1283 - Der Kartanin-Konflikt
gegen das Wesen, das überraschend vor mir auftauchte.
„Verzeihung!" murmelte ich geistesabwesend, taumelte zurück und musterte flüchtig meinen neuen Bekannten.
Er ähnelte einer Kartanin (oder einem Kartanen), wirkte aber irgendwie unfertig und golemhaft. Vor allem das Gesicht war ohne jeden Ausdruck. Hinter ihm, im Halbdunkel eines zugigen Korridors, tauchten drei Maahks auf.
Maahks?
Hier konnte es keine Maahks geben, höchstens Maakar!
Ich eilte in die Liftkabine zurück, um Lullog zu holen, den ich ganz vergessen hatte.
Im selben Augenblick ruckte die Kabine wieder an - und schoß nach oben.
Ich hielt mich an Dao-Lin-H’ay fest - und erschauderte, als ich ihren starren Gesichtausdruck sah. Er glich beinahe dem des Golems.
Ich mußte unwillkürlich lachen.
Du freust dich, Gebieter? fragte Lullog.
„Nein, ich mache nur Gesichtsgymnastik", gab ich versehentlich laut zurück.
Wegen ihr? fragte er.
Ihr? echote ich.
Lelila, deine Mutter-Bruder-Tochter, die gekommen ist, um uns heimzuholen! antwortete der Erbgott.
Ich stöhnte vor Zorn.
Jetzt ging mir ein Licht auf! Endlich wurde mir klar, was die ganze Zeit über gespielt worden war. Es war gar nicht darum gegangen, Lullog und mich zusammenzuführen und uns unsere wahre Identität erkennen zu lassen (falls so etwas im Universum überhaupt möglich war), sondern einzig und allein darum, uns zurückzuholen und für irgendwelche Pflichten einzuspannen.
Niemals!
Ich fühlte mich plötzlich wie ein Raubtier, das sich in einer Fallgrube gefangen hat. Wild starrte ich um mich, um eine Schaltung zu finden, mit der ich den Pneumograv anhalten konnte.
Als ich nichts dergleichen entdeckte, riß ich Dao-Lin die Strahlwaffe aus der Hand, zielte auf die Decke und drückte ab.
Ein greller Energiestrahl zuckte aus der Mündung und verschwand spurlos in dem Loch, das er in die Decke gebrannt hatte.
Das schien eine Notschaltung ausgelöst zu haben. Jedenfalls kam die Kabine abrupt zum Stehen. Ruckend gingen die Türhälften auseinander. Ich bückte mich, ergriff Lullog, richtete mich wieder auf und lief durch die Öffnung...
*
Wie ich in den Startschacht der Planetenfähre gekommen war, hätte ich hinterher nicht mehr sagen können. Wahrscheinlich war ich ziellos umhergeirrt und zufällig auf das Transportband gestoßen, das mich direkt vor der offenen Schleuse der Fähre abgesetzt hatte.
Vier kräftige Sternsöldner packten mich im nächsten Moment; eine hochgewachsene Kartanin baute sich vor mir auf.
„Du bist Giffi Marauder", stellte sie fest und blickte auf meinen Erbgott. „Was ist das da?
Auf der MASURA hattest du das noch nicht bei dir."
Da erkannte ich sie.
Es war die Protektorin Sahi-Dok-G'ahd, die Kommandantin des Schlachtschiffs GARADAN, die mit einem Enterkommando auf die MASURA gekommen war und uns anschließend nach Kartan begleitet hatte.
„Es ist der Erbgott unserer Familie", beantwortete ich ihre Frage.
„Ach so!" meinte sie wegwerfend. Anscheinend hielt sie die Statuette für eine Art Götzenfigur. „Was suchst du hier, Giffi?"
„Wir müssen starten, Protektorin!"
mahnte einer der Sternsöldner. „Unsere Leute stellen die Raumkontrolle nur noch für zehn Minuten. Danach kommen Dao-Lins Leute wieder an die Reihe. Sie würden viele Fragen stellen."
„Ja, natürlich", gab Sahi-Dok zurück.
Sie musterte mich irgendwie mitleidig.
„Tut mir leid, aber dich müssen wir mitnehmen", erklärte sie. „Wenn wir dich zurücklassen, bekommt Dao-Lin aus dir heraus, daß ich mit der GARADAN verschwunden bin."
Sie gab den vier Sternsöldnern ein Zeichen.
Ich wurde durch die Schleuse ins Beiboot befördert und angeschnallt. Sahi-Dok folgte uns. Dann startete das Boot.
Ich ergab mich in mein Schicksal. So schlimm würde es schon nicht werden. Ich durfte mich nur nicht in die Rivalitäten einmischen, die anscheinend zwischen den beiden Protektorinnen ausgetragen wurden. Sie interessierten mich auch gar nicht. Hauptsache, ich konnte von Kartan verschwinden, bevor meine Mutter-Bruder-Tochter meine Spur aufnahm.
Wie sie wohl aussehen mochte?
Ich konnte mich nicht an sie erinnern.
Als ich versuchte, mir ihr Gesicht vorzustellen, „zauberte" mein Unterbewußtsein ein anderes Gesicht vor mein geistiges Auge.
Perwela!
In diesem Augenblick nahm ich mir vor, alles zu versuchen, um meine ehemalige Chefin und meine Kolleginnen und Kollegen von der Zunft der Astral-Fischer wiederzusehen.
Nicht unbedingt, um bei ihnen zu bleiben,
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