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12 - Wer die Wahrheit sucht

12 - Wer die Wahrheit sucht

Titel: 12 - Wer die Wahrheit sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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der Nacht das Gleiche, was sie am Tag tun würden.«
    Genau das, dachte Margaret erbittert, war der springende Punkt.
    Aber wenn Adrian wirklich im Freien umhergelaufen war, so war an seinen Füßen keine Spur davon zu entdecken. Sie strich einen somnambulen Anfall von der Liste möglicher psychischer Ausrutscher ihres Sohnes und untersuchte als Nächstes das Bett. Sie bemühte sich gar nicht, behutsam zu sein, als sie die Hände unter die Decke schob und nach feuchten Flecken auf den Laken und der Matratze tastete. Sie war erleichtert, als sie keine fand. Aus dem Wachkoma - so nannte sie sein periodisches Abgleiten in Trancezustände am helllichten Tag - würde man ihn schon herausbringen.
    Früher einmal hatte sie es sanft und zart getan. Er war ihr armer Junge, ihr liebster Liebling, so anders als ihre übrigen strammen, erfolgreichen Söhne, so hochsensibel. Sie hatte ihn mit sanfter Liebkosung seiner Wangen aus dem Dämmerzustand geweckt. Sie hatte ihn mit Kopfmassagen wach gemacht und mit liebevoll gemurmelten Worten zur Erde zurückgeholt.
    Aber das fiel ihr jetzt nicht ein. Billy Fielder hatte die Milch mütterlicher Liebe und Fürsorge gründlich aus ihr herausgequetscht. Hätte Adrian sie nach Le Bouet begleitet, wäre es nie zu dem gekommen, was dort vorgefallen war. Mochte er als Mann noch so ein Versager sein, seine Anwesenheit - als Zeuge, wohlgemerkt - im Haus der Familie Fielder hätte genügt, um Bruder Fielders Angriff auf sie zu verhindern.
    Margaret packte die Decke und riss sie weg. Sie schleuderte sie zu Boden und zerrte das Kissen unter Adrians Kopf heraus. Als er mit den Augen zwinkerte, sagte sie. »Es reicht. Nimm endlich dein Leben in die Hand.«
    Adrians Blick flog zu seiner Mutter, zum Fenster, zurück zu seiner Mutter, zur Bettdecke auf dem Boden. Sie sah, dass er in der Kälte nicht fröstelte. Er rührte sich überhaupt nicht. »Steh auf!«, schrie sie ihn an.
    Das machte ihn vollständig wach. »Habe ich...?«, sagte er mit Blick zum Fenster.
    Margaret sagte: »Was glaubst du wohl? Ja und nein«, mit Blick zum Fenster und zum Bett. »Wir nehmen uns einen Anwalt. Und du kommst mit. Los!«
    Sie ging zum Schrank und holte seinen Morgenrock heraus. Den warf sie ihm hin und schloss das Fenster, während er endlich aus dem Bett stieg.
    Als sie sich herumdrehte, sah sie, dass er sie beobachtete, und an seiner Miene erkannte sie, dass er bei vollem Bewusstsein war und endlich auf ihr Eindringen in sein Zimmer reagierte. Es war als sickerte langsam eine Erinnerung an ihre Untersuchung seines Körpers und seiner Umgebung in sein Bewusstsein. Sie sah das heraufziehende Begreifen, und sie sah, wovon es begleitet wurde. Das würde den Umgang mit ihm nicht einfacher machen, aber Margaret hatte immer gewusst, dass sie ihrem Sohn mit Leichtigkeit gewachsen war. »Hast du geklopft?«, fragte er.
    »Mach dich nicht lächerlich. Was glaubst du denn?«
    »Antworte mir.« »Untersteh dich, mit deiner Mutter in diesem Ton zu sprechen. Ist dir eigentlich klar, was ich heute Morgen über mich ergehen lassen musste? Weißt du, wo ich war? Und weißt du auch, warum?«
    »Ich möchte wissen, ob du geklopft hast.«
    »Du solltest dich mal hören! Wenn du wüsstest, wie du dich anhörst -«
    »Wechsel jetzt nicht das Thema. Es ist mein gutes Recht -«
    »Ja, ja, es ist dein gutes Recht. Und genau deswegen bin ich seit Morgengrauen auf den Beinen. Weil ich mich um deine Rechte gekümmert und versucht habe, mit den Leuten zu reden, die dir deine Rechte gestohlen haben. Und das ist nun der Dank, den ich dafür bekomme.«
    »Ich möchte wissen -«
    »Du benimmst dich wie eine zweijährige Rotznase. Hör auf damit. Ja, ich habe geklopft. Ich habe getrommelt. Gebrüllt. Und wenn du glaubst, ich hätte vorgehabt, wegzugehen und zu warten, bis du geruhst, aus deinen Fantasien zurückzukehren, dann täuschst du dich gewaltig. Ich habe es satt, mich für dich einzusetzen, wenn du selbst keinen Finger rührst. Zieh dich an. Du wirst endlich was unternehmen. Und zwar jetzt. Sonst bin ich fertig mit alldem hier.«
    »Dann sei fertig.«
    Margaret trat kriegerisch auf ihren Sohn zu. Sie war froh, dass er den Wuchs seines Vaters geerbt hatte und nicht ihren. Sie war gut fünf Zentimeter größer als er. Das spielte sie jetzt aus. »Du bist unmöglich. Du machst dich selbst klein. Hast du eine Ahnung, wie unattraktiv das ist? Wie eine Frau sich dabei fühlt?«
    Er ging zur Kommode, auf der eine Packung Benson and Hedges lag. Er

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