12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem
einem deutschen Lied.“
„Oh, Effendi, was weißt du von Deutschland!“
„Das Lied heißt:
‚Was kraucht nur dort im Busch herum?
Ich glaub', es ist – – – ‚“
„Hurrjes, wat is mich denn dat!“ unterbrach er mich mit jubelndem Ton, da ich diese Worte in deutscher Sprache gesprochen hatte. „Sind Sie man vielleicht een Deutscher?“
„Versteht sich!“
„Wirklich? Ein deutscher Effendi? Woher denn, wenn ich fragen darf, Herr Hekim-Baschi?“
„Aus Sachsen.“
„Een Sachse! Da sollte man doch gleich vor Freede 'n Ofen einreißen! Und Sie sind man wohl een Türke jeworden?“
„Nein. Sie sind ein Preuße?“
„Dat versteht sich! Een Preuße aus'n Jüterbock.“
„Wie kommen Sie hierher?“
„Auf der Bahn, per Schiff, per Pferd und Kamel und auch mit die Beene.“
„Was sind Sie ursprünglich?“
„Balbier unjefähr. Es jefiel mich nicht mehr derheeme, und da jing ich in die weite Welt, bald hierhin, bald dorthin, bis endlich hierher.“
„Sie werden mir das alles erzählen müssen. Wem aber dienen Sie jetzt?“
„Es ist een konstantinopolitianischer Kaufmannssohn und heeßt Isla Ben Maflei, hat schauderhaftes Jeld, dat Kerlchen.“
„Was tut er hier?“
„Weeß ich's? Er sucht wat.“
„Was denn?“
„Wird wohl vielleicht 'n Frauenzimmer sein.“
„Ein Frauenzimmer? Das wär' doch sonderbar!“
„Wird aber doch wohl zutreffen.“
„Was sollte es für ein Frauenzimmer sein?“
„Ne Montenegrinerin, 'ne Senitscha oder Senitza, oder wie dat ausjesprochen wird.“
„Wa-a-as? Senitza heißt sie?“
„Ja.“
„Weißt du das gewiß?“
„Versteht sich! Erstens hat er een Bild von ihr; zweetens tut er stets – halt, er klatscht droben, Herr Effendi; ich muß 'nauf!“
Ich setzte mich nicht wieder nieder, sondern es trieb mich in dem Zimmer auf und ab. Zwar mußte mir dieser Barbier aus Jüterbogk, der sich so poetisch Hamsad al Dscherbaja nannte, höchst interessant sein, noch weit mehr aber war meine Teilnahme für seinen Herrn erwacht, der hier am Nil eine Montenegrinerin suchte, welche den Namen Senitza führte. Unglücklicherweise aber kamen einige Fellahs, welche Kopfschmerz oder Leibweh hatten, und denen meine Zauberkörner helfen sollten. Sie saßen nach orientalischer Sitte eine ganze Stunde bei mir, ehe ich nur erfahren konnte, was ihnen fehlte, und als ich sie abgefertigt hatte, blieben sie am Platz, bis es ihnen selbst beliebte, die Audienz abzubrechen.
So wurde es Abend. Der Kapitän kam und stieg nach oben, ließ aber seinen schlürfenden Schritt nach einer halben Stunde wieder vernehmen und trat bei mir ein. Halef servierte den Tabak und den Kaffee und zog sich dann zurück. Kurze Zeit später hörte ich ihn mit dem Jüterbogker Türken zanken.
„Ist dein Leck ausgebessert?“ fragte ich Hassan.
„Noch nicht. Ich konnte für heute nur das Loch verstopfen und das Wasser auspumpen. Allah gibt morgen wieder einen Tag.“
„Und wann fährst du ab?“
„Übermorgen früh.“
„Du würdest mich mitnehmen?“
„Meine Seele würde sich freuen, dich bei mir zu haben.“
„Wenn ich nun noch jemand mitbrächte?“
„Meine Dahabïe hat noch viel Platz. Wer ist es?“
„Kein Mann, sondern ein Weib.“
„Ein Weib? Hast du dir eine Sklavin gekauft, Effendi?“
„Nein. Sie ist das Weib eines anderen.“
„Der auch mitfahren wird?“
„Nein.“
„So hast du sie ihm abgekauft?“
„Nein.“
„Er hat sie dir geschenkt?“
„Nein. Ich werde sie ihm nehmen.“
„Allah kerihm, Gott ist gnädig! Du willst sie ihm nehmen, ohne daß er es weiß?“
„Vielleicht.“
„Mann, weißt du, was das ist?“
„Nun?“
„Eine Tschikarma, eine Entführung!“
„Allerdings.“
„Eine Tschikarma, welche mit dem Tode bestraft wird. Ist dein Geist dunkel und deine Seele finster geworden, daß du in das Verderben gehen willst?“
„Nein. Die ganze Angelegenheit ist noch sehr fraglich. Ich weiß, du bist mein Freund und kannst schweigen. Ich werde dir alles erzählen.“
„Öffne die Pforte deines Herzens, mein Sohn. Ich höre.“
Ich erstattete ihm Bericht über mein heutiges Abenteuer, und er hörte mir mit Aufmerksamkeit zu. Als ich fertig war, erhob er sich.
„Steh auf, mein Sohn, nimm deine Pfeife und folge mir!“
„Wohin?“
„Das sollst du sogleich sehen.“
Ich ahnte, was er beabsichtigte, und folgte ihm. Er führte mich hinauf in die Wohnung des Kaufmannes. Der Diener desselben war nicht anwesend, daher traten
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