Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
128 - Der Schläfer

128 - Der Schläfer

Titel: 128 - Der Schläfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
Vom Netzwerk:
Tief atmete er das Land ein und seufzte dann erleichtert.
    ***
    Ein weiterer Tag verging.
    Vom europäischen Kontinent her kamen keine neuen Nachrichten, ebenso wenig vom Weltrat oder von Mister Black aus Moskau. Doch es lag Unheil in der Luft. Jedermann spürte, dass in nächster Zeit irgendetwas passieren musste. Die Community-Bewohner reagierten allesamt gereizt. Noch gereizter als sonst.
    Aruula, Jed und Matthew Drax galten indes offiziell als verschollen. Eine Suchexpedition wurde ausgerüstet.
    Rulfan meinte, seine Brust müsse platzen, und nie hielt er es länger als ein paar Stunden in der Enge des Bunkers aus.
    Aruula war möglicherweise in Not. Die Frau, von der er in letzter Zeit vermehrt geträumt hatte.
    Pflichtbewusstsein und Ehrgeiz hielten ihn zurück, einfach einen EWAT zu kapern und sich auf den Weg nach Norden zu machen. Und – so ungern er es sich auch eingestand – sein Verlangen nach der Nähe von Eve Neuf-Deville.
    »Wir werden ihm oder ihr eine Falle stellen«, sagte er und rührte dabei mechanisch in seinem Becher.
    »Wie stellst du dir das vor?« Eve saß ihm zur Seite. Sie hatten soeben die Bewegungsdiagramme der Octaviane während der letzten Wochen im »Nest« studiert.
    Sie roch gut, und einer ihrer Oberschenkel rieb an seinem.
    »Keine Ahnung!« Verärgert über die Situation und verwirrt wegen des Durcheinanders in seiner Gefühlswelt stand Rulfan auf. Er begann eine Wanderschaft durch seinen Wohnbereich.
    Vier Schritte vor, vier Schritte zurück. Früher, als Kind, waren es jeweils sechs gewesen. »Es kann etwas Hanebüchenes, etwas völlig Plumpes sein.«
    Wulf streckte sich und gähnte laut, was in gewisser Weise einem langgezogenen Lachen ähnelte.
    »Ich glaube, wir müssen noch weiter gehen«, sagte Eve.
    »Vermutlich sind die Daa’muren derart fremd konstruiert, dass ein Vergleich zwischen ihrer und unserer Denkweise nicht möglich ist.«
    »Möglich«, stimmte Rulfan zu. »Um so dringlicher wird es, dass wir eine Situation herbeiführen, in der unser Feind die Maske fallen lassen muss.«
    »Und das Risiko, das damit verbunden ist? Ein enttarnter Gegner ist nicht unbedingt ein geschlagener Gegner. Wer weiß, was er anstellt, wenn er mit dem Rücken zur Wand steht!«
    »Es würde sich nicht viel verändern. Im Gegenteil: Mit jedem Tag, der vergeht, geben wir ihm mehr Zeit und Möglichkeiten, das zu erreichen, was er will.«
    »Nun gut. Dann sag mir, wie du dir eine Falle vorstellst.«
    Eve streckte sich, räkelte ihre langen Arme katzenhaft nach der Seite.
    Warum tut sie das?, ärgerte sich Rulfan. Was will sie damit erreichen?
    Mühsam konzentrierte er sich auf die vage Idee, die allmählich an Form gewann. »Mit Speck fängt man bekanntermaßen Ratzen, und mit Dateien Daa’muren. Ich stelle mir das so vor…«
    ***
    Der Mann entglitt immer wieder ihrer Kontrolle und entwickelte eigenständige, gefährliche Ideen. Sein Geist war stark und widerspenstig, von dieser Eve stets aktiv gehalten.
    Am liebsten hätte Gu’hal’oori das Primärrassen-Weibchen, auf das Rulfan einen nicht eingeplanten sexuellen Appetit entwickelte, zusätzlich infiltriert.
    Doch es war nicht ratsam, sich derart zu verzetteln.
    Schließlich musste sie auch noch den Anderen permanent unter Kontrolle behalten. Zwar mit weitaus weniger Aufwand, denn seine Widerstandsbereitschaft war geringer ausgeprägt, aber immerhin. Drei Primärrassenvertreter mit all ihren merkwürdig individuellen Ausprägungen waren schwer zu steuern…
    Gu’hal’oori wog ihre Optionen kurzerhand ab. Es galt eine Entscheidung zwischen einem kurzfristigen minderen Erfolg und einer langfristigen Option auf den absoluten Triumph zu treffen. In den Gedächtnisspeichern Rulfans hatte sie den Begriff »Pyrrhus-Sieg« und dessen Bedeutung gefunden.
    (Pyrrhus-Sieg: Scheinsieg; zu teuer erkaufter Sieg) Sie befand dieses vergleichende Bild auf eine logische Art und Weise als schön.
    Es mochte tatsächlich ratsam sein, geduldig zu bleiben und auf eine spätere, größere Chance zum Erfolg zu warten.
    Dafür benötigte sie vorerst ein wenig Ruhe und das, was Rulfan ein Bauernopfer nannte. Nun – damit hatte sie keinerlei Probleme…
    ***
    Nicht einmal vierundzwanzig Stunden später schnappte die Falle zu.
    Ein Sirenengeheul, das durch Mark und Bein ging, gellte durch die Gänge der Community Salisbury.
    General-Alarm!
    Rulfan stürmte mit gezücktem Schwert aus seinem Zimmer, Eve Neuf-Deville und Wulf im Schlepptau. Nur sieben oder acht

Weitere Kostenlose Bücher