1248 - Das Glaslabyrinth
hatte ich etwas entdeckt, das meine ganze Aufmerksamkeit beanspruchte.
Dort, wo ich einen der Schatten getroffen und - wie ich bis dahin annahm - kampfunfähig gemacht hatte, glühte die halbdurchsichtige Gestalt stärker auf und erlosch langsam, bis sie gänzlich verschwunden war.
„Was war das?" wandte ich mich an Tengri, denn der Hathor würde mit Hilfe des semiorganischen Netzwerks seiner Kombination noch am ehesten etwas feststellen können, was normale Ortungssysteme vor unlösbare Rätsel stellte.
Tengri Lethos hielt die Augen geschlossen und öffnete sie wieder, nachdem ich geendet hatte.
„Ich hätte es mir eigentlich denken müssen", antwortete er leise. „Der Name ‚Armee der Schatten’ deutet ja bereits darauf hin. Diese Wesen sind zwar körperlich existent, aber keine echten Intelligenzen, sondern eine Art materielle Hologramme."
„Projektionen?" fragte Jen Salik. „Wie du?"
Der Hathor lächelte nachsichtig.
„Weder wie ich noch wie du, Jen", erklärte er. „Wir sind eigenständige Wesen, denn bei uns ist - unter anderem - Körper und Bewußtsein eine Einheit. Bei den Schatten dagegen nicht. Ihre Körper enthalten nicht ihr Bewußtsein, sondern werden von ihrem Bewußtsein ferngesteuert."
„Ich ahnte es!" rief ich. „Darum greifen sie so furchtlos an. Sie brauchen den Tod nicht zu fürchten, denn ihre Bewußtseine leben weiter, wenn ihre Körper erlöschen - und wahrscheinlich können sie jederzeit neue materielle Hologramme erzeugen."
„Du scheinst froh darüber zu sein", stellte Caglamas Vlot fest.
„Aber sicher!" entgegnete ich heftig. „Denn es bedeutet, daß ich nicht töte, wenn ich einen Schatten zum Erlöschen bringe. Es belastet folglich mein Gewissen nicht, wenn ich mich gegen sie wehre."
„Dadurch werden sie aber auch immer wieder neugeboren", bemerkte der Große Exterminator resignierend dazu. „Es ist nur eine Frage der Zeit, wann wir alle tot sind."
Ich hob den Kopf über die Deckung und fand seine düstere Voraussage bestätigt.
Von hinten rückten die Sturmtruppen der Grauen immer näher heran - und vorn erhielten die Schatten immer mehr Verstärkung. Der Raum für uns wurde ständig enger. Es sah ganz so aus, als gäbe es diesmal kein Entkommen vor dem Tod...
ENDE
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