1246 - Die Opfergrotte
nicht.«
»Es wurde geopfert!«, flüsterte Utrac. »Ja, es wurde ihm geopfert. Von seinen Dienern, die ihn schon immer angebetet haben. Bereits vor sehr langer, langer Zeit. Hier haben sie sich zusammengefunden und ihr Blut geopfert.« Die Augen des Sprechers leuchteten. »Es ist nicht verloren gegangen. Es ist noch da. Es hat den See gefüllt. Es wird immer fließen. Es wird immer sprudeln, denn hier hat der Teufel den Kreislauf erschaffen. Für jeden, der sein Blut dem Höllenherrscher geopfert hat, ist hier ein Platz reserviert, der ihn unsterblich macht. Ihr werdet die Galerie der Satansdiener gesehen haben…«
Godwin begriff. »Du meinst die Gestalten in der Felswand?«
»Genau die. Sie alle haben dem Satan ihr eigenes Blut geopfert. In ihm steckt der Keim der Hölle. Über viele, viele Jahrhunderte hinweg war diese Grotte der Treffpunkt unserer Ahnen. Und er wird es auch weiterhin bleiben. Wenn unsere Zeit gekommen ist, werden auch wir das Blut opfern, damit die Quelle, der Bach und der See nie versiegen. Diese Opferstätte muss dem Satan geweiht bleiben.«
Godwin gab diesmal keine Antwort. Er musste das Gehörte erst verdauen. Wenn er alles richtig einschätzte, dann konnte er damit rechnen, dass auch bald sein Blut und das seines neuen Partners den Bach oder den See füllen würde.
Es war eine Vorstellung, die ihm beim besten Willen nicht gefallen konnte, aber sie war auch nicht gesichert, denn all das Blut stammte von den Menschen, die auf der Seite der Hölle gestanden hatten, und damit hatte jemand wie Godwin wirklich nichts am Hut.
»Ich weiß, welche Gedanken dich quälen«, sagte Utrac, »aber du brauchst keine Angst zu haben. Dein Blut wollen wir gar nicht. Es ist einfach zu wertlos für uns. Aber wir wollen dich und die Gestalt, die dich begleitet.« Utrac breitete die Arme aus. »Ihr habt etwas gesehen, das nur Eingeweihten vorbeha lten ist. Damit dies so bleibt, werdet ihr die Grotte nicht mehr lebend verlassen. Für uns ist es eine Opferstätte. Wir werden beweisen, dass sie diesen Namen nicht grundlos bekommen hat, denn ihr beide werdet hier geopfert. Hier wird auch euer Blut fließen, nur anders als das unsere, das kann ich euch schwören.«
Jorge trat näher an Godwin heran. »Das sollten wir uns nicht gefallen lassen!«, flüsterte er ihm ins Ohr. »Verdammt noch mal, den machen wir fertig.«
»Daran denke ich auch.«
»Und wie?«
»Noch habe ich zwei gesunde Hände.«
»Okay, dann los!«
Utrac hatte zwar gemerkt, dass die beiden Männer miteinander flüsterten, aber er hatte die Worte nicht verstanden, was ihm auch nicht passte. Er wollte eingreifen, zumindest etwas sagen, doch Godwin war schneller.
Plötzlich sprang der Templer ihn an und legte seine Hände wie eine Klammer um seinen Hals…
***
Der Angriff war für Utrac so überraschend erfolgt, dass er sich nicht wehren konnte. Wie ein Klotz blieb er stehen.
Godwin hatte sich nicht anders zu helfen gewusst. Entweder alles oder nichts, das war seine Devise.
Früher, in seinen wilden Kreuzritter- Zeiten, da war es schon des Öfteren zu einem Kampf Mann gegen Mann gekommen, auch mit den Händen, wenn die Waffen abhanden gekommen waren.
Godwin hatte selten zu den Verlierern gezählt. Und wenn doch, dann hatte er sich irgendwie immer aus der Lage herauswinden können, aber jetzt behielt er die Oberhand. Die alten Zeiten waren zwar nicht zurückgekehrt, doch der Kampf ging weiter. Er würde nie enden oder erst mit seinem Tod.
Er wollte den Mann nicht erwürgen, nicht vor den Augen seiner Freunde, aber er wollte ihnen zeigen, wozu er fähig war.
Sie damit erpressen, um so den Rückzug für sich und seinen Freund Jorge zu sichern.
»Mach ihn fertig!«, keuchte Amado. Es war ihm anzusehen, dass er am liebsten mitgeholfen hätte, doch Utrac war eine Beute des Templers, und seine Hände ließen den verdammten Hals nicht los. Er hatte die Finger gekrümmt, die sich tiefer in die Haut hineinbohrten, als wollten sie diese durchstechen.
Der Griff hätte einen normalen Menschen in die Knie gezwungen. Bei Utrac war es anders. Zwar befand er sich in einer gewissen Rücklage, weil er dem Druck gefolgt war, aber er brach nicht zusammen. Mit seinen Blutaugen starrte er in das Gesicht schräg über ihm, und Godwin de Salier fiel auf, dass sich sein Mund allmählich verzog, aber nicht, um nach dem letzten Quäntchen Luft zu schnappen, sondern um ihn anzugrinsen.
Es war ein widerliches und fettes Grinsen, das er dem Templer
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