1236 - Im Reich der Jaschemen
unvorsichtig gewesen war. Doch ein Blick auf seihe eigenen Füße verriet dem Arkoniden, daß die Wahrheit nicht so harmlos war. Er sah ganz eindeutig, wie die gelben, roten und blauen Halme sich bewegten und ihn zu stechen versuchten. Es gelang ihnen nur deshalb nicht, weil die Fuß- und Wadenteile seines TIRUNS nicht so leicht zu beschädigen waren.
Twirl schrie nicht mehr, und als Atlan aufblickte, sah er, daß der Mutant von den ausgestreckten Armen des Hathors gehalten wurde. Er sah aber auch die Blutstropfen an den Fußsohlen Twirls und er sah, wie der Abaker die Stelle, an der er eben noch gestanden hatte, mit zornig leuchtenden Augen anstarrte.
„Nein!" rief er scharf, denn er befürchtete, Twirl könnte seine psionische Zünderfähigkeit einsetzen, um sich an dem Gras zu rächen.
Das Leuchten in Twirls Augen erlosch.
„Warum nicht?" fragte er enttäuscht und blickte zu dem Arkoniden. „Es hat mich gestochen."
„Es ist kein echtes Gras", erwiderte Atlan. „Es sieht überhaupt nicht nach etwas Organischem aus. Bevor wir nicht wissen, was es wirklich ist und welche Funktionen es erfüllt, sollten wir uns nur im äußersten Notfall daran vergreifen."
„Er hat recht", sagte Lethos-Terakdschan zu seinem Orbiter. „Wir müssen vorsichtig sein."
„Erst einmal müssen wir Clio wiederfinden", warf Jen Salik ein. „Hoffentlich ist ihr nichts zugestoßen."
„Sie fliegt dort", sagte Lethos und deutete mit ausgestrecktem Arm in eine Richtung. „Mit ihrem eigenen Aggregat."
Atlan blickte in die angegebene Richtung und sah überrascht, daß die Spielzeugmacherin schon zirka fünfhundert Meter von ihnen entfernt war. Sie flog dicht über dem Boden auf ein Wäldchen zu, das von ihr selbst erzeugte Flugaggregat auf dem Rücken.
„Was denkt sie sich nur dabei?" fragte Salik verstört.
„Ich weiß es nicht", erklärte Lethos. „Ich kann nicht einen Gedankenfetzen von ihr empfangen."
„Mit ihr stimmt etwas nicht", grollte Domo Sokrat.
Überrascht sah Atlan, daß der Haluter einfach startete und hinter Clio her jagte.
Da stimmt wirklich etwas nicht! bemerkte der Logiksektor spitz.
„Folgen wir ihnen!" sagte Salik auffordernd.
„Warte noch!" bat der Arkonide.
Er sah sich aufmerksam um.
Das „Gras" zu seinen Füßen hatte seine Angriffsversuche eingestellt. Das bestätigte seine erste Vermutung, daß es nicht isoliert betrachtet werden durfte, denn diese Reaktion war ausgesprochen intelligent. Da die einzelnen Grashalme aber schwerlich intelligent sein konnten, mußte ihr Verhalten von anderer Stelle aus gesteuert werden.
Atlans Blick schweifte weiter.
Unter dem Himmel, der seltsamerweise schreiend bunt war, erstreckte sich das „Grasland" bis zum Horizont. Es war allerdings nicht flach, sondern wellig - und es wurde hier und da von kleinen Wäldern und Strauchgruppen unterbrochen. Der Arkonide sah in einiger Entfernung sogar die Uferböschung eines Flusses und einen kleinen Ausschnitt der Wasseroberfläche. Ganz in der Nähe gab es einen schwarz und hellblau gemusterten Schlackehaufen, bei dessen Anblick sich etwas in Atlans Gedanken regte. Er kam jedoch nicht dazu, sich weiter damit zu beschäftigen.
Jen Salik war einfach gestartet und folgte dem Haluter und der Spielzeugmacherin, die soeben in dem Wäldchen untertauchte. Atlan fing einen Blick des Hathors auf, bejahte gedanklich die unausgesprochene Frage, ob es nicht besser sei, Jen zu folgen, denn es bestand die Gefahr, daß der Zwischenfall mit Clio nur dazu dienen sollte, die Gruppe auseinander zureißen.
Wortlos starteten die beiden Männer ebenfalls. Lethos hielt noch immer Twirl auf den Armen. Aber es bestand keine Gefahr, daß seine Kräfte erlahmten. Der SEMORG, wie der Hüter des Domes Keschdan seine bernsteingelbe, von einem Netzwerk silbrig schimmernder Fäden durchzogene Plastikkombination nannte, führte seinem Träger physische Energie zu, die dessen Kraft und Ausdauer erheblich verstärkte.
Der Arkonide konzentrierte seine Aufmerksamkeit auf das Wäldchen, in dem die Spielzeugmacherin untergetaucht war. Er wußte natürlich, daß es kein irdischer Wald sein konnte, aber unwillkürlich dachte er an einen mitteleuropäischen Föhrenwald, als er die langen, geraden und auf den unteren beiden Dritteln astfreien Stämme und die Schirmform des oberen Drittels bemerkte.
Doch im Unterschied zu terranischen Föhren oder Pinien waren die Stämme dieser Gewächse blutrot, und die Nadeln hatten eine hellrosa Färbung mit
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