12 - Wer die Wahrheit sucht
netten Spaß gehalten habe, aber vielleicht hat dein Vater mehr darin gesehen...? Es war zwar nicht seine Art, sich Liebe zu kaufen, das hatte er ja auch nie nötig. Und in ihrem Fall... Darling, was meinst du?«
Margaret hielt die Luft an. Sie wusste, das sie viel zu viel geredet hatte, aber das ließ sich jetzt nicht mehr ändern. Man musste ihm doch andeuten, wie er die Beziehung zwischen seinem Vater und der Frau darstellen sollte, die er hatte heiraten wollen. Jetzt brauchte er nur noch den Faden aufzunehmen und zu sagen: »Ach ja, Dad und Carmel. Das war wirklich komisch. Mit ihr sollten Sie sich unterhalten, wenn Sie wissen wollen, was aus seinem Geld geworden ist.« Aber er sagte nichts Dergleichen.
Stattdessen erklärte er dem Mann aus London: »Carmel kann es nicht sein. Die beiden kannten sich kaum. Mein Vater hatte kein Interesse an ihr. Sie war nicht sein Typ.«
Ohne es zu wollen, rief Margaret: »Aber du hast mir doch erzählt...«
Er sah sie an. »Das glaube ich nicht. Du hast es angenommen. Und warum auch nicht? Es wäre ja völlig normal gewesen, nicht wahr?«
Margaret sah den anderen beiden an, dass sie keine Ahnung hatten, wovon Mutter und Sohn sprachen, aber sie hätten es offensichtlich gern gewusst. Sie selbst war so entgeistert über diese Neuigkeit, die sie gerade von ihrem Sohn gehört hatte, dass sie nicht schnell genug einschätzen konnte, wie viel Schaden es anrichten würde, wenn sie die nunmehr notwendig gewordene Auseinandersetzung mit Adrian vor diesen Leuten führte. Guter Gott. Was für Lügen hatte er ihr noch aufgetischt? Und wenn sie vor diesen Londonern das Wort Lüge in den Mund nahm, was würden die dann daraus machen? Wie würden sie es verdrehen?
Sie sagte: »Ich habe voreilige Schlüsse gezogen. Dein Vater war immer. Nun, du weißt ja, wie er war, wenn Frauen da waren. Ich nahm an... Ich muss das missverstanden haben... Aber du hast doch gesagt, sie hätte es als netten Spaß gesehen, oder nicht? Vielleicht hast du von jemand anderem gesprochen, und ich glaubte nur, du meintest Carmel...?«
Er lächelte boshaft. Offensichtlich genoss er es, wie sie sich abstrampelte, um sich irgendwie von ihren Behauptungen zu distanzieren. Er ließ sie noch einen Moment im Saft ihrer Voreiligkeit schmoren, ehe er eingriff.
»Ich weiß von niemandem in England«, sagte er zu den Londonern, »aber ich weiß, dass mein Vater hier auf der Insel eine Affäre hatte. Ich weiß nicht, mit wem, aber meine Tante weiß es.«
»Sie hat es Ihnen gesagt?«
»Ich hörte eine Diskussion zwischen ihr und meinem Vater. Ich weiß nur, dass es eine sehr junge Frau gewesen sein muss, weil meine Tante drohte, zu ihrem Vater zu gehen. Sie sagte, wenn sie meinen Vater nur auf diese Weise daran hindern könnte, die Geschichte mit dem Mädchen fortzusetzen, würde sie es tun.« Er lächelte ohne Heiterkeit und fügte hinzu: »Ja, mein Vater war schon aus einem besonderen Holz geschnitzt. Es wundert mich nicht, dass ihn jemand umgebracht hat.«
Margaret schloss die Augen, wünschte sich inbrünstig fort aus diesem Zimmer und verwünschte ihren Sohn.
25
St. James und Deborah brauchten Ruth Brouard nicht zu suchen. Sie kam von selbst zu ihnen. Glühend vor Erregung erschien sie im Wohnzimmer und sagte: »Mr. St. James, welch ein Glück. Ich habe gerade bei Ihnen im Hotel angerufen, und da sagte man mir, dass sie auf dem Weg hierher seien.« Sie ignorierte Margaret und Adrian und bat St. James, ihr doch bitte zu folgen, denn nun sei plötzlich alles sonnenklar, und sie wolle ihm zeigen, wieso.
»Soll ich..?«, fragte Deborah mit einer Kopfbewegung nach draußen.
Nein, nein, sie solle auch mitkommen, sagte Ruth, als sie hörte, wer sie war.
Margaret Chamberlain protestierte. »Was soll das alles, Ruth? Wenn es mit Adrians Erbe zu tun hat -«
Aber auch jetzt beachtete Ruth sie nicht, sondern ging sogar so weit, einfach die Tür zu schließen, während sie noch sprach. Zu St. James sagte sie: »Sie müssen Margaret entschuldigen. Sie ist ziemlich...« Sie zuckte vielsagend mit den Schultern und fügte hinzu: »Kommen Sie bitte. Ich bin in Guys Arbeitszimmer.«
Dort angelangt, kam sie ohne Umschweife zur Sache. »Ich weiß jetzt, was er mit dem Geld gemacht hat«, sagte sie. »Hier. Schauen Sie. Sehen Sie sich das an.«
Auf dem Schreibtisch ihres Bruders lag ein ungerahmtes Ölgemälde. Es war etwa sechzig Zentimeter hoch und fünfundvierzig Zentimeter breit, an den Enden war es mit Büchern aus dem Regal
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