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12 - Wer die Wahrheit sucht

12 - Wer die Wahrheit sucht

Titel: 12 - Wer die Wahrheit sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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rannte zu ihrem Auto.
    Als sie losfuhr, merkte sie, dass ihr ganzer Körper unter Adrenalin stand, und ihre Reaktion auf den Adrenalinstoß war weiß glühende Wut, die sie in geballter Ladung auf dieses armselige Exemplar der Spezies Mensch richtete, das sie in dem Haus in Le Bouet vorgefunden hatte. Wie konnte er es wagen... Was bildete der Kerl sich ein, wer er war... Was hatte er vorgehabt... Sie hätte ihn umbringen... Aber diese Wut hielt nicht lange an. Sie verflog mit der Erkenntnis, was hätte geschehen können, und damit zog eine andere Wut herauf, die einen angemesseneren Adressaten hatte: ihren Sohn.
    Er hatte sie nicht begleitet. Er hatte sie schon am Vortag die Auseinandersetzung mit Henry Moullin allein führen lassen, und heute hatte er sich wieder entzogen.
    Ich bin fertig mit ihm, dachte Margaret. Ja, bei Gott, sie hatte genug. Sie hatte genug davon, Adrians Leben zu ordnen, ohne dabei die geringste Unterstützung, geschweige denn ein Wort des Dankes zu bekommen. Von dem Tag seiner Geburt an hatte sie seine Schlachten geschlagen, aber jetzt war Schluss damit.
    In Le Reposoir angekommen, knallte sie die Autotür zu und marschierte mit Riesenschritten zum Haus, wo sie die Tür aufstieß und ebenfalls zuknallte. Jedes Krachen ein Ausrufezeichen.
    Sie war fertig mit ihm. Krach. Er konnte sehen, wie er allein zurechtkam. Krach.
    Auf ihren gewaltsamen Umgang mit der schweren Haustür erfolgte keine Reaktion. Das ärgerte sie auf eine Weise, wie sie es nicht für möglich gehalten hätte, und sie stürmte durch die alte steinerne Vorhalle, dass ihre Stiefelabsätze nur so knallten. Sie flog beinahe die Treppe hinauf zu Adrians Zimmer. Das Einzige, was sie davon abhielt, einfach hineinzuplatzen, war die Sorge, man könnte ihr ansehen, was sie sich soeben hatte gefallen lassen müssen, und die Angst, sie würde Adrian bei irgendeiner widerlichen privaten Beschäftigung mit sich selbst ertappen.
    Vielleicht, dachte sie, hatte das Carmel Fitzgerald in die bereitwillig geöffneten Arme getrieben von Adrians Vater. Sie hatte mit dieser oder jener von Adrians ekelhaften Methoden der Selbstberuhigung Bekanntschaft gemacht und war in heller Verwirrung zu Guy gelaufen, um sich Trost und Erklärung zu holen, was beides Guy ihr nur zu gern geliefert hatte.
    Mein Sohn ist etwas merkwürdig, nicht ganz das, was man von einem Mann erwartet, mein Kind.
    O ja, ganz recht, dachte Margaret. Adrians einzige Chance, ein normales Leben zu führen, war ihm entrissen worden. Und durch seine eigene Schuld, was Margaret neuerlich wütend machte. Wann - um Gottes willen, wann - würde sich ihr Sohn endlich in den Mann verwandeln, als den sie ihn sehen wollte?
    Im oberen Korridor hing über einer Mahagonitruhe ein goldgerahmter Spiegel. Vor ihm blieb Margaret stehen, um ihr Aussehen zu überprüfen. Sie senkte den Blick zu ihrem Busen und erwartete beinahe, den Abdruck von Bruder Fielders schmutzigen Fingern auf ihrem gelben Kaschmirpullover zu sehen. Sie spürte noch jetzt die Berührung seiner Hand. Roch noch jetzt seinen Atem. Monstrum. Kretin. Psychopath.
    Sie klopfte zweimal bei Adrian an, nicht leise. Sie rief seinen Namen, drehte den Knauf und trat ins Zimmer. Er war im Bett. Aber er schlief nicht. Sein Blick war starr auf das Fenster gerichtet, dessen Vorhänge zurückgezogen waren und den grauen Tag hereinließen. Es stand weit offen.
    Margarets Magen zog sich zusammen, und aller Zorn verflog. Kein normaler Mensch, dachte sie, würde bei diesen Bedingungen im Bett liegen.
    Sie fröstelte. Rasch trat sie ans Fenster und inspizierte den äußeren Sims und den Boden darunter. Sie wandte sich wieder zum Bett. Die Steppdecke war bis zu Adrians Kinn hochgezogen, die Konturen kennzeichneten die Lage seiner Gliedmaßen. Sie ließ ihren Blick dieser Topografie folgen, bis er seine Füße erreichte. Sie würde nachsehen, sagte sie sich. Sie würde dem Schlimmsten ins Auge sehen.
    Er ließ keinen Protest hören, als sie die Decke über seinen Füßen anhob. Er rührte sich nicht, als sie an seinen Fußsohlen nach Spuren eines nächtlichen Ausflugs suchte. Die aufgezogenen Vorhänge und das offen stehende Fenster ließen vermuten, dass er einen seiner Zustände gehabt hatte. Er war nie zuvor mitten in der Nacht auf ein Fenstersims oder ein Dach geklettert, aber sein Unterbewusstsein wurde nicht immer von der Vernunft gelenkt.
    »Schlafwandler bringen sich im Allgemeinen nicht selbst in Gefahr«, hatte man Margaret erklärt. »Sie tun in

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