1228 - Der Monstervogel aus Atlantis
Nerven. Wir zitterten nicht mal. Dafür hatten wir beide schon zu viel erlebt und durchgemacht. So hielten wir unsere Nerven unter Kontrolle, aber wir konzentrierten uns dabei auf jeden Laut.
Nichts zu hören… Nicht mal das Schlagen der Flügel. Der Vogel segelte lautlos wie ein Wolkenschiff über den Himmel hinweg, aber er verschwand nicht, denn er zog seine Kreise wie ein normaler Adler, der auf der Suche nach Beute war.
Wir hörten auch nichts. Dass es überhaupt Windbewegungen durch die Schwingen gab, war daran zu sehen, wie sich die Blätter in den oberen Bereichen der Bäume bewegten, wenn der Luftzug sie leicht streifte. Er flog nicht weg.
Der verdammte Monstervogel schien genau zu wissen, wo wir uns aufhielten, denn sein Umriss blieb oberhalb der Baumwipfel bestehen. Nach einiger Zeit war ich es leid und richtete eine Frage an den kleinen Magier. »Wie lange sollen wir hier noch warten? Bis zur Dunkelheit?«
»Nein.«
»Dann lass dir etwas einfallen.«
Ich hätte es schon getan, aber ich besaß leider nicht die Kräfte wie Myxin, um auf dem Weg der Magie Atlantis verlassen zu können.
Das Knacken hörte sich an wie das Brechen von Knochen.
Wir vernahmen einen schrillen Ruf direkt über unseren Köpfen, schauten natürlich nach oben und entdeckten die wilden Bewegungen im Geäst der Bäume. Die Zweige und Äste wurden durchgeschüttelt, ich glaubte auch, den übergroßen Schnabel zu sehen und wartete darauf, dass Gryx durchbrechen und bei uns landen würde.
Zum Glück trat es nicht ein. Er blieb in der Nähe, aber die Schreie hörten nicht auf. Sie klangen so schrill und eklig, dass ich eine Gänsehaut bekam.
Plötzlich verstummten sie. Selbst ein erneutes Rascheln der Blätter war nicht mehr zu hören, und ich hatte auch den Eindruck, dass sich der Schatten zurückzog.
»Hast du eine Erklärung?«, fragte ich Myxin.
»Für was?«
»Ich denke an die Schreie.«
Er nickte. »Ich glaube schon, John. Ich müsste mich schon sehr täuschen, wenn es Gryx nicht gelungen wäre, sich eine Beute zu holen.« Er lächelte, als er meinen erstaunten Blick sah. »Ja, glaube mir. Hier gibt es nicht nur Lebewesen, die sich am Boden aufhalten. Es existieren auch welche, die du in den Bäumen finden kannst.«
»Ah ja, das ist mir bekannt. Ich kenne Affen und Koala-Bären, die auf den Bäumen leben.«
»Das gibt es hier auch. Der Vogel scheint Hunger zu haben, da hat er sich eine Beute rausgepflückt.«
Was sich so harmlos anhörte, hinterließ bei mir schon einen Schauer, denn als Nahrung wollte ich nicht eben dienen. Bisher hatten wir Glück gehabt. Ich hoffte nur, dass es noch weiter andauerte. Allerdings wusste ich nicht, wie der Riesenvogel reagierte, wenn er richtig wütend war. Er war kräftig genug, um einen Teil des Waldes hier umzupflügen.
Ich hatte keine Lust, darauf zu warten und machte Myxin deshalb einen Vorschlag.
»Wie wäre es denn, wenn wir beide von hier verschwinden? Das Wetter in London ist zwar nicht optimal, aber ich fühle mich dort wohler als hier.«
»Wir werden es so machen.«
»Wann?«
Myxin schaute sich um. Ohne etwas zu sagen, entfernte er sich von mir und blieb dort stehen, wo der Untergrund nicht mehr so dicht bewachsen war und sich eine kleine Lichtung gebildet hatte.
»Hier?«, fragte ich, als ich ihn erreicht hatte.
»Ja.«
»Okay.«
Myxin schaute wieder in die Höhe, was ich dann auch tat.
Nein, es war nicht ruhig über unseren Köpfen. Aber wir brauchten uns auch keine Sorgen darüber zu machen, dass der verfluchte Vogel zu nahe an uns herangekommen war. So blieb noch alles im grünen Bereich.
Ich wollte Myxin wieder auffordern, es endlich in den Griff zu bekommen, als etwas anderes passierte. Über uns raschelte es wieder, und dieses Rascheln setzte sich fort, weil ein schwerer Gegenstand von oben nach unten fiel und auch durch die Zweige nicht gestoppt werden konnte. Er wurde zwar abgelenkt, aber er traf den Boden trotzdem. Mit einem hörbaren Laut fiel er in greifbarer Nähe vor unsere Füße und blieb dort liegen.
»Das ist der Rest«, sagte Myxin mit cooler Stimme.
Ich schaute genauer hin, und dann wusste ich, was er meinte.
Es müsste der Rest der Beute sein, die sich der verdammte Killervogel aus dem Baum gepflückt hatte. Was für ein Rest!
Ein blutiges Etwas, an dem noch das Fell klebte. Es sah aus wie ein Klumpen, den ich mit der Fußspitze ankickte, sodass er sich drehte.
In der folgenden Sekunde müsste ich schlucken, denn jetzt schaute ich auf
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