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126 - Hinter der Grenze

126 - Hinter der Grenze

Titel: 126 - Hinter der Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
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würde jemand versuchen, ihn aus der Ferne zu ergreifen.
    Snapper wusste nichts von den Daa'muren, die zu jener Zeit schon begonnen hatten, ihre telepathischen Fühler nach irdischen Existenzen auszustrecken. Wissen war überhaupt etwas, das ihm nur begrenzt zur Verfügung stand. Der Bonobo war nicht unintelligent und durchaus zu abstraktem Denken befähigt; er hatte ein Gedächtnis und konnte gemachte Erfahrungen verwerten. Allerdings diente dies, wie bei allen Tieren der Wildnis, einzig dem Lebenserhalt. Auf eine Situation reagieren war ihm möglich. Nach dem Warum fragen konnte Snapper nicht.
    Noch nicht.
    ***
    Bei Tageslicht fiel es Matt wesentlich leichter, den EWAT über die Barriere zu bringen. Er setzte ihn keine zehn Meter von den Toten entfernt auf. Lansdale hatte Leichensäcke im Laderaum gefunden. Auf der Kiste, in der sie gelagert wurden, stand nur das taktvolle Wort Aufbewahrung. Matt fiel ein IKEA-Witz dazu ein, doch er bremste sich, als ihm klar wurde, dass weder Lansdale noch Cummings wussten, was IKEA war.
    Der Wind, der durch die Schlucht strich, war warm und schwül. Der Geruch nach Verwesung, den er in der letzten Nacht überhaupt nicht wahrgenommen hatte, hing so schwer in der Luft, dass Cummings zu würgen begann. »Entschuldigung, Sir«, sagte sie. »Kein Problem.«
    Matt öffnete einen der Leichensäcke und legte ihn vor den Mann, der erst gestern gestorben war. Er war steif wie eine Puppe. Die schwarze Masse in seinem Gesicht war getrocknet.
    Als Matt und Lansdale den Körper anhoben, rieselte sie zu Boden.
    »Der wiegt doch keine hundert Pfund«, sagte Simon überrascht.
    Er hatte Recht. Für seine Größe und Muskulatur war der Mann viel zu leicht. »Ich nehme an, dass die Nanobots nach und nach die Organe nachgebildet haben, die ausfielen.«
    Cummings runzelte die Stirn. »Er hat sich buchstäblich selbst erbrochen.«
    Matt warf ihr einen knappen Blick zu. »Geht das auch weniger bildlich?«
    »Ja, Sir. War nur so ein Gedanke.« Er und Lansdale trugen die erste Leiche in den EWAT, während Cummings die Sträucher stutzte, damit sie besser an die anderen beiden Körper heran kamen.
    »Die sind schon länger tot«, sagte sie, als Lansdale den zweiten Leichensack ausbreitete. »Die Leichenstarre ist bereits abgeklungen.«
    Fleggen stiegen von den Körpern auf. Matt versuchte den Gestank zu ignorieren und zog den Toten an den Füßen aus der Nische. Etwas fiel klappernd zu Boden.
    Lansdale griff danach. »Sehen Sie sich das mal an, Sir.«
    Matt drehte sich zu ihm um und sah den Totenschädel in seiner Hand. »Wo kommt der her?«
    »Hier, Sir.« Der Corporal bog die Sträucher zur Seite.
    Hinter dem Felsvorsprung lag eine kleine Höhle. »Da sind noch mehr Knochen.«
    Matt duckte sich unter dem Vorsprung hindurch und betrat die Höhle. Hinter ihm schaltete Cummings ihre Taschenlampe ein.
    »Vielleicht ist das eine Art Elefantenfriedhof«, sagte sie.
    »Sie kommen hierher, wenn ihr Ende naht.«
    Der Lichtstrahl glitt über Knochen und Schädel, fand Kleidungsstücke, Waffen und Leichenteile. Matt presste sich die Hand vor Mund und Nase. Hier lagen nicht nur Skelette, sondern auch Leichen, die gerade mal ein paar Tage tot waren.
    Sein Blick fiel auf einen grauhaarigen, abgetrennten Schädel. Blinde, grau überzogene Augen starrten ins Nichts.
    Der eingefallene Mund war zahnlos.
    »Da haben die Nanobots wohl versagt«, sagte Lansdale.
    Matt schüttelte den Kopf. Er spürte seinen Herzschlag in den Schläfen. »Das sind nicht die Dorfbewohner. Das sind…«
    Er musste schlucken. »Das sind ihre Jagdopfer.«
    ***
    Das Boot, das Aruula im Schilf gefunden hatte, war schmal und undicht. Eines der beiden Ruder war abgebrochen, und das Wasser stand Jed bereits nach wenigen Minuten bis zu den Knöcheln.
    »Jetzt wissen wir, dass der Besitzer den Eimer wohl nicht nur zum, äh, Fischtransport verwendet«, sagte er und begann Wasser zurück in den See zu gießen.
    Aruula kniete nach Indianerart vorne im Boot und stieß das Ruder kraftvoll ins Wasser. Sie waren so lange wie möglich im Schilf geblieben, aber jetzt mussten sie hinaus auf den See. Es gab keine Deckung mehr zwischen ihnen und dem Felsenturm.
    Ein Blitz zuckte über den Himmel. Weit entfernt rollte Donner über das Land. Faustgroße Regentropfen klatschten in Jeds Gesicht.
    Das hat uns gerade noch gefehlt, dachte er.
    Aruula schien das Gleiche zu denken. »Wenn das Unwetter schlimmer wird«, sagte sie, »müssen wir auf der Insel Schutz suchen.

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