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12 - Wer die Wahrheit sucht

12 - Wer die Wahrheit sucht

Titel: 12 - Wer die Wahrheit sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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wo er das Haus der Familie Moullin an einer Biegung in einer der vielen schmalen Straßen fand, die sich zwischen kahlen Hecken und hohen, von Efeu und Seegräsern überwachsenen Erdwällen über die Insel schlängelten. Er wusste nur, dass die Moullins irgendwo in La Corbiere wohnten, aber es war nicht schwierig, sie zu finden. Er hielt vor einem großen gelben Bauernhaus außerhalb des Dorfes und fragte eine Frau, die optimistisch ihre Wäsche in der feuchten Luft aufhängte. Die sagte: »Ach, Sie meinen das Muschelhaus«, und zeigte nach Osten. Nach der Kurve einfach der Straße nach in Richtung zum Meer, erklärte sie ihm. Er könne es nicht verfehlen.
    Das erwies sich als zutreffend.
    St. James blieb einen Moment in der Einfahrt stehen und musterte das Grundstück, auf dem das Haus der Familie Moullin stand, ehe er weiterging. Was für ein Anblick! Ein Trümmerfeld aus Muschelsplittern, Drähten und Beton, wo früher offensichtlich einmal ein fantastischer Garten gewesen war. Einige unversehrt gebliebene Objekte ließen ahnen, wie es dort ausgesehen hatte. Ein aus Muscheln gebildeter Wunschbrunnen stand unter einer mächtigen Edelkastanie, und eine bizarre Chaiselongue aus Muscheln und Beton war mit einem Muschelkissen verziert, in das mit indigoblauen Glassplittern die Wörter Daddy hat gesagt... eingelegt waren. Alles andere war nur noch Schutt. Es sah aus, als hätte rund um das kleine, niedrige Wohnhaus ein Heer mit Vorschlaghämmern bewaffneter Vandalen gehaust.
    Auf der einen Seite des Hauses war eine Scheune, aus deren Innerem Musik herausdrang. Frank Sinatra, der Stimme nach, der irgendeinen Schlager auf Italienisch sang. St. James trat näher. Das Scheunentor war halb offen, der Innenraum war weiß getüncht und von Neonröhren erleuchtet, die in Reihen von der Decke herabhingen.
    Er rief einen Gruß, der unbeantwortet blieb. Als er eintrat, sah er sich in einer Glaserwerkstatt, in der offenbar zwei völlig verschiedene Arten von Waren hergestellt wurden. Die eine Seite des Raums war der Produktion exakt vermessener Glasscheiben für Gewächshäuser und Wintergärten vorbehalten; die andere offenbar der Glaskunst. In diesem Teil des Raums waren nah einem Schmelzofen, der nicht brannte, große Säcke mit Chemikalien gestapelt. Lange Eisenrohre zum Blasen des Glases lehnten an dem Ofen, und die fertigen Stücke, in allen möglichen Farben, waren auf Regalen gruppiert: riesige Schalen, Stilvasen, moderne Skulpturen. Die Objekte hätten alle eher in ein Conran-Restaurant in London gepasst als in diese Scheune in Guernsey. St. James betrachtete sie überrascht. Ihr Zustand - blitzblank und ohne ein Körnchen Staub - stand in auffallendem Gegensatz zu dem des Ofens, der Rohre und der Chemikaliensäcke, die alle mit einer dicken Schmutzschicht bedeckt waren.
    Der Glaser selbst merkte nicht, dass jemand in seiner Werkstatt war. Er arbeitete an einer breiten Werkbank im kommerziellen Bereich der Scheune. Über ihm hingen die Pläne für einen kunstvollen Wintergarten, rundherum Zeichnungen anderer Projekte, die noch schwieriger schienen. Aber als der Mann einen schnellen Schnitt in die klare, durchsichtige Scheibe machte, die vor ihm auf dem Tisch lag, konsultierte er nicht diese Pläne und Zeichnungen, sondern eine schlichte Papierserviette, auf der, wie es aussah, einige Maßangaben hingeworfen waren.
    Das musste Moullin sein, sagte sich St. James, der Vater des Mädchens, das Guy Brouard in seinem Testament bedacht hatte. Er rief den Mann an, lauter diesmal. Moullin sah hoch. Er nahm Wachsstöpsel aus seinen Ohren, was erklärte, warum er St. James nicht gehört hatte, aber nicht erklärte, warum er sich von Sinatra hatte besingen lassen.
    Als Nächstes trat er zu dem CD-Player und machte Frankie Boy, der inzwischen zu Luck Be a Lady Tonight übergegangen war, mundtot. Er griff nach einem großen Handtuch mit wassersprühenden Walen darauf und deckte den CD-Player damit zu. »Ich stell die Musik immer an, damit die Leute wissen, wo ich bin. Aber sie geht mir auf die Nerven, darum Stöpsel ich mir die Ohren zu.«
    »Und warum nicht eine andere Musik?«
    »Für mich ist eine wie die andere. Also, was kann ich für Sie tun?«
    St. James stellte sich vor und überreichte seine Karte. Moullin las und warf sie auf die Werkbank, wo sie neben der Papierserviette mit seinen Berechnungen landete. Sein Gesicht verschloss sich. Natürlich hatte er gesehen, was für einen Beruf St. James hatte, und glaubte mit Recht

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