12 Stephanie Plum: Kalt erwischt (Twelve Sharp)
hatte und mich an den entscheidenden Stellen fest an ihn drückte. Ich rückte etwas ab und glättete die Knitterfalten, die ich in sein Hemd gemacht hatte, als sich meine Finger darin verkrampften.
»Kann ich dir heute Abend noch irgendwie helfen bei deiner Suche nach Julie?«
»Heute Abend nicht mehr. Aber morgen könntest du ein paar Besorgungen für mich erledigen, wenn du Zeit hast.«
»Natürlich habe ich Zeit. Kommst du sonst gut mit der Sache klar?«
»Es ist nicht das erste Mal, dass ich einen Menschen suche, der mir viel bedeutet. Man lernt, sich am Riemen zu reißen. Und zu verdrängen.«
»Hast du Angst?«
»Ja«, sagte Ranger. »Ich habe Angst um Julie.«
»Hast du eine Unterkunft?«
»Ich habe eine sichere Bleibe in North Trenton. Ich hole dich morgen früh um acht Uhr ab.« Er beugte sich vor, um mir wieder einen Kuss zu geben, aber ich wich abrupt zurück. Noch so ein Kuss wie eben, und Ranger würde hierbleiben...
Dafür würde ich sorgen.
»Findest du mich immer noch süß?«, sagte er mit dem typischen Beinahelächeln, das seine Mundwinkel leicht nach oben zog. Dann ging er.
8
Ich schlug ein Auge auf und schielte zum Wecker. Halb sieben. Morgens! Der Wecker würde erst in einer Stunde klingeln, aber irgendwas hatte mich aus dem Schlaf gerissen. Ich schlug das andere Auge auf und atmete tief durch, sog den Geruch von frischem Kaffee voll in mich hinein. Ich wälzte mich aus dem Bett und schlurfte ins Esszimmer.
Ranger saß am Tisch und arbeitete an meinem Laptop.
»Hä?«, sagte ich.
»In der Küche steht Kaffee.«
»Was machst du denn hier?«
»In meiner Unterkunft ist kein Computer. Und ich wollte nur schnell ein paar Sachen runterladen.«
»Meine Programme sind nicht so gut.«
»Dazu brauche ich keine Programme. Silvio schickt mir Informationen aus Miami.«
»Wie lange bis du schon hier?«
»Eine gute Stunde.« Er stand auf, reckte sich und ging in die Küche. Er holte zwei Tassen, goss Kaffee hinein, etwas Milch dazu, und gab mir eine.
Mein Schlafanzug bestand aus knappen Baumwollshorts und einem Tanktop. Ich sah, dass Ranger das Tanktop gefiel.
»Ich fühle mich gehemmt«, sagte ich zu ihm.
»Kann ich von mir nicht behaupten.«
Nicht möglich! »Geh wieder an deine Arbeit!«, sagte ich. »Ich verziehe mich mit meinem Kaffee unter die Dusche. In einer halben Stunde können wir los.«
Ranger hatte in einer Seitenstraße unweit meiner Wohnung geparkt. Er verließ das Haus durch den Haupteingang und ging zu seinem Auto. Ich nahm den Hinterausgang, stieg in meinen Mini, umrundete drei Häuserblocks, bis ich mir sicher sein konnte, dass mir niemand folgte. Dann stellte ich mich hinter Ranger, stieg aus, schloss den Mini ab und quetschte mich in den grünen Explorer.
»Was jetzt?«, fragte ich.
Ranger reihte sich in den Verkehr ein und fuhr zur Hamilton, Richtung Norden. »Ich möchte, dass du ein bestimmtes Viertel für mich sondierst.«
Ranger ist nicht gerade gesprächig. Er redet nicht viel, und normalerweise leiert er auch kein Gespräch an. Nur wenn er das Gefühl hat, dass echtes Interesse besteht, spricht er über seinen aktuellen Fall. In diesem Fall bestand Interesse, eindeutig.
»Ich würde gerne die ganze Geschichte erfahren«, sagte ich. »Bis jetzt kenne ich nur Bruchstücke.«
»Seit zwei Wochen benutzt jemand eine Kreditkarte, die auf RangeManoso Enterprises ausgestellt ist und auf der mein Name steht. Silvio hat das bei einer Routineüberprüfung entdeckt und die Spur zurückverfolgt. Soweit wir wissen, ist der Kerl vor sechs Monaten zum ersten Mal in Arlington aufgetaucht und hat da ein Büro eröffnet. Ich war drauf und dran, nach Arlington zu fahren und ihn auszuschalten, da mussten wir feststellen, dass der Vogel ausgeflogen war. Urplötzlich fing er an, mit der Karte in Miami zu bezahlen. Wir dachten, er wäre nach Miami gegangen, um sich da was Neues aufzubauen, aber jetzt im Nachhinein denke ich eher, dass er von Anfang an vorhatte, sich Julie zu holen.«
»Du bist also nach Miami geflogen, um den Kerl zu suchen, und bevor du ihn dir schnappen konntest, hatte er Julie entführt.«
»Genau. Und bevor du Tank angerufen und ihm gesagt hast, jemand hätte Carmen den Schädel tranchiert, gab es für uns keinen Grund zu der Annahme, der Kerl könnte sich in New Jersey aufhalten. Wir dachten, entweder hat er sich irgendwo in Florida verkrochen, oder er fährt mit dem Auto durch die Gegend. Für einen Flug hätte er Julie niemals durch die
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