1289 - Desteros Söhne
wieder zurück?«
»Das weiß ich nicht.« Johnny schob seine Tasse zur Seite. »Wieso fragst du? Willst du mit ihr sprechen?«
»Das hatte ich eigentlich vor.«
Der Junge verzog das Gesicht. »Warum willst du das tun? Dave hat es bisher vermieden, seine Mutter zu informieren und…«
»Klar hat er das, Johnny. Aber ich bin nicht Dave, verstehst du? Ich brauche die Rücksichten nicht zu nehmen.« Ich klopfte auf den Tisch. »Wenn ich etwas erreichen will, muss ich in der Vergangenheit nachforschen. Nur dort kann ich die Lösung finden. Ich muss wissen wie das damals war, als man Dave adoptierte. Oder hat er dir erzählt, wie seine Eltern es in die Wege geleitet haben?«
»Nein, John. Er wusste ja bis vor kurzem nicht, dass er adoptiert wurde.«
»Eben.«
Johnny senkte den Kopf. »Aber wer ist jetzt sein richtiger Vater? Und wer seine Mutter?«
»Wenn wir das herausfinden, sind wir der Lösung nahe.«
Seine nächste Frage flüsterte er und hatte sich auch vorher umgeschaut, ob niemand zu nahe bei uns saß. »Glaubst du eventuell, dass es ein Dämon gewesen ist?«
»Keine Ahnung, aber ich werde nichts ausschließen. Wichtig ist, dass ich herausfinde, wer für die Adoption gesorgt hat. Wie diese genau stattgefunden hat.«
»Das muss Mrs. Norris wissen.«
»Eben.«
»Kann ich mit ihr sprechen?«
»Bestimmt, John. Wie ich weiß, ist sie wieder zu Hause.«
»Und Dave?«
»Wird ebenfalls dort sein. Sie müssen sich ja um die Beerdigung kümmern.«
»Weißt du zufällig, was der Arzt für eine Todesursache festgestellt hat?«
»Herzschlag, glaube ich.«
»Soso.«
»Glaubst du nicht daran?«
Ich winkte ab. »Zuvor schon. Aber es ist auch möglich, dass ich eine Obduktion anordne. Das wird sich nach dem Gespräch mit Mrs. Norris ergeben. Ich denke auch, dass sie mir mehr sagen wird, was bestimmte Vorgänge in der Vergangenheit angeht. Aber sie weiß nicht, dass ihr Sohn etwas unternommen hat, indem er dich ins Vertrauen gezogen hat?«
»Ich denke schon.«
»Gut, Johnny«, sagte ich nach einem Blick auf die Uhr. »Es ist eine gute Zeit für einen Besuch. Aber ich kann dir nichts versprechen, das musst du auch einsehen. Sei nicht enttäuscht, wenn bei meinen Recherchen nichts herauskommt.«
»Das werde ich auch nicht sein. Aber ich denke da schon anders als du, John.«
»Gut, ich sage dir dann später Bescheid.«
Er wirkte erleichtert. Sein Lächeln war jetzt breit und offen. »Weißt du, John, ich bin mir sogar sicher, dass da einiges nicht mit rechten Dingen zugeht.«
»Toll, du sprichst schon wie dein Vater.«
»Ist das ein Wunder?«
»Nein, Johnny, das ist es nicht…«
***
Die Familie Norris lebte in einer Gegend in London, in der die Mieten noch bezahlbar waren und man die Wohnungen auch als guten Durchschnitt ansehen konnte. Häuser, die vor rund 70 Jahren gebaut worden waren, standen dicht an dicht, besaßen flache Dächer, mehrere Stockwerke und breite Balkone.
Sogar einen Parkplatz fand ich. Es war eine Lücke zwischen zwei Laternenpfosten.
Als ich ausstieg, fuhr mir ein scharfer Wind ins Gesicht. Er brachte einen feuchten Niesel mit. Die Wolken hingen ziemlich tief. An einigen Stellen sahen sie aus, als hätten sie sich auf die Dächer der Häuser gelegt.
Unvorbereitet würde ich Ellen Norris nicht antreffen. Ich hatte sie zuvor angerufen und sie um das Gespräch gebeten, ohne den eigentlichen Grund zu nennen. Sie wusste aber, dass ich von Scotland Yard war, und das hatte sie erschreckt.
Ich konnte die Haustür nach innen drücken, weil sie nicht abgeschlossen war. Die Wände im Flur waren grau. Es gab einen schmalen Aufzug, aber auch eine Treppe, und die nahm ich.
Die beschmierten Wände hatte ich nur im Erdgeschoss gesehen. Weiter oben zeigten sie ihre normale Farbe, ebenso wie die Decke, die mit grauer Farbe gestrichen worden war.
Ich fand die Wohnung der Familie Norris. Ein Schild war an die Mitte der Tür geheftet worden.
Das Klingelgeräusch hörte ich nicht, aber es war im Innern vernommen worden, denn sehr schnell wurde mir geöffnet. Eine Frau, die dunkle Kleidung trug, stand vor mir. Sie sah erschöpft aus und hatte Ringe unter den verweinten Augen. Das heller gefärbte Haar hatte sie nach hinten gekämmt und im Nacken festgesteckt. Sie schaute mich mit einem misstrauischen Blick an und wurde erst lockerer, als sie meinen Ausweis sah.
»Ja, Mr. Sinclair, treten Sie ein. Ich weiß zwar nicht, was Sie von mir wollen, aber schaden kann es nicht, wenn ich mich mit Ihnen
Weitere Kostenlose Bücher