12 - Wer die Wahrheit sucht
der Art.«
»Er wollte bestimmt nicht wegen eines Verdachts auf Ladendiebstahl zur amerikanischen Botschaft, Simon. Außerdem würde sie so was niemals tun.«
»Wie gut kennst du sie denn?«
»Ich kenne sie gut«, erwiderte Deborah und fühlte sich veranlasst, es gleich noch einmal mit Nachdruck zu wiederholen. »Ich kenne China River wirklich gut.«
»Und ihren Bruder? Cherokee? Was ist das überhaupt für ein Name?«
»Der, den er bei seiner Geburt bekommen hat, nehme ich an.« »Die Eltern stammen wohl aus der Sergeant-Pepper-Generation?«
»Hm. Die Mutter hatte eine radikale Ader. Sie war so eine Art Hippie - nein, warte, sie war Umweltschützerin. Richtig. Das war, bevor ich sie kennen lernte. Sie hat Bäume besetzt.«
Simon warf ihr einen schrägen Blick zu.
»Um zu verhindern, dass sie gefällt werden«, erklärte Deborah. »Und Cherokees Vater - die beiden haben verschiedene Väter, weißt du - gehörte auch zu den Umweltschützern. Hat er nicht..?« Sie überlegte. »Doch, ich glaube, er hat sich an Eisenbahnschienen gekettet... irgendwo in der Wüste.«
»Ebenfalls, um sie zu schützen, nehme ich an? Sie sind ja mittlerweile tatsächlich vom Aussterben bedroht.«
Deborah lächelte. Der Toast schoss in die Höhe. Peach war da wie der Blitz, in der Hoffnung, es werde etwas für ihn abfallen, wenn Deborah die Brote strich.
»Cherokee kenne ich eigentlich gar nicht so gut. Lange nicht so gut wie China. Ich habe ihn fast immer nur bei Familienbesuchen gesehen. Wenn wir zu Weihnachten oder Neujahr oder so zu Chinas Mutter gefahren sind. Sie lebte in - warte mal, die Stadt hatte den Namen einer Farbe...«
»Einer Farbe?«
»Rot, Grün, Gelb. Ach ja, Orange. Sie wohnte in einem Ort namens Orange und hat immer fürchterliches Zeug gekocht - Tofutruthahn, schwarze Bohnen, braunen Reis, Algenpastete, wirklich grauenvoll. Wir haben uns jedes Mal große Mühe gegeben, wenigstens ein bisschen was runterzuwürgen, bevor wir unter irgendeinem Vorwand verschwunden sind, um uns ein Restaurant zu suchen. Cherokee kannte einige höchst dubiose, aber durchweg preiswerte Spelunken.«
»Na, das ist doch schon mal was wert.«
»Wie gesagt, ich kenne ihn eigentlich nur von diesen Besuchen. Insgesamt habe ich ihn höchstens - hm, zehnmal gesehen. Einmal kam er nach Santa Barbara und verbrachte ein paar Nächte auf unserem Sofa. Zwischen ihm und China bestand damals so eine Art HassLiebe. Er ist älter, aber er benahm sich immer wie der Kleine, und das ärgerte sie maßlos. Andererseits tendierte sie dazu, ihn zu bemuttern, und das ärgerte ihn maßlos. Die Mutter der beiden - na ja, wirklich mütterlich war die nicht.«
»Hatte wohl zu viel mit den Bäumen zu tun?«
»Und mit tausend anderen Dingen. Sie war da und doch nicht da. Das verband China und mich. Neben der Fotografie. Und anderen Dingen. Die Mutterlosigkeit.« Deborah bestrich den Toast mit Butter, ohne Peach zu beachten, der hoffnungsvoll seine feuchte Schnauze an ihren Fuß drückte.
Simon drehte das Gas unter dem Suppentopf herunter und sah, an den Herd gelehnt, seine Frau an. »Das waren harte Jahre«, sagte er gedämpft.
»Tja. Hm.« Sie zwinkerte einmal und lächelte schnell. »Aber irgendwie haben wir uns durchgekämpft.«
»Ja, das ist wahr«, bestätigte Simon.
Peach hob mit gespitzten Ohren den Kopf. Alaska, die große graue Katze, die bisher faul auf dem Fensterbrett gelegen und die Regenbäche an der Scheibe beobachtet hatte, richtete sich auf und streckte sich genüsslich. Die scharfen Augen waren auf die Souterraintreppe neben dem altmodischen Küchenbüfett gerichtet, auf dem die Katze häufig ihr Nickerchen zu machen pflegte. Einen Augenblick später knarrte oben die Tür, und der Hund bellte kurz. Alaska sprang vom Fensterbrett und verschwand in der Speisekammer.
Von oben ertönte Cherokees Stimme. »Debs?«
»Wir sind hier unten«, antwortete Deborah. »Wir haben dir eine Suppe und Toast gemacht.«
Cherokee kam in die Küche. Er sah wieder einigermaßen menschlich aus. Zwar war er etwas kleiner als Simon und athletischer gebaut, aber Simons Schlafanzug und Morgenrock passten ihm gut, und er fror auch nicht mehr. Seine Füße allerdings waren nackt.
»Ach, ich hätte an Hausschuhe denken sollen«, sagte Deborah.
»Das geht schon so«, erklärte Cherokee. »Ihr wart klasse. Vielen Dank. Ich meine, so wie ich hier reingeplatzt bin, das war ja nicht gerade eine freudige Überraschung. Es ist total nett von euch, dass ihr mich
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