1216 - Drei Ritter der Tiefe
und hat sich bis heute nicht verändert. Ich muß sogar gestehen, daß sich schon seit einiger Zeit eine rückläufige Entwicklung bemerkbar machte. Viele von jenen, die zuerst mit vollem Engagement hinter meinen Ideen standen, verfolgen immer mehr ihre eigenen Interessen.
Ich habe in der Peripherie alle Statussymbole abgeschafft und den Bewohnern dafür das Recycling gegeben. Dieses Wiederverwertungssystem stammt ebenfalls aus meiner memorierten Ausrüstung, die ich unter dem Tiefenschock nicht abgestoßen habe. Aber das nur nebenbei. Alles, was ich erreicht hatte, konnte nicht über meine Ohnmacht hinwegtäuschen. Nach und nach merkten meine Feinde ebenso wie die Intriganten meine Schwächen.
Meine Stahlsöldner wurden mehr und mehr zum Kinderschreck, die Maskenprojektionen konnten bald nicht mehr beeindrucken, weil keine parapsychischen Kräfte von ihnen ausgingen. Man gewöhnte sich daran und begann sogar, verfälschte Botschaften in sie hineinzuinterpretieren.
Gegen diese Entwicklung war ich machtlos, weil ich mir andere Prioritäten gesetzt hatte. Eine davon war die Besetzung des Transmitters. Das kostete viel Substanz, denn die gegnerischen Kräfte unternahmen immer wieder Attacken, die ich abzuwehren hatte. Dazu gehörte auch, meine Position zu festigen und eine wehrhafte Bastion innerhalb der Starsenmauer zu bilden. Das alles beanspruchte meine Kräfte so sehr, daß ich darauf verzichtete, mich den Starsenern durch weitere telepathische Botschaften nachhaltig in Erinnerung zu ruf en.
Ich wartete auf die von Carfesch versprochene Verstärkung, bereitete alles für den Empfang der zwei Ritter der Tiefe vor, um mit ihnen gemeinsam den Kampf gegen die beiden Grauen Lords zu führen, die die Metropole kontrollierten.
Zentrum meiner Bastion war der Dom Kesdschan, dessen Gegebenheiten ich in allen Einzelheiten simulierte, um mich in ihm wie auf Khrat zu fühlen. Terak Terakdschan machte es möglich!
Der Zugang in den Dom führt über die Starsenmauer. Nur wer bis knapp unter die Tiefenkonstante gelangt, kann den Zugang finden. Das ist eine zusätzliche Sicherheitsmaßnahme. Denn tatsächlich liegt der Dom Kesdschan direkt über dem von mir besetzten Tortransmitter, man kann ihn aber nur über den Umweg der Starsenmauer erreichen.
Der Dom Kesdschan ist mein echtes Handikap, denn seine Aufrechterhaltung verhindert, daß ich wirksamer in die Geschicke von Starsen eingreifen kann. Aber dein Erscheinen, Atlan, hat dieses Opfer gerechtfertigt.
Doch, halt, ich greife vor, es gibt zuvor noch einiges andere zu berichten.
*
Während ich mit meinen Stahlsöldnern in Starsen einen Kleinkrieg gegen Geriokratie und Fraternität führte und versuchte, die Ordnung in den eigenen Reihen aufrechtzuerhalten, unternahm ich auch gelegentliche Vorstöße in eine andere Richtung.
Ich wollte erfahren, wie die Situation jenseits der Starsenmauer war.
Von gelegentlichen Kontakten mit dem Vagenda wußte ich, daß Starsen von Graugebieten fast völlig umschlossen war. Graugebiete sind Landstriche, die dem Tiefeneinfluß unterliegen und in denen alles Leben zu Antileben geworden ist. Volkstümlich ausgedrückt, kann man sagen, daß der Tiefeneinfluß alle positiven Werte ins Negative umkehrt. Andererseits sind negative Intentionen fester Bestandteil des Graulebens und erfahren keine Umkehrung.
Ich wollte dieses Grauleben kennen lernen und vor allem herausfinden, in welcher Stärke es rings um Starsen vertreten ist. Immerhin isolierte es Starsen schon seit vielen Tausenden von Jahren vom übrigen Tiefenland und verhinderte, daß das Vagenda Vitalenergie in die Metropole leitete. Die Belagerung war perfekt, und das über einen unglaublich langen Zeitraum.
Ich wagte einen Vorstoß auf die andere Seite der Starsenmauer. Zu diesem Zweck erschuf ich aus meiner Erinnerung ein Robot-Gefährt, das ich kraft meines Geistes steuern konnte und mit dem ich permanent in Verbindung stand. Und da ich gelernt hatte, die Formenergie der Starsenmauer zumindest in meinem Bereich zu handhaben, war es mir möglich, für den Robot eine Passage zu schaffen.
Das war um so leichter, als die Starsenmauer nur auf der der Metropole zugewandten Seite eine stahlähnliche Konsistenz hat, und das auch nur in einer Dicke von zwei bis dreihundert Metern. Sie wird zur Außenseite hin immer instabiler, verflüssigt sich geradezu immer mehr und wird stellenweise gasförmig. Die Außenseite des Schutzwalls ist eine Nebelwand, die nahtlos mit dem Grau des
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