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Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 1 (German Edition)

Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 1 (German Edition)

Titel: Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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DER DOLCH DES RITTERS
von Prisca Burrows
    Es war wieder einmal an der Zeit, befand Magister Brady Langfried, um Mathlatha, der schönen Stadt der Künste im Südreich von Albalon, seine Aufwartung zu machen. Er brauchte neue Schreibfedern, Tinte, Folianten, Papier und, das Wichtigste von allem, neue Augengläser. Magister Langfried kam in die Jahre, und seine Augen ließen zusehends nach.
    »Pack unsere Sachen, Kobbi, wir gehen auf die Reise!«
    »Ja, Meister«, antwortete der junge Bogin und fragte sich, was genau er packen sollte, da er noch nie verreist war.
    Er war in der beschaulichen kleinen Stadt Tyvert geboren und aufgewachsen und erst vor Kurzem in Magister Brady Langfrieds Dienste getreten. Der hoch angesehene Gelehrte war geduldig mit ihm, denn Kobbi musste viel lernen. Aber er war auch gewitzt und aufmerksam, und so kamen die beiden bald gut miteinander zurecht. Kobbi hatte unter anderem schnell herausgefunden, dass Meister Brady wie so viele Männer der geistigen Wissenschaften häufig zerstreut war, und passte auf, dass er stets korrekt gekleidet war und das Essen nicht vergaß.
    Doch kaum war der junge Bogin davon überzeugt, gut zurechtzukommen, wurde ihm diese neue heikle Aufgabe gestellt. So stand er vor dem Schrank, fuhr sich durch die wollig gelockten, dunkelbraunen Haare, kratzte sich die ausgeprägte Nase und seufzte dann unsicher. Den Meister zu fragen, unterließ er besser, denn der würde ja doch nur seine gesamten Schreibutensilien, seine Bibliothek und am liebsten noch das Schreibpult mitnehmen, dafür aber kein einziges Stück Kleidung.
    Nach einigem Suchen fand Kobbi eine größere schwarze Tasche aus Leder, die so aussah, als könnte man eine Menge hineinpacken. Insgesamt viermal packte er ein und aus, bis er beim fünften Mal das richtige Maß an passender Kleidung für alle Wetterverhältnisse gefunden hatte. An Schuhwerk nahm er nur für seinen Meister blank polierte Schnallenschuhe für die Stadt mit, er selbst würde bei den Stiefeln bleiben. Bogins hatten ziemlich große Füße, es war nicht leicht, dafür das richtige Schuhwerk zu erhalten. Im Haus liefen sie zumeist barfuß umher, denn ihre Sohlen waren von Natur aus kräftig und schwielig und verfügten doch über einen Tastsinn, der fein genug war, um jegliche Unebenheit zu spüren. Bogins legten Wert darauf, die Welt immer so intensiv wie möglich zu fühlen.
    Aber da Kobbi die Stadt niemals verlassen hatte und nicht wusste, was ihn unterwegs erwartete, wollte er nicht das Risiko von Blasen und aufgeriebenen Stellen eingehen. Und in der Öffentlichkeit zeigte man sich auch nicht barfüßig, das gebot der Anstand. Also war es an der Zeit, die Stiefel, die seine Eltern ihm anlässlich des Volljahres geschenkt hatten, einzuweihen.
    »Kennt Ihr den Weg, Meister?«, fragte er seinen Dienstherrn aufgeregt am Abend vor der Abreise. Er war sicher, kein Auge zutun zu können. Schließlich wusste er überhaupt nicht, was sie unterwegs erwarten würde.
    »Aber sicher, ich bin ihn schließlich hundert Mal gegangen«, antwortete Magister Brady gut gelaunt. Er schien sich auf die bevorstehende Reise und die »Einkäufe« zu freuen. »Es ist überhaupt nichts dabei, wir wandern eine gut ausgebaute Straße entlang und kommen schnurstracks nach Mathlatha. Wir können uns überhaupt nicht verirren.«
    »Wir … wir nehmen keinen Karren?«, fragte Kobbi entgeistert. »Aber … aber die Reisetasche … die kann ich nie und nimmer den ganzen Weg tragen!« Offen gestanden vermochte er nicht einmal, sie anzuheben. Doch er konnte unmöglich auf nur ein einziges Utensil darin verzichten, es ging um das Wohl seines gebrechlich werdenden Herrn.
    »Ein wenig Bewegung wird uns gut tun.«
    »Mit Verlaub, Meister, aber ich glaube nicht, dass Eure Füße noch so stark sind wie früher, Euch so viele Meilen zu tragen, und das viele Stunden am Tag, ununterbrochen.«
    »Dann trage ich eben die Tasche, und du trägst mich.« Magister Brady schmunzelte, dann lachte er laut und klopfte dem Halbling auf die Schulter. »Ich habe nur gescherzt, Kobbi, natürlich nehmen wir den Karren. Und ich werde ihn sogar selbst lenken, denn ich weiß ja, wie du zu Pferden stehst.«
    Pferde und Bogins, das passte nicht sonderlich gut zusammen. Im Haus wurden sie nun einmal nicht gebraucht, und selbiges wiederum verließ ein Bogin nur selten. Deshalb gefiel Kobbi der Gedanke auch nicht sonderlich, sich auf einem schaukelnden Karren fortbewegen zu müssen, aber die Tasche schleppen

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