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1285 - Das Spiel des Lebens

Titel: 1285 - Das Spiel des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Irgend etwas an seinen Zügen kam mir bekannt vor, als sei ich ihm schon einmal begegnet. Aber er ließ mir zum Nachdenken keine Zeit. Es war unverkennbar, daß ihn finsterster Zorn beseelte. Er trat auf die Wanne zu und hob das Beil zum Schlag. Seine Brust hob und senkte sich unter hastigen Atemzügen. Die Augen funkelten mich wuterfüllt an.
    „Ich will dich lehren", stieß er hervor, „meine Tochter Meara zu beleidigen."
     
    *
     
    Von der Kunst des Kämpfens hatte er wenig Ahnung. Ich hatte die Knie angezogen, und als ich sie jetzt ruckartig wieder von mir stieß, platschte ihm ein Eimervoll dampfenden Wassers entgegen. Darauf war er nicht gefaßt. Er wich mit einem zornigen Schrei zurück, stolperte über den Hocker, auf dem ich mein Tuch ausgebreitet hatte, und ging zu Boden.
    Ich setzte über den Rand der Wanne hinweg. Bevor er begriff, wie ihm geschah, hatte ich ihm das Beil entwunden. Er lag vor mir und sah zu mir auf, offensichtlich fest davon überzeugt, daß ich ihm nun den Schädel spalten würde. Aber in seinen Augen loderte noch immer der Zorn. Der Mann war kein Feigling.
    Ich wich zwei Schritte zurück, nahm das Tuch auf und schlang es mir um die Blöße.
    „Du kannst aufstehen, du dreimal gehörnter Ochse", sagte ich zu ihm.
    „Du bist der Wirt im Löwen und Schwert, nicht wahr?"
    „Wer sonst?" knurrte er, während er sich langsam aufrichtete. „Und wenn Ihr auch ein Junggraf seid und jetzt mein Beil in der Hand haltet: Ich schwöre Euch bei der großen Hexe am Rande von Huun, ich werde Euch den Schädel einschlagen, sobald Ihr Meara auch nur mit einem einzigen Eurer lüsternen Blicke beleidigt."
    Er war immer noch zornig bis an den Rand seiner Seele, aber er bediente sich der Redeweise eines Gebildeten. Der Mann wurde mir immer sympathischer.
    „Wirt, deine Tochter ist vor mir sicher", sagte ich. „Ich habe von ihrer Schönheit gehört und wollte sie kennen lernen. Aber ich achte den Wunsch des Vaters. Du und deine Tochter, ihr habt von mir nichts zu fürchten."
    Unsicher sah er mich an. Es stand ihm fast auf dem Gesicht geschrieben, was in seinem Gehirn vor sich ging.
    „Ihr macht Euch über mich lustig", beschwerte er sich. „Ihr seid ein Grafensohn - und wollt so leicht aufgeben?"
    „Du hast merkwürdige Vorstellungen von den Lebensgewohnheiten des Adels", antwortete ich. „Wir achten die Gesetze wie jeder andere Bürger auch." Es zuckte verdächtig in seinem Gesicht; die Lüge war mir leicht über die Lippen gegangen. „Wenn du nicht willst, daß ich deine Tochter sehe, dann mag sie mir aus den Augen bleiben. Es gibt noch andere schöne Weiber in Denguon."
    Er streckte die Arme aus und hielt die Handflächen nach oben. Sein Zorn war verraucht.
    „Herr, wenn Ihr das tun wollt, werde ich Euren Namen preisen bis ans Ende meiner Tage. Meara ist ein braves Mädchen. Ihr dagegen habt eine Frau daheim in Tjann. Ich wünsche Euch nichts als das Beste ..."
    Ich winkte ab.
    „Dank, Wirt. Von wem hast du überhaupt erfahren, daß ich mich für deine Tochter interessierte?"
    „Von Quapt, dem Wächter am Westtor."
    „Dieser Quapt soll sich vor mir in acht nehmen", drohte ich. „Ich erzähle ihm keine Geheimnisse, damit er sie an den nächsten besten ausplaudert. Wie ist übrigens dein Name?"
    „Wrash, Herr."
    Mir war, als hätte mir einer mit dem Hammer über den Kopf geschlagen. Wrash! Das war der, dessentwegen ich nach Denguon gekommen war. Meine Maskerade, meine zur Schau gestellte Weibertollheit - sie dienten nur dazu, daß ich unbemerkt und unverdächtigt Verbindung mit Wrash aufnehmen konnte. Und jetzt entpuppte er sich als der Vater des Mädchens, dem ich nachstellte, und es gab sicher den einen oder anderen scharfäugigen Beobachter, der gesehen hatte, wie er mit dem Beil in das Badehaus eingedrungen war, während ich in der Wanne saß.
    Oh, Schicksal! Manchmal ist deine Ironie schwer zu ertragen.
    „Was weißt du über die Knospe des Pfirsichs?" fragte ich.
    Er zuckte zusammen. Gleich darauf hatte er sich jedoch wieder in der Gewalt.
    „Ich weiß nicht, was Ihr meint, Herr", behauptete er.
    Konnte ich es ihm übel nehmen? Ich war ein Fremder, noch dazu der Sohn eines Grafen. Vom Adel sagte man allgemein, daß er dem Tyrannen treu ergeben sei.
    Schließlich ging es ihm unter Targiivs Herrschaft nicht schlecht. Wie wäre Wrash dazu gekommen, mir gegenüber zuzugeben, daß er die Tarnbezeichnung der Organisation kannte, die sich den Sturz des Despoten zum Ziel gesetzt

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