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12 - Wer die Wahrheit sucht

12 - Wer die Wahrheit sucht

Titel: 12 - Wer die Wahrheit sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Bei Debütantinnenbällen. Taufen. Bar-Mizwas. Geburtstagspartys. Ich hätte Porträts von eitlen alten Männern und ihren jungen Preiskühen machen können. Was noch?«
    »Touristen im Kreis der Royals aus Pappe?«, meinte er. »Das hätte wahrscheinlich einiges eingebracht, wenn du dich vor dem Buckingham-Palast postiert hättest.«
    »Es ist mir ernst, Simon«, erklärte sie, und an ihrem Ton merkte er, dass Unbekümmertheit von seiner Seite nichts leichter machen und ihr ganz gewiss nicht helfen würde, zu erkennen, dass die enttäuschende Resonanz an diesem einen Abend in Wirklichkeit nicht mehr war als ein vorübergehender Rückschlag.
    Er trat neben sie vor die Wand und betrachtete ihre Bilder. Sie ließ ihn stets aus jeder Reihe, die sie produzierte, die Aufnahmen auswählen, die ihm die liebsten waren, und das, was im Moment an seiner Wand hing, gehörte seiner nicht unbedingt fachkundigen Meinung nach mit zum Besten, was sie je gemacht hatte: sieben Studien in Schwarz-Weiß, bei Tagesanbruch in Bermondsey aufgenommen, wo Händler, bei denen von der Antiquität bis zur Hehlerware alles zu haben war, gerade ihre Stände aufbauten. Ihn sprach die Zeitlosigkeit der Szenen an, der Eindruck eines London, das sich niemals änderte. Ihn faszinierten die Gesichter, wie das Licht der Straßenlampen auf sie fiel und wie die Schatten sie verzerrten. Ihn sprach an, was diese Gesichter ausdrückten: Hoffnung das eine, Durchtriebenheit ein anderes, Argwohn, Verdrossenheit, Geduld die übrigen Mienen. Er dachte, dass seine Frau mit der Kamera mehr als nur talentiert war. Sie besaß eine außergewöhnliche Begabung.
    Er sagte: »Jeder, der sich im Bereich der Kunst einen Namen machen will, fängt ganz unten an. Nenne mir den Fotografen, den du am meisten bewunderst, und es wird garantiert jemand sein, der als kleiner Handlanger angefangen hat, als einer, der einem anderen, der einmal genauso angefangen hat, die Lampen und die Kabel schleppte. Es wäre schön, wenn es beim Erfolg nur darum ginge, gute Fotos zu machen und danach nur noch die Lorbeeren einzuheimsen. Aber so ist es eben nicht.«
    »Mir geht's überhaupt nicht um die Lorbeeren.«
    »Du meinst, du kommst dir vor wie der Hamster im Laufrad? Ein Jahr und wie viele Bilder später?«
    »Zehntausenddreihundertzweiundzwanzig.«
    »Und du bist wieder da, wo du angefangen hast. Richtig?«
    »Keinen Schritt weiter. Ohne die geringste Ahnung, ob das alles hier - dieses Leben - überhaupt meine Zeit wert ist.«
    »Mit anderen Worten, die Erfahrung allein reicht dir nicht. Du sagst, dass Arbeit nur etwas wert ist, wenn sie ein Resultat zeitigt, das du haben wolltest.«
    »Nein, das ist es nicht.«
    »Was dann?« »Ich muss glauben, Simon.«
    »Woran?«
    »Ich kann nicht noch einmal ein Jahr als Freizeitkünstlerin vertun. Ich möchte mehr sein als Simon St. James' kunstbeflissene Ehefrau, die in Jeans und Springerstiefeln rumläuft und aus Jux und Tollerei ihre Kameras kreuz und quer durch London schleppt. Ich möchte etwas zu unserem Leben beisteuern. Und das kann ich nicht, wenn ich nicht glaube.«
    »Solltest du dann nicht erst mal an den Entwicklungsprozess glauben? Wenn du dir jeden Fotografen ansähst, mit dessen Arbeit du dich befasst hast, würdest du dann nicht jemanden sehen, der anfangs -«
    »Das meine ich nicht!« Sie drehte sich mit einer schwungvollen Bewegung zu ihm um. »Keiner braucht mich davon zu überzeugen, dass man ganz unten anfangen und sich langsam hocharbeiten muss. Ich bilde mir nicht ein, dass gleich nach meiner ersten Ausstellung die National Portrait Gallery bei mir anklopft und Proben meiner Arbeit haben will. Ich bin nicht blöd, Simon.«
    »Das unterstelle ich auch nicht. Ich versuche nur, dir klar zu machen, dass der Misserfolg eines einzigen Abends - der übrigens sehr wohl in einen Erfolg umschlagen kann - überhaupt nichts besagt. Er ist lediglich eine Erfahrung, Deborah. Nicht mehr und nicht weniger. Was dir zu schaffen macht, ist deine Interpretation der Erfahrung.«
    »Ach, wir sollen unsere Erfahrungen nicht interpretieren? Wir sollen sie einfach nur machen und sein lassen? Frisch gewagt ist nicht gewonnen? Meinst du es so?«
    »Nein, und das weißt du auch. Jetzt fängst du an, dich aufzuregen, und das bringt uns beiden nichts -«
    »Ich fange an, mich aufzuregen? Ich bin außer mir! Die ganze Zeit schon. Monatelang bin ich durch die Straßen gezogen. Monatelang habe ich in der Dunkelkammer gestanden. Ein Vermögen für Material

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