Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1250 - Die Raum-Zeit-Ingenieure

Titel: 1250 - Die Raum-Zeit-Ingenieure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
bewußt, wie vermessen sein Volk gewesen war, als es diesen Titanen zu seinem Werkzeug machen wollte. Der Plan war eine Ausgeburt des Wahnsinns gewesen. Niemals hätten sie es wagen dürfen! Niemals hätten sie sich nach dem Scheitern des ersten Rekonstruktionsplan dazu verleiten lassen dürfen, jene Tat zu begehen, die sie endgültig auf den Weg ohne Wiederkehr geführt hatte. Auf den grauen Weg, der nur ihn und die anderen vier verschont hatte.
    Die Macht des Berges war zu ultimat; jeder, der sich ihrer bedienen wollte, wurde von ihr zerschmettert.
    Wie ein zweiter Wall, neben dem das zerklüftete Massiv des Grenzwalls nicht mehr als ein Zwerg war, überragte der Berg der Schöpfung das Tiefenland. Wo er war, sollte es nur das Nichts, die unbegreifliche graue Leere der Tiefe geben, und dennoch füllte er die Leere mit seiner erdrückenden Stofflichkeit, seinem Licht, seiner elementaren Macht.
    Und zwischen dem Berg und dem Rand der Welt klaffte der Schlund.
    Niemand hatte die Tiefe dieses Abgrunds je ausloten können, denn in seinem bodenlosen Nichts waren die Maße des Raums und der Zeit ohne Bedeutung. Der Abgrund war ein Gebilde, das sich selbst negierte; ein Nicht-Ding an der Grenze zur Welt der Dinge; ein grausiges Nein, das sich anschickte, das Ja der Schöpfung zu übertönen.
    Und dennoch führten Brücken über diese Kluft, vor der es selbst den Hohen Mächten schaudern mochte. Die Brücken glitzerten im goldenen Licht des Berges wie geschliffenes Kristallglas. Zu Tausenden überspannten sie in kühnem Schwung den Abgrund und verbanden Berg und Tiefenland.
    Dicht an dicht, entlang der unmerklichen Krümmung des Weltenrands mit seiner Gesamtlänge von rund 29,7 Billionen Kilometern, reihten sich die Brücken wie funkelnde Grenzsteine aneinander. Über eine Strecke von mehreren tausend Kilometern verteilt, schauten die Brückenköpfe über das Land.
    Mit gläserner Geduld äugten sie zu den königsblauen Trutzmauern der Letzten Bastion hinüber und warteten auf den Tag, an dem die Wälle brachen und die Bastion zu Staub zerfiel.
    Der Abgrund gierte in grauer Raserei, doch die Brücken kannten keine Hast. Wie der Berg wußten auch sie, daß das Tiefenland nicht von ewigem Bestand war, sondern vergänglich wie alles, was zur Domäne der Zeit gehörte.
    Sie sind wie wir, dachte Myzelhinn. Kühl und wandellos, kühl und hell wie sterndurchglänztes Eis.
    Das Funkeln und Glitzern der Kristallfacetten verwandelte den Rand der Welt in ein einziges kaltes Leuchtfeuer, und die Klarheit des Lichtes trieb die Schatten fort, die sich in Myzelhinns Seele geschlichen hatten. Schatten, die an der Straße des Lebens warteten, dort, wo von der breiten Straße der schmale Weg abbog, der Weg in Grau, der nur in eine Richtung führte, ins Nirgendwo aus dunkler Stille.
    Im klaren Licht verblaßte sogar die Erinnerung an die Schatten, und das Licht machte Myzelhinns Glieder leicht, so daß er schwerelos und mit unbeschwerter Seele den kalten Feuern entgegenflog.
    Im Flug lachte er.
    Kühl klang sein Gelächter über das Land, über die Kluft und brach sich am Goldmassiv des Berges, um als hunderttausendfaches Echo zurückgeworfen zu werden, bis die ganze Lichtebene vom Lachen des Unsterblichen erfüllt war.
    Es war wie damals, als sie still dem zuckenden Leben der Sterblichen zugenickt, still den sich drehenden Sternen zugeblickt hatten, in den jungen Tagen der Hoffnung, den Tagen der Zukunft.
    Wie damals in den verlorenen Zeitaltern tanzte er im Flug über die gläsernen Brücken, über ihr kaltes Feuer, über die Naht zwischen Welt und Nichts. Der Raum verneigte sich vor ihm, Zeit und Tod entflohen, die Materie beugte sich, die Elemente waren ihm Untertan.
    Er war nicht allein.
    Niemand tanzte allein einen Tanz wie diesen.
    Lachend umarmte er Gurdengan im Flug, und in dem einen Moment waren sie Bruder und Bruder, im nächsten Schwester und Schwester, im dritten Mann und Frau, bis sie sich trennten und sich den anderen Geschwistern zuwandten.
    Er tanzte mit Boornhaal, der ihm seit Anbeginn des Lebens näher gewesen war als jeder andere seiner Geschwister; mit Joilinn, dessen Lachen klar und scharf wie ein Diamantensplitter und warm wie die Liebe eines Kindes war; und mit Neusenyon, der selbst im Gleißen des Schöpfungsbergs sein eigenes Licht verströmte.
    Sie waren fünf, die letzten fünf von hundertfünfzigtausend, doch im Tanz schüttelten sie die Beschränkungen ab, die ihnen ihre geringe Zahl auferlegte, im Tanz wuchsen

Weitere Kostenlose Bücher