Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1224 - Rückkehr in den Frostrubin

Titel: 1224 - Rückkehr in den Frostrubin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
telefaxen."
    „Ich nehme grundsätzlich keine Beschwerden entgegen", erklärte Meysenhart.
    „Beschwerden machen mich krank."
    „Und mich macht es krank, auf eine vernünftige Frage keine vernünftige Antwort zu bekommen." Zanc schwieg einen Moment; „Wo steckt eigentlich unser genialer Medieninterpret Wonnejunge? Er war schon seit Stunden nicht mehr im Bild."
    Meysenhart blickte sich um und. versuchte, den Dunst zu durchdringen. Mit einem Knurrlaut griff er an die Gürtelkontrollen und aktivierte den Helmmonitor. Die Innenseite der Helmscheibe verwandelte sich in einen Bildschirm. Der Dunst zerriß. Gestochen scharf lag die giftige, lebensfeindliche Oberfläche des Saturnmondes vor ihm: Gelbbrauner Sumpf mit schwarzen Schlieren und grauweißen Maserungen, die brodelnden Teerseen und in der Ferne, am zerklüfteten Horizont, die Festung.
    Die Stahlfestung.
    „Grandios", sagte Zanc. „Aber... verdammt, wo bleibt der Kommentar? Wonnejunge!"
    Meysenhart seufzte, Wahrscheinlich war er in einer der Kohlenwasserstoffpfützen ertrunken.
    „So wartet doch", erklang im nächsten Moment Wonnejunges jammernde Stimme. „Ich bin nicht so schnell, ich bin doch nicht so flink."
    „Der Kommentar, Wonnejunge", sagte Zanc. „Die Sternenpest soll dich holen, wenn ich nicht sofort ein paar dramatische Worte von dir höre!"
    Aus dem Teerregen schälte sich Wonnejunges Fladengestalt. Sein Raumanzug war durchsichtig und gestattete den Blick auf weißes Protoplasma, ein Dutzend Stielaugen und ebensoviel Pseudopodien und Stummelbeine. Der Matten-Willy gestikulierte und stürzte in einen teergefüllten Spalt.
    Ein schriller Entsetzensschrei drang aus Meysenharts Minikom.
    Krohn Meysenhart seufzte.
    Es war ein Fehler, diesen verrückten Matten-Willy mitzunehmen, dachte er. Wonnejunge ist nicht für eine Welt wie Titan geschaffen. In der Tiefkühltruhe der Mondatmosphäre ist sein letzter Rest Verstand erfroren, und alles, was bleibt, ist der instinktive Reflex, sich für diese Schmach zu rächen. Und da Felsen, Sumpf und Gas gegen Rache immun sind, werde ich zur Zielscheibe seiner Rachegelüste. Es ist schrecklich, dachte Meysenhart.
    Wonnejunge tauchte wieder auf, paddelte mit seinen Pseudopodien und erreichte halbwegs festen Grund. Der zähe Teer tropfte in dunklen Tränen von seinem Raumanzug.
    „In Ordnung", krähte der Matten-Willy. „Ich bin bereit."
    „Tatsächlich?" sagte Zanc. Der Unither gab ein Trompetenräuspern von sich. „Schön, Krohn? Noch einmal von vorn, bitte!"
    Meysenhart zuckte resigniert die Schultern, hantierte an den Gürtelkontrollen, verringerte das Auflösungsvermögen des Kamerarings, bis die Stahlfestung im Dunst verschwand, und ließ sie dann langsam wieder aus den Methanschwaden erscheinen.
    „Die Stahlfestung", intonierte Wonnejunge mit plötzlich veränderter Stimme. Es war ein vibrierender Baß, dunkel und unheilverkündend Wie die Mondnacht. „Das gigantische, düstere Grab des Überschweren, der einst das mächtigste Wesen der Galaxis Milchstraße war. In einem Block aus purem PEW-Metall liegt dort sein Bewußtsein begraben und belauert augenlos und zornerfüllt die Welt der Lebenden, die für ihn unerreichbar ist..."
    „Ausgezeichnet", lobte Tardus Zanc aus dem Orbit. „Ich schätze, das genügt. Und jetzt zur Festung. Wir brauchen ein paar Nahaufnahmen, bevor ihr Leticrons Grabkammer betretet."
    „Ihr könnt sagen, was ihr wollt, aber mir gefällt diese Sache nicht", zeterte Wonnejunge.
    „Dieses Interview mit einem Toten ist in meinen Augen ein gigantischer Betrug. Alles, was nicht live gesendet wird, ist in meinen Augen ein Betrug."
    „Immerhin bringt uns dieser Auftrag ein Megagalax ein", knurrte Krohn Meysenhart.
    „Irgendwie müssen wir ja die Leasingrate für die KISCH bezahlen. Und wenn die Reportage Trans-Terra-TV so gefällt, wie ich mir das vorstelle, haben wir für den Rest des Jahres ausgesorgt."
    Er ging weiter, durch den Teerregen, gegen den Wind. Wie ein Berg überragte die Stahlfestung die Sumpflandschaft. Das monströse Bauwerk bedeckte eine Fläche von mehr als einhundert Quadratkilometern. Ein flimmernder Prallschirm schützte die Wälle vor der giftigen Titanatmosphäre, dem Regen, der Kälte und dem Sturmwind, der die Kohlenwasserstofftropfen in dichten Schleiern vor sich her trieb.
    „Das ist keine Reportage, sondern ein Film", zeterte Wonne junge. „Es verstößt gegen mein Berufsethos, den Kommentar für einen Film zu liefern."
    „Du kannst ja kündigen",

Weitere Kostenlose Bücher