1294 - Der kopflose Engel
Spritze konnte ich verzichten.
»Aha, er ist da!«
Das war ich zwar nicht richtig, aber ich hatte zumindest meinen Zustand überstanden und stöhnte leise vor mich hin. Ich öffnete meine Augen und stellte fest, dass ich nur noch mit dem linken sehen konnte. Das rechte war verklebt, als hätte man dort Leim hineintropfen lassen.
Über mir schwebte das Gesicht. Es war der Kollege, den ich vom Sehen kannte, dessen Name mir allerdings entfallen war. Mir fiel wieder ein, dass ich die Mordkommission gerufen hatte.
»Sorry, Sinclair, aber Sie bluten wie ein Schwein.«
»Danke!«, keuchte ich. »Ist wohl nur ein Kratzer.«
»Na ja, das weiß ich nicht so genau. Der Doc wird sich um die Wunde kümmern. Es hat Sie an der rechten Stirnseite ganz schön erwischt.«
Nachdem mir das gesagt worden war, ließ die Spannung bei mir nach. Nichts peitschte mich mehr hoch. Ich spürte die Schmerzen, die sich durch meinen Kopf zogen, und ich wusste auch, dass ich verdammt viel Glück gehabt hatte. Die Waffe hätte mir auch den Schädel spalten können, so aber war ich nur flach getroffen worden.
»Wollen Sie liegen bleiben oder können Sie aufstehen?«, wurde ich gefragt.
»Aufstehen.«
Ich hatte mir etwas viel vorgenommen. Den Doc brauchte ich schon als Hilfestellung, aber ich freute mich darüber, dass ich ohne weitere Hilfe auf einen Stuhl zugehen konnte. Ich ließ mich darauf fallen und dachte daran, dass ich diesen Mason Denning doch unterschätzt hatte. Die Engel, seine Freunde, mussten ihn mit Kräften ausgestattet haben, gegen die ein normaler Mensch nicht ankam.
Zum Glück hatte ihn mein Kreuz im letzten Moment gestoppt. Wenn ich richtig nachdachte, musste er zu nahe an meinen Talisman herangekommen sein.
Aber war er auch vernichtet?
Genau die Frage konnte ich nicht beantworten. Ich hatte es nicht gesehen, und so musste ich davon ausgehen, dass er noch vorhanden war und weiterhin versuchen würde, sein Ziel zu erreichen.
»Legen Sie mal den Kopf zurück, Mr. Sinclair«, hörte ich die Stimme des Arztes.
Ich musste gehorchen. Die Verletzung hatte mich zwar nicht außer Gefecht gesetzt, aber sie behinderte mich stark. Ich war nicht so fit wie ich es mir gewünscht hätte und erschrak über meine eigenen Gedanken, als ich daran dachte, dass ich wohl nicht in der Lage sein würde, in diesem Zustand Auto zu fahren. Wenn ich die Augen schloss, dann »schwamm« ich weg. Das Versprechen, zu Jane Collins und Mabel Denning zu kommen, würde ich nicht halten können.
Genau das war wichtig.
Denning wollte seine Tochter zu sich holen. Sie sollte so werden wie er schon war. Und seine Stärke hatte ich leider erleben müssen. Mir war es nicht gelungen, ihn zu stoppen, und ich bezweifelte, dass Jane und Mabel es schafften.
Der Gedanke daran, regte mich auf. Ich hörte mein eigenes Stöhnen, ich wollte mich hochstemmen und wurde hart angeraunzt.
»Sind Sie verrückt, Sinclair?«
»Nein«, flüsterte ich, »aber ich muss…«
»Sie müssen jetzt nur still halten!« Der Arzt drückte meinen Kopf zurück, sodass ich im Nacken den Druck der Lehne spürte. Jetzt hatte er mich in der Lage, wie er sie brauchte.
Dann machte er sich an meiner Wunde zu schaffen. Ich stöhnte auf, ich biss die Zähne zusammen, dass es knirschte. Gesäubert hatte der Arzt die Umgebung der Wunde schon, jetzt wurde sie mit irgendeinem Zeug behandelt, das höllisch brannte. Ich hatte das Gefühl, vom Teufel angespuckt worden zu sein.
»Einfach nur ruhig bleiben«, sagte er mit leiser Stimme. »Dann geht alles wie von selbst.«
»Ja, ja, ich weiß…«
Ergeben ließ ich alles mit mir geschehen. Meine Gedanken wanderten dabei in ganz andere Richtungen, denn wieder dachte ich an die Gefahren, in denen die beiden Frauen schwebten. Inzwischen war ich davon überzeugt, Mason Denning nicht erwischt zu haben.
Jane und Mabel waren ihm ausgeliefert. Ich saß von ihnen meilenweit entfernt und konnte sie nur telefonisch warnen. Das würde zwar etwas bringen, änderte jedoch nichts an den Tatsachen, und deshalb musste es eine andere Lösung geben.
Die hieß Suko!
Er war zu Hause. Er würde hinfahren müssen, um die beiden zu schützen. Er besaß Waffen. Er war nicht schlechter als ich. Während der Arzt ein Pflaster hervorholte, um damit meine Wunde zu bedecken, fingerte ich bereits nach meinem Handy.
»Können Sie es nicht mehr aushalten, Mr. Sinclair?«
»So ist es. Ich muss telefonieren. Es geht um Leben und Tod.«
Der Doc sagte nichts mehr. Wahrscheinlich
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