1290 - Meisterwerk des Teufels
verdammte Friedhof schien kein Ende zu nehmen, denn so groß hatten sie sich das Areal nicht vorgestellt.
An einer Kreuzung blieben sie stehen. Alles deutete darauf hin, dass sie sich auf dem alten Teil des Friedhofs befanden, denn hier wuchsen die hohen Bäume, die in Jahrzehnten ihre eigentliche Größe erreicht hatten.
Sie nahmen natürlich viel Sicht. Es gab auch Lücken zwischen ihnen, die allerdings waren an manchen Stellen in Brusthöhe so dicht bewachsen, dass der Durchblick unmöglich war.
Bill hielt die Goldene Pistole in der rechten Hand. Er spürte seine innere Aufregung, die ihm wie ein Motor vorkam, der aber im Moment stotterte.
Suko blieb ruhiger. Er fragte: »Wie sieht es denn auf dem neuen Teil des Friedhofs aus?«
Bill schüttelte den Kopf. »Nicht gut.«
»Wieso?«
»Die Gräber sind nicht groß genug. Wir sind hier schon irgendwie richtig.«
»Dann los!«, sagte Sheila und wies nach vorn. Der Weg führte hinein in eine dämmrige Umgebung, denn zu beiden Seiten war er mit Büschen bewachsen. Altes Gestrüpp, dessen Blätter dabei waren, zu faulen und einzuknicken. Die meisten von ihnen waren bereits abgefallen und lagen auf dem Boden. Ein Eichhörnchen huschte plötzlich vor ihnen her, als wollte es der kleinen Gruppe die Richtung zeigen.
»Egal, viel falsch machen können wir nicht«, flüsterte Bill und übernahm wieder die Führung.
Er machte sich Vorwürfe, weil er wusste, dass er seinen Freund in diese Lage hineingebracht hatte.
Und wenn das Kreuz nicht mehr half, sich zu befreien, dann konnte man die Lage durchaus als aussichtslos betrachten.
Sie hielten sich allein auf dem Gelände auf. Bisher war ihnen niemand begegnet.
Es war Suko, der eine bestimmte Idee hatte und sie sofort in die Tat umsetzte. Mit geschickten Bewegungen erklomm er einen der recht hohen Grabsteine, um von ihm aus einen gewissen Überblick zu bekommen. Sein Blick glitt dabei nach rechts, denn dort breitete sich das alte Gräberfeld mit den entsprechenden Steinen aus.
Das Schauen dauerte nur eine Sekunde. »Ich habe ihn!«
Bill und Sheila wollten es kaum glauben. Sie schauten sich an und stellten ihre Frage erst, als Suko bereits zu Boden gesprungen war. »Wo steckt er denn?«
»Kommt mit!«
Sie blieben nicht mehr auf dem Weg, sondern liefen quer über das Gräberfeld hinweg. Jetzt hatte Suko die Führung übernommen. Er duckte sich während des Laufens, um den Hindernissen aus dem Weg zu gehen. Immer wieder drückte er sich an ihnen vorbei, sprang über Gräber hinweg und blieb stehen, als er eine mit wildem Wein und Efeu bewachsene nicht sehr hohe Böschung erreicht hatte.
»Da ist er!«, meldete er nur.
Bill drängte sich vor. Sheila blieb zurück. Sie atmete schnell und heftig. Schräg schaute der Reporter durch eine Lücke zwischen den Steinen. Er sah nicht alles, aber das Wenige reichte ihm, denn in sein Blickfeld geriet die Heckflosse des Cadillacs.
»Es ist gut«, sagte er und hob die Goldene Pistole an. »Ab jetzt ist es meine Sache.«
»Nicht ganz«, widersprach Suko, »ich bin dabei.«
Bill wusste, dass er Suko diesen Wunsch nicht abschlagen konnte. Beide wiesen Sheila allerdings an, zurückzubleiben.
Sie nickte nur und presste die Lippen zusammen. Sie drückte beide Daumen in die Höhe. Es war das Zeichen, dass sie mit ihnen fieberte.
Aber nicht nur um die beiden, sondern auch um John Sinclair, und sie flüsterte: »Hoffentlich geht alles gut - hoffentlich…«
***
»Terra«, flüsterte ich. Noch nie zuvor war mir ein Wort der Formel so schwer über die Lippen gekommen.
Es passierte nichts, und ich holte durch die Nase Luft, um das zweite Wort zu sprechen.
»Pestem…«
Etwas kratzte in meinem Hals. Ich räusperte mir die Stimmbänder frei und sprach das dritte Wort der Formel.
»Teneto…«
Alles lief bisher glatt und in meinem Sinne. Die leichte Wärme des Kreuzes veränderte sich nicht, und auch der Unsichtbare hielt sich zurück, denn er sprach mich nicht an. Im Wagen blieb es ruhig, keine Stimme erwischte mich.
»Salus…«
Das drittletzte Wort der Formel. Mein Gott, der Druck in meinem Innern nahm immer mehr zu. Ich merkte auch, dass sich der Schweiß überall auf dem Körper abgesetzt hatte. Hinter meiner Stirn spürte ich den Druck, und er pochte in Höhe der Augen.
»Hic…«
Jetzt war das zweitletzte Wort über meine Lippen gedrungen. Es fehlte das letzte, und plötzlich baute sich die Sperre in meinem Innern auf. Es war schwer, auch das letzte Wort auszusprechen.
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