1238 - Justines Blutfest
Vampir, der Jagd auf Blutegel machte, in denen das Blut eines anderen Vampirs konserviert war. Das mussten wir erst mal begreifen. Und im Hintergrund lauerte noch eine zweite, sehr gefährliche Gestalt, die wahrscheinlich nach den Blutegeln suchte, um ebenfalls einen Kontakt zu diesem Highland-Vampir zu schaffen.
Er schwebte über uns wie eine Drohung. Er war nicht zu fassen, und wir wussten nicht mal, ob es ihn gab, weil es von ihm nur Legenden und Geschichten gab. Aber Justine Cavallo hatte von ihm gehört, sonst wäre sie nicht auf die Insel gekommen, um die Spur der Blutegel aufzunehmen.
Orson Finley meldete sich wieder. »Ich denke, dass ich das Ding hier wieder verschließe.«
»Ja, tu das.« Ich lächelte kurz. »Es hat schon jetzt recht viel Unheil gebracht.«
»Das kannst du laut sagen, John. Nie hätte ich erwartet…«, er winkte ab und kümmerte sich um den Verschluss, den er dann festklemmte. Man konnte das Gefäß mit einer dieser Kühlboxen vergleichen. Ich wusste noch nicht, was mit ihm und seinem Inhalt geschehen sollte. Die Nacht war längst nicht vorbei. Bei einem Blick auf die Uhr stellte ich fest, dass die Tageswende erst um eine Stunde überschritten war.
»Fest steht«, sagte Suko und schaute Dean Pollack nach, der sich etwas zu trinken holte und es dabei vermied, Taggert anzuschauen, »fest steht, dass es noch unsere Freundin Justine hier auf der Insel gibt, und ich gehe weiterhin davon aus, dass ihr mindestens zwei Vampire zur Seite stehen. Sie hat Taggert geschafft, und sie wird auch die alten Carrys zur Ader gelassen haben, wobei…«
Als er nicht mehr weitersprach und sein Blick eine gewisse Starre bekam, da wusste ich, an wen oder was er dachte.
»Verdammt, John, wir haben Amy vergessen.«
Er hatte Recht.
Ich schaute nach oben.
Nicht so Suko. Er war bereits auf dem Weg…
***
Amy hatte keine Tränen mehr!
Sie war in ihrem Zimmer geblieben und hatte um ihre Mutter geweint. Und sie hatte auch versucht, normal zu denken. War es wirklich richtig gewesen, was sie getan hatte?
Ja, es war richtig gewesen. Sie hatte Rose nicht mehr helfen können. Ein normaler Mensch wäre bei Einnahme der Stauden nicht getötet worden, bei ihr war es etwas anderes gewesen.
Es tat ihr unendlich weh, aber sie konnte nicht anders und musste noch einen Blick auf die Frau werfen.
Rose Carry lag noch immer in der gleichen Haltung auf dem Bett.
Die junge Frau erlebte die Kälte in ihrem Körper, die alles zusammenzog. Selbst ihr Herz schien sich zu verkleinern.
Beim Luftholen schmerzte eine Stelle in ihrer Brust. »Ich… ich… wollte es nicht, Mutter. Aber es ging nicht anders. Ich konnte… ich… musste… mein Gott, warum ist das denn so schwer.« Sie schnappte einige Male nach Luft. »Bitte, verzeih mir, Mutter. Ich bitte dich…«
Rose würde nicht mehr aufstehen. Ihr Körper war gezeichnet, und so konnte Amy nur hoffen, dass ihre Seele den Weg ins Licht gefunden hatte und dort die Erlösung wartete. Rose war immer eine gottesfürchtige Frau gewesen, die allerdings nie mit Scheuklappen durch die Welt gegangen war und auch ihre eigene Meinung vertreten hatte. Sonst wäre sie nie auf den Gedanken gekommen, die Haustüren der wenigen Bewohner mit Knoblauchstauden zu sichern.
Trotzdem hatte es ihr nichts gebracht. Die andere Seite war stärker gewesen, angeführt von dieser Blonden, und genau das war es, was Amy so bedrückte.
Vielleicht war es auch falsch gewesen, dass sie sich zurückgezogen hatte.
Zum Glück hatten die Besucher das Haus nicht verlassen. Sie hörte noch Geräusche eine Etage unter ihr, aber sie verstand nicht, was dort gesagt wurde.
Amy fühlte sich plötzlich wieder so schrecklich allein und wollte dies ändern. Sie ging zum Fenster und schloss es. Der Nebel blieb jetzt draußen. Als graues Gespenst quoll er vor der Scheibe. Sie sah ihr Gesicht darin und musste plötzlich an ihren Vater denken, der ebenfalls noch verschwunden war.
Zusammen mit Kevin Taggert, einem Mann von der Crew des Bergungsschiffes.
Da ihre Mutter zu einer Blutsaugerin gemacht worden war, musste sie annehmen, dass mit den beiden anderen das Gleiche geschehen war.
Ja, so musste es sein. Sie glaubte nicht, dass ihnen eine Flucht gelungen war.
Auf der Türschwelle blieb sie stehen. Der Flur kam ihr dunkel vor, obwohl das Licht brannte und seinen schwachen Schein verteilte. Die niedrige Decke, die Enge zwischen den Wänden, die Kälte und der leicht muffige Geruch störten sie plötzlich.
Das eigene
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