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12 - Im Auge des Tigers

12 - Im Auge des Tigers

Titel: 12 - Im Auge des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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nach Mord aus.« Okay, das war’s, dachte Brian.
    Wahrscheinlich würden sie ihn jetzt nach Camp Lejeune zurückverfrachten, wo er seine Laufbahn als Marine fort-setzen konnte. Es gab Schlimmeres.
    »Gut, es ist wohl an der Zeit«, gab Alexander nach. »Was, wenn Sie den Befehl bekämen, jemanden zu töten?«
    »Wenn der Befehl legitimiert ist, führe ich ihn aus, aber das Gesetz – das System – räumt mir das Recht ein, darüber nachzudenken, wie legitim ein Befehl ist.«
    »Okay, nehmen wir einen hypothetischen Fall an. Sagen wir, Sie kriegten die Order, einen bekannten Terroristen umzubringen. Wie würden Sie reagieren?«, fragte Pete.
    »Ganz klar – den Typen umlegen«, antwortete Brian, oh-ne zu zögern.
    »Warum?«
    »Terroristen sind Verbrecher, aber es ist nicht immer möglich, sie zu verhaften. Diese Leute führen Krieg gegen mein Land, und wenn ich die Anweisung erhalte, den Krieg zu erwidern, soll’s mir recht sein. Ich hab mir diesen Beruf schließlich ausgesucht, Pete.«
    »Das System erlaubt uns nicht immer, so zu handeln«, warf Dominic ein.
    »Aber das System erlaubt uns, Verbrechern das Handwerk zu legen, und zwar auf der Stelle, sozusagen in flag-rante delicto. Du hast das getan, und ich habe von dir noch kein Wort des Bedauerns gehört, mein Lieber.«
    »Wirst du auch nicht. Wenn der Präsident sagt, bring den und den um, und du trägst Uniform, dann ist er der oberste Befehlshaber, Aldo. Dann hast du laut Gesetz das Recht –
    sogar die verdammte Pflicht –, denjenigen zu töten.«
    »Haben so nicht auch 1946 gewisse Deutsche argumen-tiert?«, fragte Brian.
    »Darüber würde ich mir mal nicht den Kopf zerbrechen.
    Ehe das zum Problem wird, müssten wir erst einen Krieg verlieren. Und diese Gefahr scheint mir in absehbarer Zeit nicht gegeben.«
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    »Wenn das stimmt, was du gerade gesagt hast, Enzo – das hieße ja, wenn die Deutschen den Zweiten Weltkrieg gewonnen hätten, brauchte sich kein Mensch über die sechs Millionen toten Juden Gedanken zu machen. Ist das dein Ernst?«
    »Leute, wir sind hier nicht im Rechtskundeunterricht«, unterbrach Alexander.
    »Enzo ist der Jurist«, merkte Brian an.
    Dominic schnappte nach dem Köder: »Wenn der Präsident das Gesetz bricht, leitet das Repräsentantenhaus ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn ein, und der Senat entscheidet darüber. Danach steht er auf der Straße, und dann kann er strafrechtlich verfolgt werden.«
    »Okay. Aber was ist mit denen, die seine Befehle ausgeführt haben?«, fragte Brian.
    »Das kommt ganz drauf an«, erklärte Pete den beiden.
    »Wenn der scheidende Präsident ihnen Begnadigungen erteilt hat, wofür kann man sie dann noch belangen?«
    Dominic stutzte. »Für gar nichts, schätze ich. Der Präsident hat laut Verfassung die uneingeschränkte Macht zu begnadigen, wie früher die Könige. Theoretisch könnte sich ein Präsident selbst begnadigen. Rechtlich täten sich da natürlich Abgründe auf. Aber die Verfassung ist nun mal das oberste Gesetz im Land, und dagegen gibt es keine Be-rufungsinstanz. Diesen Fragen wurde nie wirklich auf den Grund gegangen, außer als Ford Nixon begnadigt hat. Aber die Verfassung ist darauf ausgerichtet, von vernünftigen Menschen vernünftig angewendet zu werden. Was wohl ihr einziger Schwachpunkt sein dürfte. Juristen sind nun mal Anwälte, die für eine Sache eintreten – was bedeutet, dass sie nicht immer der Vernunft gehorchen.«
    »Theoretisch bedeutet das also, wenn der Präsident Sie begnadigt, können Sie für einen Mord nicht bestraft werden, richtig?«
    »Korrekt.« Dominic runzelte die Stirn. »Worauf wollen Sie hinaus?«
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    »Nur ein Gedankenspiel«, antwortete Alexander mit deutlicher Zurückhaltung. Jedenfalls war damit der Rechtskundeunterricht beendet, und Alexander konnte sich dazu beglückwünschen, den beiden eine Unmenge und zugleich gar nichts verraten zu haben.
    Die Namen der Städte klangen so fremdartig, bemerkte Mustafa im Stillen. Shawnee. Okemah. Weleetka. Pharaoh.
    Das war der merkwürdigste Name. Sie waren doch nicht in Ägypten. Ägypten war eine muslimische Nation, wenn auch eine irregeleitete, deren Politiker die Wichtigkeit des Glaubens verkannten. Aber früher oder später würde sich das ändern. Mustafa räkelte sich auf dem Sitz und griff nach seinen Zigaretten. Der Tank war noch halb voll. Dieser Ford hatte wirklich einen großen Tank – gefüllt mit musli-mischem Öl. Sie waren solch undankbare Bastarde, die Amerikaner. Islamische

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