1224 - Das Herz der Hexe
Kopf zusammen wie ein Glutofen, der auch nach außen hin abstrahlte. In ihren Augen »brannte« es ebenfalls. Dort glich der Wille einem Feuer, das alles verzehren wollte, und sie spürte den Strom der Kraft, der auf sie wie ein Motor wirkte.
Amy umfasste mit beiden Händen die Lehnen des Stuhls und erhob sich mit einer gleitenden Bewegung. Sogar recht schnell, nicht wie eine Rekonvaleszentin, die noch unter den Nachwirkungen einer schweren Operation zu leiden hatte.
Sie blieb vor ihrem Stuhl stehen. Nicht der geringste Schwindel hielt sie umklammert. Locker schaute sie von der ersten Etage hinab in den Park, in dem die Schatten jetzt etwas länger geworden waren und sich mehr Wassersprenger drehten.
Sie gierte danach, einen Menschen zu töten. Ihn zur Hölle zu schicken, damit der Teufel seine Freude hatte.
Scharf saugte sie die Luft ein und trat dicht an die Brüstung heran. Sie legte ihre Hände darauf, und der Blick glitt wieder nach unten. Sie sah zwei Angestellte über den schmalen Weg gehen. Ältere Frauen, die in der Klinik putzten.
Auch ihnen hätten sie am liebsten ein Messer in den Rücken gestoßen, doch sie riss sich zusammen. Nur kein Aufsehen erregen. Nur keinen Verdacht auf sich lenken. Die Leute einfach im Unklaren lassen und ihnen etwas vorspielen.
Sie war perfekt. Sie war die Beste. Sie war fast wieder wie früher, nur mit eben dieser leichten Veränderung, denn das Böse machte ihr nichts mehr aus. Sie beschäftigte sich damit wie früher mit den komplizierten Berechnungen über Wirtschaftssysteme. Sie war einfach anders geworden und akzeptierte die Hölle.
Opfer bringen. Menschen töten. Spaß daran finden, so sah jetzt ihr neues Leben aus oder würde es aussehen. Noch musste ein Anfang gemacht werden, aber sie war überzeugt, dass sie auch diesen finden würde. So sah ihr Schicksal aus. Er traf sie nicht mal schlimm, wenn sie so dachte. Die Dinge mussten unter Verschluss gehalten werden, bis sie schließlich eskalierten und das erste Blut floss.
Amy Madson drehte sich um. Sie wollte zurück ins Zimmer gehen. Zuvor lauschte sie noch auf den Schlag des neuen Herzens, und sie nahm ihn überdeutlich wahr.
Das Herz schlug immer mehr wie eine große Pumpe, und jeder Schlag trieb einen neuen finsteren Gedanken in ihr hoch.
Alles drehte sich bei ihr um Mord und Tod. Sie liebte die Toten. Sie mochte es, wenn sie persönlich sie umbrachte. Die Botschaft war da, und sie würde ihr nicht entkommen können und auch nicht wollen.
Das Zimmer war geräumig und mit hellen Möbeln eingerichtet. Man wollte die Menschen nicht in einer düsteren Atmosphäre sitzen lassen. Wer hier eingeliefert wurde, der sollte sich wohl fühlen und nicht vor sich hingrübeln. Bilder mit freundlichen Motiven schmückten die Wände. Malereien aus der Natur. Blühende Wiesen, getupft mit Sommerblumen, und ein stets blauer Himmel.
Ich will Blut sehen! Ich will Blut sehen…!
Wieder erwischten sie die Gedanken, die mittlerweile schon zu Vorsätzen geworden waren. Hammerschläge aus dem Unsichtbaren, denen sie nicht entwischen konnte.
Amy lächelte. Es war ein kaltes, böses Lächeln. Sie ging zu dem Regal, in dem einige Bücher standen. Mathematische Werke, die sie hatte kommen lassen. Sie war schon lange raus aus dem Geschäft und wollte ihren Geist wieder trainieren.
Als sie nach einem Buch griff, dessen Inhalt sich der philosophischen Betrachtung der Mathematik beschäftigte, hörte sie von draußen her ein bestimmtes Geräusch.
Auch das hatte sich bei ihr verändert. Nicht, dass sie das Geräusch der Schritte hörte, das war nicht das Problem. Sie dachte daran, dass sie es vernahm, obwohl die Person noch nicht die Nähe der Tür erreicht hatte und ziemlich weit davon entfernt war. Das Gehör war geschärft worden, wie alle ihre Sinne, und deshalb fühlte sich Amy manchmal wie auf dem Sprung.
Und sie hatte herausgefunden, dass es nicht Mayri war, die sich ihrer Zimmertür näherte. Ein anderer wollte zu ihr. Amy erkannte es an den Schritten, und sie wusste zugleich, um wen es sich handelte. Das war kein anderer als der junge Robin, der so etwas wie eine Ausbildung in der Klinik durchzog und erst mal Mädchen für alles war.
Warum kam Mayri nicht, verdammt? Sie hatte es doch versprochen. Mit Robin konnte sie nicht viel anfangen. Okay, sie hätte ihn auch getötet, aber Mayri gefiel ihr besser.
»Verdammt auch«, flüsterte sie und stellte das Buch wieder zurück in das Regal.
In diesem Augenblick hatte Robin die
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