1252 - Start der Vironauten
Art, sich einfach verleugnen zu lassen.
Vor ihr, mitten im Raum, bildete sich die Holographie Deightons. Die Illusion war so perfekt, daß Irmina meinte, der Sicherheitschef stünde vor ihr. „Wo hast du die ganze Zeit über gesteckt, Irrnina?" erkundigte sich Deighton mit leisem Vorwurf. „Du kannst doch nicht einfach das Amt einer Hanse-Sprecherin hinwerfen und dich aus dem Staub machen."
„Doch, ich kann", versicherte Irmina lächelnd. „Das war ursprünglich zwar nicht meine Absicht. Ich war nur neugierig und wollte mir eine der Virenwolken von innen ansehen. Doch jetzt habe ich mich entschieden. Ich habe eine neue Aufgabe gefunden, die mich weit mehr ausfüllt als meine bisherige Tätigkeit. Wenn du nur Kontakt zu mir aufgenommen hast, um mich umzustimmen, dann war deine Mühe vergebens."
„Ich möchte dich nur um einen letzten Gefallen bitten", sagte Deighton versöhnlich. „Es geht um Stalker. Könntest du ihn mal unter die Lupe nehmen?"
„Du meinst, als Metabio-Gruppiererin?"
„Ja. Vielleicht hast du mehr Erfolg als Fellmer und Gucky."
„Es war doch von Anfang an klar, daß Telepathen Stalker nicht aushorchen können", sagte Irmina, die Deightons Enttäuschung nicht ganz verstand. „Und darum liegt es auf der Hand, daß auch ich nichts ausrichten kann."
„Wir dürfen keine Möglichkeit außer acht lassen", sagte die Holographie von Deighton. „Vielleicht gelingt es dir, etwas über seine biologische Beschaffenheit herauszufinden. Ich wäre über jede noch so unwichtig scheinende Information dankbar. Obwohl Stalker sich kooperativ gibt, wissen wir noch so gut wie nichts über ihn. Du mußt uns helfen, Irmina."
„Na gut", gab Irmina nach. „Aber erwarte dir von mir nicht zuviel."
Die ÄSKULAP schwebte über den nördlichen Ausläufern des Himalaja. Das Virenschiff war zwar nicht besonders groß, aber Irmina wollte dennoch nicht damit nach Terrania fliegen, um kein unnötiges Aufsehen zu erregen. „Wie war’s mit der Kegelspitze als Beiboot?" schlug das Virenschiff vor. „Noch ist dieser Umbau möglich, und ein Beiboot brauchst du später auch.
Es wäre auch recht nützlich, einen Transmitter zu installieren."
Irmina stimmte beidem zu, wählte dann aber das Beiboot für den Flug ins HQ-Hanse, um sich mit dem Gravo-Antrieb vertraut zu machen. Sie konnte mit dem Miniaturkegel, der eine verblüffende Ähnlichkeit mit einer der Raumkapseln des 20. Jahrhunderts hatte, mühelos auf einem der Dachparkplätze landen.
Sie hoffte, daß sie sich dieser unangenehmen Verpflichtung bald würde entledigen können, um zu ihrem Virenschiff zurückzukehren.
*
Stalker hätte genausogut ein Androide mit einem Positronengehirn sein können.
Es sprach nichts dagegen, zumindest ließ sich das Gegenteil nicht beweisen.
Sein Rückentornister hatte ein Schutzfeld aufgebaut, das ein Durchleuchten von Stalker unmöglich machte. Er hatte schon einmal eine Biomaske getragen, um menschliches Aussehen vorzutäuschen, so daß auch die Gestalt, in der er sich gerade präsentierte, nur Maske sein konnte.
Er weigerte sich strikt, eine eingehende Untersuchung seines Metabolismus zu erlauben, und redete sich auf seinen Kodex heraus. Er verriet jedoch auch nicht, welcherart Kodex das war, sondern erklärte: „Wer mir aufs Maul sieht, wer meine Mimik und meine Gesten beachtet, der kann mir in die Seele blikken."
Stalkers Verhalten wirkte durch und durch ritualisiert, und wer ihn für einen Androiden halten wollte, der hätte auch sagen können, programmiert. Aber wer länger mit ihm zusammen war, den überraschte er gelegentlich durch völlig unverhoffte Verhaltensweisen. Stalker war stets für Überraschungen gut.
Obwohl er wissen mußte, daß er in seiner Unterkunft im HQ-Hanse rund um die Uhr überwacht wurde, gab er das durch nichts zu erkennen. Wenn er mit seinem Animateur Skorsh allein war, dann verhielten sie sich so, als fühlten sie sich unbeobachtet. Das konnte aber nur gespielt sein.
Als Homer G. Adams ihn bei einem seiner vielen Besuche darauf ansprach, sagte Stalker unschuldsvoll: „Ich hatte Angst, euch zu verletzen. Natürlich ist es mir nicht entgangen, daß Skorsh und ich unter Beobachtung stehen. Das ist das Recht des Gastgebers, von dem auch ich Gebrauch machen würde. Ihr wollt schließlich herausfinden, mit wem ihr es zu tun habt. Aber da ihr ein Geheimnis daraus gemacht habt, konnte ich auch nicht das Thema zur Sprache bringen. Ich bin froh, daß du das Tabu gebrochen hast,
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