1268 - Shao, der Zombie und wir
Last ächzten. Sie hoben die Kiste auch nicht richtig an, denn aus den Geräuschen war zu entnehmen, dass sie eine über den Boden schleiften und aus dem Keller schafften.
Shao drückte Li noch weiter zurück. Sie selbst hob behutsam den Kopf an und riskierte einen kurzen Blick über den Rand der Kiste hinweg. Auch wenn das Licht nicht eben strahlend hell war und sie über andere Kisten hinwegschauen musste, sah sie die beiden gebückten Körper der Männer, die eine Kiste durch die offene Tür schoben und zunächst mal aus ihrem Blickfeld verschwanden.
»Was war?«, flüsterte Li.
»Es sieht ganz gut aus, denke ich.«
»Und?«
»Nichts und. Sie sind verschwunden.«
Li wollte hoch kommen, aber Shaos Hand drückte sie wieder zurück. »Bitte, nicht jetzt, sie kommen wieder, denn sie haben von zwei Kisten gesprochen.«
»Ja, ich weiß. Aber ich kann es bald nicht mehr aushalten. Die Angst kehrt wieder zurück.«
»Sei ruhig, Li.«
Shao hatte sich nicht geirrt. Die beiden Männer kehrten sehr bald wieder zurück. Sie sprachen miteinander, doch nun klangen ihre Stimmen schon keuchend.
»Hätte eine nicht auch gereicht?«
»Nein, er braucht zwei.«
»Und weiter?«
»Er wird leben.«
»Aber da fehlt noch ein Arm.«
»Ja, den holen wir uns.«
Li und Shao hatten dem Gespräch gelauscht, und Li musste eine Hand vor den Mund pressen, um einen Schrei zu unterdrücken, denn sie wusste genau, was die Kerle gemeint hatten. Indirekt hatte ihre Unterhaltung darauf hingewiesen, dass die beiden Frauen nicht vergessen waren und ihnen noch etwas bevorstand.
Zunächst mal kümmerten sich die Typen um die Kiste. Sie verursachten die entsprechenden Geräusche, und so konnten sich die Frauen flüsternd unterhalten.
»Was hat er mit dem fehlenden Arm gemeint, Shao?«
Shao sah Lis Gesicht dicht vor ihrem und auch den erschreckten Ausdruck darin. Sie konnte Li keine konkrete Antwort geben, deutete nur ein Schulterzucken an und sagte mit leiser Stimme: »Ich kann es dir beim besten Willen nicht sagen, aber ich gehe mal davon aus, dass es sich um eine große Sache handelt.«
»Um ein Verbrechen?«
»Nein.«
Li schnappte nach Luft. »Um was denn, bitte?«
Shao lächelte. »Ich habe wirklich keine Ahnung, und ich denke auch nicht, dass der menschliche Verstand es so leicht erfassen kann.«
»Wieso? Was meinst du?«
Shao schüttelte den Kopf. »Nicht jetzt. Wir können nur abwarten und alles auf uns zukommen lassen.«
Li senkte den Blick und biss sich auf die Unterlippe. In ihrem Gesicht zeigte sich wieder die Furcht.
Shao legte einen Finger auf ihre Lippen und war zufrieden, als Li nickte.
Dann drückte sich Sukos Partnerin wieder in die Höhe, um abermals einen Blick über den Kistenrand zu werfen. Die Richtung kannte sie, und auch jetzt gab es keine Probleme für sie, etwas zu erkennen.
Die Männer waren im Nachbarkeller verschwunden. Sie hörte dort nach dem Klang ihrer Stimmen, und es dauerte einige Sekunden, bis sie sich zeigten.
Diesmal reagierten sie wie zwei Arbeiter, die mit ihrem Schaffen äußerst zufrieden waren. Sie rieben die Handflächen aneinander und blieben ungefähr dort stehen, wo zuvor die beiden Kisten gestanden hatten. Sie schauten in den Keller hinein. Ohne dass Shao und Li die Typen sahen, wussten sie, dass sie ihre Blicke auf die Tür gerichtet hatten. Hinter ihr lagen die beiden Gänge, die zum Verlies führten. Die Männer mussten damit rechnen, dass die Frauen sich noch dort befanden. Sie würden hingehen, die Tür öffnen und dann wie vor den Kopf geschlagen dastehen, weil der Raum leer war.
Genau darauf basierte Shaos Plan. Er würde allerdings nur funktionieren, wenn sie die Nerven behielt, was natürlich auch für ihre Leidensgenossin galt.
Shao stieß Li kurz an. Die junge Frau hob den Kopf und sah eine Hand, die in eine bestimmte Richtung zeigte, wobei der Zeigefinger auf eine andere Kiste wies.
»Was ist?« Die beiden Worten las Shao mehr von den Lippen ab, als dass sie sie hörte.
»Dorthin, aber ganz leise!« hauchte sie.
»Warum denn?«
»Bitte!«
Es wurde Zeit für sie, denn die Kerle hatten sich entschlossen, den Keller zu durchqueren. Sie ließen sich Zeit dabei, und zum Glück unterhielten sie sich halblaut, sodass ihre Stimmen andere Geräusche hoffentlich übertönten.
Wieder tippte Shao Li an. Aber sie brauchte nicht mehr zu diesem neuen Ziel hinzudeuten, denn ihr Schützling wusste Bescheid. Li presste sich so eng gegen den Boden wie möglich und bewegte sich wie
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