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12 - Wer die Wahrheit sucht

12 - Wer die Wahrheit sucht

Titel: 12 - Wer die Wahrheit sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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ausgegeben. Ich kann so nicht weitermachen, wenn ich nicht glaube, dass das alles einen Sinn hat.«
    »Und wodurch ist der bestimmt? Verkäufe? Erfolg? Einen Bericht im Sunday Times Magazine?«
    »Nein. Natürlich nicht. Darum geht's überhaupt nicht, und das weißt du genau.« Mit einem erregten: »Ach, was soll das Ganze!«, drängte sie sich an ihm vorbei, bereit, aus dem Zimmer zu stürzen und die Treppe hinaufzulaufen, ohne ihm eine Chance zu geben, besser zu verstehen, was das für Dämonen waren, die sie von Zeit zu Zeit so schrecklich plagten. So war es immer zwischen ihnen: ihre Impulsivität und Leidenschaft gegen seine nüchterne Ruhe. Ihre unterschiedliche Sicht auf die Welt war eines der Elemente, die ihre Beziehung so reich machten. Leider war es auch eines der Elemente, die ihre Beziehung so schwierig machten.
    »Dann sag mir, worum es geht!«, rief er. »Deborah! Sag es mir!«
    An der Tür machte sie Halt. Sie sah aus wie die zürnende Medea mit dem langen Haar, das ihr, vom Regen kraus geworden, auf die Schultern hing, und den im Feuerschein metallisch blitzenden Augen.
    »Ich muss an mich selbst glauben«, sagte sie. Es klang, als halte sie allein schon den Versuch zu sprechen für hoffnungslos, und das machte ihm deutlich, wie unerträglich es für sie war, dass er sie nicht verstanden hatte.
    »Aber du musst doch wissen, dass deine Arbeit gut ist«, sagte er. »Wie kannst du solche Bilder machen« - mit einer Geste zur Wand - »und nicht wissen, dass deine Arbeit gut ist? Ach, was heißt gut? Großartig ist sie.«
    »Weil wissen hier geschieht«, antwortete sie. Ihre Stimme war jetzt gedämpft, und ihr Körper - eben noch starr - entspannte sich, so dass sie in sich zusammenzusinken schien. Bei dem Wort hier berührte sie ihren Kopf und legte die Hand unter ihre linke Brust, als sie sagte: »Aber glauben geschieht hier. Bis jetzt ist es mir nicht gelungen, den Abstand zwischen den beiden zu überbrücken. Und wenn ich das nicht schaffe. Wie soll ich fertig werden, womit ich fertig werden muss, um etwas hervorzubringen, was mich als Person bestätigt?«
    Das ist es also, dachte er. Den Rest sagte sie nicht, und er war ihr dankbar dafür. Die Bestätigung als Frau durch die Geburt eines Kindes war ihr versagt geblieben. Sie war auf der Suche nach etwas, um sich selbst zu definieren.
    Er sagte: »Liebes...« Aber er fand keine weiteren Worte. Doch dieses eine Wort schien sie tiefer zu erschüttern, als sie ertragen konnte. Das Metall in ihren Augen schmolz, und sie hob die Hand, um ihn davon abzuhalten, zu ihr zu kommen und sie zu trösten.
    »Immerzu«, sagte sie, »ganz gleich, was geschieht, flüstert eine Stimme in mir, dass ich mir etwas vormache.«
    »Aber sind nicht alle Künstler mit diesen Selbstzweifeln geschlagen? Wahrscheinlich muss man lernen, sie zu besiegen, um zum Erfolg zu gelangen.«
    »Aber ich habe bis heute kein Mittel gefunden, nicht auf die Stimme zu hören. Du spielst die große Künstlerin, sagt sie. Deine Fotografiererei ist nichts als Getue. Du vergeudest deine Zeit.«
    »Wie kannst du im Ernst glauben, du machst dir was vor, wenn du fähig bist, solche Bilder hervorzubringen?«
    »Du bist mein Mann«, entgegnete sie. »Was kannst du schon anderes sagen?«
    St. James wusste, dass hier Widerspruch sinnlos war. Als ihr Mann wollte er ihr Glück. Sie wussten beide, dass er niemals ein Wort äußern würde, das dieses Glück zerstören könnte. Er fühlte sich geschlagen, und sie sah ihm das vermutlich an, denn sie sagte: »Ist der Augenschein nicht Beweis genug? Du hast es selbst gesehen. Es ist kaum ein Mensch gekommen, um sich meine Bilder anzuschauen.«
    Nun waren sie also wieder da gelandet. »Das lag am Wetter.«
    »Ich spüre, dass es nicht nur am Wetter lag.«
    Es schien fruchtlos, darüber zu debattieren, was sie spürte oder nicht spürte, denn das war ein Thema wie ein Fass ohne Boden. Immer sachlich, sagte St. James: »Was hattest du dir denn erhofft? Was wäre angemessen gewesen für deine erste Ausstellung in London?«
    Sie strich mit den Fingern über den weißen Türpfosten, als wäre dort die Antwort zu ertasten, während sie überlegte. »Ich weiß es nicht«, bekannte sie schließlich. »Ich glaube, ich habe Angst davor, es mir klar zu machen.«
    »Dir was klar zu machen?«
    »Ich sehe ein, dass meine Erwartungen völlig überzogen waren. Ich weiß, dass der Erfolg Zeit braucht, selbst wenn ich die nächste Annie Leibovitz wäre. Aber was ist, wenn meine

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