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128 - Der Schläfer

128 - Der Schläfer

Titel: 128 - Der Schläfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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Bunkermenschen begegneten ihnen auf dem langen Weg hinab zum »Nest«; die meisten hatten sich irgendwo verkrochen.
    Die metallische Stimme einer Tonband-Aufnahme schnarrte emotionslos Jahrhunderte alte Verhaltensmaßregeln herab und trug damit noch mehr zu der Lähmung bei, die die Community von Salisbury befallen hatte.
    »Schneller!«, keuchte Rulfan. Einmal mehr verfluchte er die langen schmalen Gänge – und seine eigene Nachlässigkeit. Nie hätten sie das »Nest« verlassen dürfen! Offensichtlich hatte der Spion der Daa’muren genau den Augenblick abgewartet, als er und Eve sich für eine Weile auf sein Zimmer zurückgezogen hatten, um in Ruhe neue Vorgehensweisen zu besprechen.
    Einer der angegrauten Wichtigmacher der Inneren Sicherheit bewachte den Zugang zum »Nest«. Er fuchtelte wild mit einer ungesicherten Waffe herum. »Die Dienstvorschriften verbieten das Betreten dieser Abteilung während einer Alarmsituation…«
    Rulfan packte den Mann am Kragen und stieß ihn harsch beiseite. Für Diskussionen war jetzt keine Zeit. »Wulf! Pass auf ihn auf!«, befahl er.
    Der Lupa zögerte. Knurrend, mit gefletschten Zähnen und aufgestelltem Fell wich er zurück.
    »Was ist los mit dir?«, fuhr ihn Rulfan an. »Stej!«
    Unwillkürlich fiel er in jenen barbarischen Dialekt zurück, in dem er den jungen Welpen vor langen Jahren erzogen hatte.
    Endlich folgte Wulf.
    Eve, die die kurze Auseinandersetzung aus der Distanz verfolgt hatte, huschte durch die dünne Schneise, nachdem Rulfan den Schleusengang mit ein paar Tastendrucken zugänglich gemacht hatte.
    Schneller! Schneller!, dachte Rulfan, während sie die zeitraubende Entgiftungsprozedur durchliefen. Er sah die Notwendigkeit der Sicherheitsüberprüfung durchaus ein – aber in der jetzigen Situation war sie unangebracht.
    Am anderen Ende des Ganges warteten zwei ältere Soldaten mit grimmigem Gesicht in der gläsernen Schleusenkammer.
    Sie hielten ihre Waffen im Anschlag und zielten auf ihn und Eve!
    Das Heulen der Sirene endete. Aber die Ruhe, die nun folgte, war weder angenehm noch dazu angetan, Rulfans Anspannung irgendwie zu lindern.
    »Während eines Alarms ist das Betretendes ›Nests‹ unter allen Umständen verboten, Rulfan!«, schallte plötzlich Grimes’
    ruhige Stimme über einen Lautsprecher. »Die Männer haben Anweisung, auf alles zu schießen, was von der anderen Seite des Ganges kommt.«
    »Hören Sie mir gut zu, Grimes!« Nackt, mit dem Gewand in der Hand eilte Rulfan weiter, auf die Soldaten der Inneren Sicherheit zu. »Der Alarm in dieser Abteilung hat nur einen einzigen Grund: Ich habe einem möglichen daa’murischen Maulwurf in unseren Reihen eine Falle gestellt – und er ist hinein getappt!«
    Pause. Dann: »Haben Sie Beweise?«
    »Die kann ich nur vorlegen, wenn Sie mich an den Wachen vorbei lassen.«
    Wiederum eine Pause. Rulfan und Eve waren mittlerweile am Ende des Dekontaminationsganges angelangt. Die beiden Soldaten hielten ihre Waffen weiterhin auf sie gerichtet. Einen halben Meter von ihnen entfernt – allerdings durch eine Triplex-Panzerglaswand getrennt. Es gab keinen Zweifel: Sobald das Glas hochfuhr und sie keinen gegenteiligen Befehl erhalten hatten, würden sie das Feuer eröffnen.
    »In Ordnung!« Grimes’ Stimme. »Lasst sie hinein.«
    Rulfan atmete erleichtert aus. Die beiden Soldaten auf der anderen Seite des Glases ebenso. Einer von beiden schaffte es in bemerkenswerter Weise, seine Mimik von einer angstvollen Grimasse übergangslos zu einem lüsternen Gieren umzustellen.
    Er blickte an Rulfan vorbei.
    Auf Eve.
    Erst jetzt wurde sich Rulfan seiner Nacktheit und der seiner Begleiterin bewusst. »Zieh dich an!«, fuhr er Eve zornig an und schlüpfte zugleich in seinen eigenen Overall.
    Grimes hatte mittlerweile seinen Platz in der kleinen Steuerungszentrale nebenan verlassen und betätigte den Öffnungsmechanismus. Lautlos fuhr das Panzerglas beider Schleusentüren beiseite.
    »Danke«, sagte Rulfanknapp. »Um mich noch einmal zu vergewissern: Sie wissen, dass ich momentan den Oberbefehl über die Sicherheit im Bunker Salisbury und damit auch in dieser Abteilung innehabe?«
    »Selbstverständlich«, murmelte Grimes. »Hören Sie, es tut mir Leid, aber dieses unangenehme Zwischenspiel…«
    »Vergessen Sie’s!«, unterbrach ihn Rulfan grob. »Ich wiederhole vor Zeugen: Alles, was ich hier unternehme, dient nur der Sicherheit des Bunkers und geschieht mit vollem Einverständnis des Octaviats.«
    »So ist es, Rulfan.

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