1207 - Im Bann des Kraken
wandte sich um und berührte den Ausgang. Er durchquerte ihn und schloß geblendet die Augen vor der goldenen Helligkeit, die über ihn hereinbrach. Drinnen in dem Kugelraum war nichts davon zu sehen gewesen.
Langsam setzte Torkun sich in Bewegung. Er wollte sich sofort an die Ausführung der Befehle machen.
Immer schneller schritt er aus und schwebte eilig empor durch die goldene Falltür. Von Frater Jodevin war nichts mehr zu sehen, und Torkun gab sich damit zufrieden, daß der Chefausbilder vermutlich ebenfalls beim Fratervorsteher gewesen war und andere Aufträge erhalten hatte.
Ein wenig fühlte sich Torkun unwohl. Er fragte sein Inneres und wunderte sich, warum ihn die schnarrende Stimme des Fratervorstehers jedes mal mit leisem Grausen erfüllte, wenn er sie vernahm.
6. Die Flucht
Noch während die Tür des kleinen Gefängnisses hinter ihm in die Verankerung glitt, begannen Chulchs Augen mit der Suche. Der Status-Eins-Bürger hatte auf dem Weg zu seiner Zelle Zeit gehabt, sich auf die veränderte Situation einzustellen. Für ihn gab es nur ein einziges Ziel. Er mußte so schnell wie möglich heraus aus diesem Bau, der ihm mit einemmal unüberwindlicher erschien als die hohe Mauer, die Starsen umgab. Schade, daß er vor fünf Tiefenjahren nicht in ihrer Nähe gewesen war, als sich ein Tor aktiviert hatte und der Stahlherr angekommen war.
Nein, jene Zeit, in der er unter den Fittichen eines Herrn als Treumann gelebt hatte, waren lange her. Aus dem Treumann war der Plünderer Chulch geworden. Erst jetzt, vor kurzer Zeit, hatte er in Atlan einen neuen Herrn gefunden.
Es war seltsam. Atlan verströmte etwas, was Chulch nicht definieren konnte. Es war nicht allein die Zuversicht, es war mehr. Auch der andere, Jen Salik mit Namen, besaß diesen Duft, den Chulch nicht roch, sondern intuitiv empfand. Und er fragte sich, wofür er eigentlich empfänglich war.
Chulch wandte ein wenig den Kopf. Die Triaden, die ihn eingesperrt hatten, hatten ihm seine Satteltaschen gelassen. In ihnen befanden sich allerhand Beutestücke aus der Alten Tiefenschule, aber auch Dinge, die er ab und zu zum Überleben brauchte. Mit ihnen konnte er sich notfalls wehren. Sie boten ihm auch die Möglichkeit, den Versuch eines Ausbruchs zu wagen.
Hinaus aus dem Kraken. Weg vom Zentrum der Fraternität und den Triaden in ihrer Gefährlichkeit.
Lange Zeit waren die Gefühle in Chulch unterdrückt gewesen, die ein Treumann für seinen Herrn empfand. Jetzt waren sie erneut geweckt, und sie ließen den Status-Eins-Bürger in einen Zustand der Erregung verfallen, in dem er sich nur mühsam unter Kontrolle behielt.
Atlan und Salik waren keine Status-Drei-Bürger, wie er sie aus Starsen kannte. Sie kamen aus dem Hochland und waren zum ersten Mal hier. Vielleicht stellte sich bald heraus, daß sie mehr waren als nur Dreier.
Chulch klopfte mit seinen drei Beinpaaren den Fußboden ab und betastete die Wände. Er fand keinen Hohlraum, und nach einer Weile gab er die Suche nach einem geheimen Ausgang auf. Die Fratres hatten so etwas nicht nötig, daß sie Geheimgänge bauten. Mit Hilfe ihrer psionischen Triaden übten sie unumschränkte Macht aus.
Das, war es, was Chulch nicht gefiel. Er schloß für einen Augenblick die Augen, und als er sie wieder öffnete, stellte er sich vor, wie es zu Zeiten der Dunkelheit war. Da schwärmten die Stahlsöldner durch Starsen, aber sie hatte es nicht immer gegeben. Erst seit dem Eintreffen des Stahlherrn machten sie die Schwarzzeit unsicher.
Bürger der Stadt waren bereits vorher verschwunden. Immer, wenn die Schwarzzeit kam und der Regen einsetzte. Es hatte nichts anderes gegeben, so weit die Erinnerung der Bürger zurückreichte.
Oder doch?
Chulch wußte viel zuwenig, Deshalb vertraute er seinen Gefühlen und dem, was er selbst erlebt hatte. Die Auseinandersetzung mit der Triade in der Alten Tiefenschule hatte ihn vorsichtig gemacht. Er war ein Status-Eins-Bürger, und die Fraternität behauptete von sich, schützende Institution aller Status-Eins-Bürger in ihrer rechtlichen Minderwertigkeit zu sein. Wie vertrug sich das mit dem Verhalten der Triade?
Er stampfte wütend auf, weil ihn die Erinnerung an das befiel, was Gradunoch ihm damals mitgeteilt hatte.
Gut, der Status-Zwei-Bürger, der unter so tragischen Umständen ums Leben gekommen war, hatte es nicht beweisen können. Er konnte sich getäuscht haben, aber der Zweifel blieb. Und das helle Licht, in dem Chulch die Fraternität früher immer
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