft zu Panikreaktionen verleitet wurden. Unzählige Löcher im Bereich von Soltown und den achtzig Kuppeln des Zentralplasmas zeugten davon, überall war der Boden, ob nun naturbelassen oder künstlich beschichtet, förmlich umgeackert. Auch Swetter hatte seine diamantharten Teleskopfüßchen schon etliche Male zum Rotieren gebracht, um sich in subplanetare Sicherheit zu bringen.
    „Als wir noch in Andromeda lebten", sagte er melancholisch, „da hätten wir uns in so einer Situation etwas einfallen lassen. Wir könnten aber noch immer unsere Furcht überwinden und handeln."
    Niemand äußerte sich dazu. Die Willys zogen ihre Stielaugen ein, jene, die aus sich Pseudoköpfe mit Gesichtern von Menschen oder anderen Milchstraßenbewohnern gebildet hatten, wandten diese ab.
    Sie kaschierten ihre Furcht vor Initiativen mit Desinteresse.
    „Als wir noch in Andromeda lebten, da hatten wir noch eigene Namen", meldete sich Alabaster. „Aber nun gefällt es uns, uns von GAVÖK-Vertretern taufen zu lassen. Ich war in Soltown, das heißt, ich halte mich dort die ganze Zeit über auf, wenn ich nicht gerade hierher komme. Aber ich habe dort keinen einzigen unserer Taufpaten getroffen. Die Stadt ist wie ausgestorben, sieht man von gelegentlichen Posbi-Patrouillen und flankierenden Willys ab. Ich habe alle Privatquartiere und Hotelsuiten abgeklappert, konnte aber keinen einzigen GAVÖK-Vertreter finden. Sie werden alle in subplanetaren Anlagen festgehalten. Und sie werden alle vom Haßplasma und von den davon infizierten Posbis bewacht. Von wem werden wir in Zukunft unsere Namen erhalten? Von den Anin An gewiß nicht. Es soll ja noch weitere Elemente des Dekalogs geben, aber die werden wohl kaum zugänglicher als die Technos sein.
    Wollen wir nicht versuchen, daß man uns wenigstens die Betreuung der Gefangenen überläßt?"
    Ein Tumult entstand, als plötzlich alle Willys durcheinanderredeten und sich in der Aufregung verschiedener Sprachen bedienten.
    „Als wir noch in Andromeda lebten, besaßen wir eine gemeinsame Sprache", rief Swetter über das Stimmengewirr hinweg. „Wollen wir uns doch wenigstens auf Interkosmo einigen."
    Die Willys beruhigten sich allmählich, und die Ordnung stellte sich wieder ein, als einer das Wort ergriff.
    „Als wir noch in Andromeda lebten, da hätte mir niemand den Namen Bammel gegeben", sagte der Willy, der menschliche Gestalt angenommen hatte. „Aber solch einen Bammel habe ich nicht, um die Dinge nicht beim Namen zu nennen. Nicht alle GAVÖK-Vertreter sind Gefangene. Eine Handvoll von ihnen befindet sich in Freiheit und hat den Widerstandskampf aufgenommen. Und einige von uns Willys unterstützen sie dabei."
    Bammels Worten folgte Schweigen.
     
    *
     
    „Als wir noch in Andromeda

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