12 - Im Auge des Tigers
aber dennoch eine wichtige Figur, auf die der derzeitige König meistens hörte.
Und damit kam Jack wieder auf Uda bin Sali. An diesem Morgen hatte es etwas Neues über ihn gegeben. Am Vortag vom SIS, dem britischen Geheimdienst, aufgeschnappt und über die Fuzzis von der CIA an den Campus weitergereicht.
Fuzzis klang eigentlich ein wenig respektlos, fand Jack –
sein eigener Vater war beim Geheimdienst gewesen, und ehe er in der Politik groß rauskam, hatte er sich darin sogar besonders hervorgetan. Er wurde es nie müde, seinen Kindern einzuschärfen, nichts darauf zu geben, wie die Geheimdienste im Film dargestellt wurden. Jack jr. hatte seinem Dad Fragen gestellt, auf die er selten zufrieden stellen-de Antworten bekam, und jetzt erfuhr er am eigenen Leib, wie es in dieser Branche wirklich zuging: die meiste Zeit über äußerst langweilig. Zu sehr wie in der Buchhaltung –
man kam sich vor, als ob man im Jurassic Park nach Mäusen jagte, wobei man allerdings den Vorteil genoss, für die Raubtiere unsichtbar zu sein. Niemand wusste von der Existenz des Campus, und solange es dabei blieb, drohte niemandem dort Gefahr. Das beruhigte ihn, sorgte allerdings wiederum für noch mehr Langeweile. Jack jr. war noch jung genug, Aufregung zu genießen.
Links von der U. S. Route 29 ab und auf den Campus. Auf demselben Platz geparkt wie immer. Ein Lächeln und ein Winken an den Sicherheitsposten und rauf zu seinem Büro.
Erst dann fiel dem Junior auf, dass er glatt am McDonald’s vorbeigefahren war. Also holte er sich auf dem Weg zu seinem Kabuff zwei Plunderteilchen von dem Tablett, das 269
für alle da war, und machte sich eine Tasse Kaffee. Dann fuhr er den Computer hoch und ging an die Arbeit.
»Guten Morgen, Uda«, sagte Jack jr. zu seinem Compu-terbildschirm. »Na, was hast du wieder ausgeheckt?« Die Zeitanzeige im Computer gab 8:25 AM an. Im Londoner Finanzviertel war es also früher Nachmittag. Bin Sali hatte ein Büro im Lloyd’s Building, das, wie Jack von früheren Trips über den großen Teich wusste, aussah wie eine ver-glaste Ölraffinerie. Gute Lage und ein paar schwer reiche Nachbarn. In dem Bericht stand nichts über die Etage, aber Jack war ohnehin nie in dem Gebäude gewesen. Versiche-rungen… Musste der ödeste Job der Welt sein, ständig nur drauf zu warten, dass irgendwo ein Haus abbrannte. Mhm, gestern hatte Uda also ein paar Telefonate getätigt, unter anderem mit… aha! »Den Namen kenne ich irgendwoher«, teilte der junge Ryan seinem Monitor mit. Er starrte auf den Namen eines schwer reichen Typen aus Nahost, von dem bekannt war, dass er sich gelegentlich auf dem falschen Spielplatz rumtrieb, und der auch vom britischen Security Service beobachtet wurde. Und, worüber hatten die beiden gesprochen?
Es gab sogar eine Transkription. Die Unterhaltung war auf Arabisch geführt worden, und die Übersetzung… war ungefähr so aufschlussreich wie die Anweisungen einer Ehefrau, auf dem Heimweg nach der Arbeit noch einen Liter Milch einzukaufen. Und ungefähr so spannend. Bis auf die Kleinigkeit, dass Uda auf eine völlig harmlose Aussage geantwortet hatte: »Sind Sie sicher?« Nicht gerade das, was man zu der Ehefrau gesagt hätte.
»Der Tonfall lässt auf einen Hintersinn schließen«, hatte der britische Analytiker am Ende des Berichts dezent angemerkt.
Am selben Tag hatte Uda sein Büro früher als gewöhnlich verlassen und sich wiederum in einer Kneipe mit dem Typen getroffen, mit dem er zuvor telefoniert hatte. War diese Unterhaltung also gar nicht so bedeutungslos gewesen? Das 270
Gespräch in einer Ecknische der Kneipe hatte nicht belauscht werden können, denn in dem Telefonat war nicht von Ort und Zeit eines Treffens die Rede gewesen. Außerdem besuchte Uda die besagte Kneipe durchaus nicht regelmäßig.
»Morgen, Jack«, grüßte Wills. Er betrat das Büro und hängte sein Jackett auf. »Was gibt’s Neues?«
»Unser Freund Uda ist schlüpfrig wie ein Aal.« Jack klickte auf DRUCKEN und reichte die Blätter seinem Kollegen, noch ehe dieser Zeit hatte, sich zu setzen.
»Ein gewisser Verdacht liegt nahe, wie?«
»Tony, dieser Bursche dreht irgendein krummes Ding«, behauptete Jack mit einiger Überzeugung.
»Was hat er nach dem Telefonat gemacht? Irgendwelche ungewöhnlichen Transaktionen?«
»Hab ich noch nicht überprüft, aber falls ja, hat er von seinem Freund Anweisungen dazu bekommen, und anschließend hat er sich dann mit ihm getroffen, um ihm bei einem Glas John
Weitere Kostenlose Bücher