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12 Tante Dimity und der Wilde Westen (Aunt Dimity Goes West)

12 Tante Dimity und der Wilde Westen (Aunt Dimity Goes West)

Titel: 12 Tante Dimity und der Wilde Westen (Aunt Dimity Goes West) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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herrlich«, sagte ich leise.
    Rose nickte zustimmend, aber Toby schien alles andere als erfreut. »Um Himmels willen, Lori«, sagte er gereizt. »Sie brauchen nicht zu flüstern. Es ist nicht so, dass Sie jemanden aufwecken könnten.«
    »Es ist ein geheiligter Ort«, erwiderte ich.
    »Für Würmer vielleicht«, murrte er.
    »Was für ein Kommentar soll das denn sein?«, fragte ich stirnrunzelnd.
    »Ein ehrlicher.« Er zog die Augenbrauen hoch, doch dann sackte sein Kopf herab, und er murmelte zornig: »Hier haben wir letztes Jahr meine Großeltern beerdigt. Sagen wir, es ist nicht mein Lieblingsort.«
    »O Toby«, sagte ich verlegen. »Ich wusste nicht … das tut mir so leid, Toby. Möchten Sie lieber gehen?«
    »Nein, das möchte er nicht.« Rose legte die Hand auf Tobys Schulter. »Versuch, diesen Ort mit den Augen deines Großvaters zu sehen – als Ausdruck der Geschichte. Er hat viel Zeit hier oben verbracht.«
    Toby hob den Kopf. »Wirklich?«
    »Er fand ihn faszinierend. Und das wirst du auch, wenn du ihm eine Chance gibst.« Sie drückte ihm aufmunternd auf die Schulter. »Bleibst du?«
    »Ja.« Toby atmete tief ein und sah uns verlegen an. »Ich bleibe.«
    »Dann kommt mit«, sagte Rose forsch.
    Wir folgten ihr den Mittelgang hinunter, bis wir zu einer Abzweigung zu unserer Rechten kamen. Ich hatte den Eindruck, dass sie eine schnellere Gangart eingeschlagen hätte, hätte ich nicht mein Interesse an Friedhöfen kundgetan. So ging sie langsam genug, damit ich die Inschriften der Grabsteine lesen konnte, die von der Zeit noch nicht ausgelöscht worden waren.
    Es war, als würde man die Immigranten des neunzehnten Jahrhunderts aufrufen: Evgeny Krasikov, Padraig Doherty, Helmut Grauberger, Esteban Fernandez, Miroslav Simzisko, Leslinka Turek, Alexis Laytonikis. Und das waren nur einige der Namen, deren Klang mich an ihre Heimat denken ließ.
    »Hier oben ist es ja wie bei den Vereinten Nationen«, sagte ich beeindruckt.
    »Stimmt«, meinte Rose. »Die Menschen kamen aus aller Welt nach Bluebird, um hier ihr Glück zu suchen. Es gab sogar eine kleine chinesische Gemeinde und eine Handvoll Sikhs aus Nordindien. Man stelle sich vor, welche Reise sie auf sich genommen haben.«
    »In England«, sagte ich, während wir dem Pfad folgten, »liegen die Friedhöfe in der Nähe der Kirchen. Warum liegt der von Bluebird so weit außerhalb?«
    »Zum einen aus wirtschaftlichen Erwägungen«, antwortete Rose. »Zu der Zeit, als der Friedhof errichtet wurde, waren die Grundstücke in der Stadt zu teuer, um sie den Toten zu überlassen, und fast der gesamte Rest des Vulgamore-Tals war von Minen durchzogen. An dieser Stelle hat wohl niemand ein Vorkommen an Mineralien vermutet, der Boden ist relativ weich und eben.« Sie blieb vor einer Reihe von zwölf einfachen Steinplatten stehen, in die allesamt der Name Shuttleworth eingemeißelt war. »Die Leute hatten auch Angst vor Seuchen. Epidemien kamen in den Minenorten nicht selten vor.«
    »Was für Epidemien?«, fragte ich.
    »Ruhr, Cholera, Masern, Malaria, Diphtherie, Pocken …« Rose hielt den Blick auf die Grabsteine gerichtet, während sie die vielen Krankheiten aufzählte. »Eben die Übel, die überall dort auftauchen, wo schlecht ernährte Menschen auf engem Raum und unter miserablen hygienischen Verhältnissen leben müssen. Hier, die gesamte Familie Shuttleworth wurde von der Grippe dahingerafft, vom Säugling bis zur Großmutter. Die Kirche musste das Begräbnis ausrichten.«
    »Die gute alte Zeit«, murmelte Toby düster und sah auf die Gräber der Shuttleworths.
    »Disneyworld war es nicht«, stimmte Rose zu. Sie beugte sich herab und legte die Hand auf den kleinsten Grabstein, bevor sie weiterging. »Das Leben der Minenarbeiter war hart und gefährlich. Wer von Krankheit verschont blieb, starb bei Grubenunglücken, erfror oder ertrank. Manche soffen sich zu Tode, andere begingen Selbstmord. Wieder andere kamen bei Schießereien oder Messerstechereien unter Betrunkenen ums Leben. Einige wurden gehängt.«
    »Das Gesetz des Wilden Westens?«, hakte ich nach.
    »Dieses sogenannte Gesetz fackelte nicht lange«, meinte Rose sarkastisch. »Aber ich weiß nicht, wie oft es auch gerecht war. Aber die meisten Minenarbeiter starben an Silikose.« Sie bemerkte meinen verwunderten Blick und fügte hinzu: »Man nennt es auch Staublunge, es ist eine Form von Schwindsucht, die entsteht, wenn man Quarzstaub einatmet. Atemfilter gab es damals noch nicht.«
    »Du meine Güte.« Ich

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