1194 - Hundertsonnendämmerung
erreichen, bevor ihn die heranmarschierenden Posbis schnappten.
Und er erreichte das gesteckte Ziel. Etwas umfing ihn, hielt ihn fest, sog ihn auf. Zu spät merkte er, daß der Pedotransmitter aktiviert war, ihn in seine Atome auflöste und ihn als xdimensionale Matrize abstrahlte.
*
„Als wir noch in Andromeda lebten", begann Swetter und machte eine Kunstpause, um seine Worte auf die Versammelten wirken zu lassen.
Swetter ließ die beiden Stielaugen in der Runde kreisen, um jeden Willy einzeln zu erfassen. Er blitzte sie an, sandle mit den Augen Signale.
Er zählte sie im Geist, aber bei fünfhundert hörte er damit auf, sie waren ihrer gut an die zweitausend, die sich auf der Lichtung des Andromeda-Waldes drängten. Und beim nächstenmal würden es...
Nein, ein nächstes Mal würde es nicht mehr geben. Nach dieser Zusammenkunft würden sie alle bekehrt sein."
„Herrjeh, schon wieder die alte Leier", raunte Russelwussel seinem Nachbarn zu.
„Nein, nein", widersprach dieser. „Hast du nicht das zornige Funkeln in Swetters Augen gesehen? Das ist ein ganz anderer Swetter als der, den ich in Erinnerung habe."
Swetter setzte erneut zum Sprechen an, und diesmal war seine Stimme ein wutentbranntes Grollen: „Als wir noch in Andromeda lebten, waren wir nicht so furchtsam, daß wir unsere Feinde nicht unseren Haß hätten spüren lassen."
Tatsächlich, das war ein ganz anderer Swetter. So hatte ihn Russelwussel noch nie gesehen, so voll des gerechten Zornes gegen seine duckmäuserischen Artgenossen.
Aber dieses Aufbäumen kam zu spät. Die Hundertsonnenwelt war endgültig verloren. Was Russelwussel von verschiedenen Seiten aufgeschnappt hatte, war es der galaktischen Flotte unter Julian Tifflor wenigstens gelungen, sich in Sicherheit zu bringen. Aber die Posbis standen allesamt unter dem Einfluß des Sakoders.
Nicht mehr lange, und es würde Nachschub an Haßplasma kommen. Der Pedotransmitter war empfangsbereit. Vielleicht entluden sich bereits in diesem Augenblick die genmodifizierten Plasmamassen Tonne um Tonne.
Und die Matten-Willys sahen dem tatenlos zu. Sie trafen sich weiterhin in Andromeda-Wald, um Erinnerungen auszutauschen. Sie würden es bis in alle Ewigkeit tun, während das Universum um sie dem Chaos verfiel.
Selbst hatten sie nicht die Kraft, sich aus der Lethargie zu ziehen, auch wenn Swetter plötzlich große Reden führte und Emotionen zu wecken versuchte, deren Willys gar nicht fähig waren.
Was sollte das Geschwätz von Haß gegen den Feind, dem Auslöschen veralteter Normen, der Errichtung einer neuen Ordnung?
Willys konnten mit Slogans wie „Nieder mit den Feinden!" und „Kampf den zersetzenden Elementen" nichts anfangen. Sie waren friedliche und ängstliche Geschöpfe. Sie waren so unbedeutend, daß ihnen der Dekalog auch weiterhin keine Beachtung schenkte.
Niemand kümmerte sich um sie.
Das ist nicht wahr!
Russelwussel verspürte ein Kribbeln auf seinem Körper und vermeinte, eine telepathische Stimme zu hören.
Du bist nicht mehr allein!
„Wer spricht zu mich?" fragte Russelwussel laut und blickte sich um. Er sah auf dem Körper seines Nachbarn ein unbekanntes Schalentier krabbeln. Jetzt verankerte es seine vielen Beinchen in dem Willy. Dieser bildete plötzlich eine Reihe von Pseudoarmen, ballte Fäuste und schüttelte diese gegen den kunstsonnenbehangenen Himmel.
„Haß dem Feind! Tod den Feinden des Dekalogs!"
„Haß! Haß!"
Russelwussel war entsetzt über die Verwandlung, die mit seinen Artgenossen vor sich ging - aber er war es nicht lange.
Glaubst du wirklich, das Lenkungselement hat euch vergessen' suggerierte die telepathische Stimme. Ich bin das Element des Krieges. Ich bin der Haß, der dir Mut und Kraft gibt. Von jetzt an hast auch du deinen Platz im Dekalog.
„Jetzt sollte mich Stalion Dove begegnen", stieß Russelwussel hervor, und seine Stimme erbebte unter der Welle des Hasses, die ihn durchflutete.
ENDE
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