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12 - Im Auge des Tigers

12 - Im Auge des Tigers

Titel: 12 - Im Auge des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Jack.
    »Okay.« Wills rollte mit seinem Drehstuhl heran und de-monstrierte es ihm. »Das hier ist der Hauptindex. Ihr Zu-gangspasswort ist SOUTHWEST 91.«
    Der Junior tippte das Passwort ein, und das Dossier erschien als pdf-Datei.
    Das erste Foto stammte vermutlich aus bin Salis Pass. Es folgten sechs weitere, die ihn in weniger förmlichen Posen zeigten. Jack jr. schaffte es, nicht im Geringsten zu erröten.
    Katholische Erziehung hin oder her – schließlich hatte er schon mehr als einen Playboy zu sehen bekommen. Wills setzte seine Tageslektion fort.
    »Aus der Art, wie ein Typ es mit Frauen treibt, kann man eine Menge Schlüsse ziehen. In Langley haben sie einen Psychologen, der das in allen Einzelheiten analysiert. Wahrscheinlich steht in einem der Anhänge zu dieser Akte was dazu. In Langley nennen sie diese Rubrik die
    ›Schmuddelinformationen‹. Der Psychokomiker heißt Stefan Pizniak, Professor an der Harvard Medical School. Soweit ich mich erinnere, beurteilt er bin Salis Triebe als normal, bezogen aufs Alter und den finanziellen und sozialen Hintergrund. Wie Sie noch feststellen werden, lungert der Junge oft mit Handelsbankern in London rum – wie ein Neuling, der versucht, in die Branche reinzukommen. Es heißt, er sei clever, umgänglich und gut aussehend. Mit Geld geht er behutsam und konservativ um. Trinkt nicht.
    Also in gewissem Grad religiös. Er trägt es nicht dick auf und missioniert auch niemanden, aber die wichtigsten Vorschriften seiner Religion hält er schon ein.«
    »Und warum zählt er zu den bösen Jungs?«, fragte Jack.
    »Er redet viel mit Leuten, die uns bekannt sind. Mit wem er in Saudi Kontakt pflegt, wissen wir nicht – wir haben ihn 175

    zu Hause noch nicht intensiv beobachten lassen. Selbst die Briten haben das nicht getan, dabei verfügen die über weitaus mehr Leute und Ausrüstung vor Ort. Die CIA ist da erheblich weniger gut ausgestattet, und er hat nicht eine solche Bedeutung, dass es sich lohnen würde, ihn näher unter die Lupe zu nehmen – denken die jedenfalls. Es ist eine Schande. Sein Daddy scheint zu den guten Jungs zu gehören. Es wird ihm das Herz brechen, wenn er erfährt, dass sein Sohn sich zu Hause mit den falschen Leuten abgibt.« Nach dieser Ansprache wandte sich Wills wieder seiner eigenen Workstation zu.
    Der Junior studierte das Gesicht auf dem Computerbild-schirm. Seine Mutter besaß einiges Talent darin, Menschen auf den ersten Blick einzuschätzen, doch diese Fähigkeit hatte sie nicht auf ihn übertragen. Jack tat sich schon schwer damit, Frauen zu durchschauen – allerdings tröstete er sich damit, dass es wohl den meisten Männern auf der Welt so ging. Er starrte beharrlich auf das Gesicht des Mannes, der fast 10.000 Kilometer entfernt lebte, eine andere Sprache sprach und einer anderen Religion angehörte. Was mochte im Kopf dieses Mannes vorgehen? Sein Vater, Jack Ryan sen. mochte die Saudis, das wusste er. Prinz Ali bin Sultan, einem Prinzen und hochrangigen Regierungsmitglied, stand er besonders nahe. Jack jr. war dem Prinzen einmal flüchtig begegnet. Er erinnerte sich nur noch an zweierlei: an den Humor des Mannes und an seinen Bart. Zu den Grundüberzeugungen von Jack sen. gehörte, dass alle Menschen im Grunde gleich seien, und diese Überzeugung hatte er an seinen Sohn weitergegeben. Doch das bedeutete zugleich, dass es ebenso wie in Amerika auch überall sonst auf der Welt böse Menschen gab – eine traurige Tatsache, die sein Land erst vor kurzem schmerzlich erfahren musste.
    Leider hatte sich der amtierende Präsident noch nicht recht entscheiden können, wie damit umzugehen war.
    Jack jr. las weiter in dem Dossier. So fing es hier auf dem Campus also an. Er bearbeitete einen Fall – oder jedenfalls 176

    bearbeitete er gewissermaßen eine Art Fall, berichtigte er sich selbst. Uda bin Sah war auf dem Weg dazu, ins internationale Bankgeschäft einzusteigen. Zweifellos schob er Gelder hin und her. Das Geld seines Vaters?, fragte sich Jack.
    Wenn ja, war sein Daddy in der Tat ein schwer reicher Kerl.
    Uda machte mit sämtlichen großen Londoner Banken Geschäfte – und London war noch immer die wichtigste Ban-kenmetropole der Welt. Jack hätte nie gedacht, dass die National Security Agency über die Möglichkeiten verfügte, an solche Informationen heranzukommen.
    Hundert Millionen hier, hundert Millionen dort, und ziemlich bald war von dem die Rede, was man an der Wall Street als »real money« bezeichnet. Sali betrieb

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