1297 - Das Blutsee-Quartett
sagen.«
»Das hoffe ich auch.«
Um den Piloten hatte sich Anselmo gekümmert. Cotta lag nicht mehr rücklings auf dem Tisch. Er saß jetzt auf dem Stuhl und sah verdammt mitgenommen aus. Die Schmerzen in seinem Gesicht quälten ihn, und der Mönch war dabei, mit einem Taschentuch die Umgebung der blutenden Nase zu säubern.
»Ich werde gleich eine Arznei holen. Die müssen Sie trinken. Sie ist nach einem uralten Rezept hergestellt worden und nimmt Ihnen die Schmerzen.«
»Ja, danke.«
»Bis gleich dann, Paolo.«
Der Mönch nickte uns zu. Fast lautlos huschte er aus der Zelle und ging den gleichen Weg wieder zurück.
Paolo Cotta, ein Mann mit dichtem schwarzem Haar, sah jetzt etwas besser aus, nachdem die Umgebung seiner Nase gesäubert worden war. Aber wir stellten auch fest, dass der Treffer sie ziemlich deformiert hatte. Vermutlich war sie sogar gebrochen.
Erst jetzt nahm er uns richtig wahr. In seine Augen stahl sich ein misstrauischer Ausdruck.
»Ihr gehört nicht zum Kloster, wie?«
»Nein«, sagte Suko. »Wir sind Freunde von Bruder Anselmo. Er hat uns praktisch geholt.«
Cotta musste nachdenken, was ihm nicht leicht fiel. Er runzelte die Stirn, dann aber nickte er und auf seinen Lippen erschien ein leichtes Lächeln, weil ihm ein Licht aufgegangen war.
»Moment mal, dann seid ihr die Männer aus London, von denen Anselmo gesprochen hat?«
»So ist es.«
Cotta lachte. »Ja, das ist eine gute Nachricht.« Und dann sagte er: »Ich glaube, dass Sie gerade noch rechtzeitig gekommen sind. Sonst wäre es mit mir vorbei gewesen.«
»Wieso?«
»Man wollte mein Blut trinken«, flüsterte er.
»Wer?«, fragte Suko. »War es eine Frau mit blonden Haaren?«
Wieder musste Cotta lachen. »Frau, sagen Sie? Ja, es war jemand mit blonden Haaren. Aber das war kein Mensch mehr, verdammt. Das war eine Bestie, die es eigentlich nicht geben kann. Nicht in der Wirklichkeit.« Er schaute Suko mit einem brennenden Blick an. »Oder sehen Sie das anders?«
»Nein«, flüsterte Suko.
Der Pilot hob mit einer hilflos anmutenden Bewegung die Schultern. »Sie wollte mein Blut. Ja, verdammt, sie wollte mein Blut.« Er wies mit zitternder Hand auf die Tischmitte, wo sich in der Maserung ein dunklerer Fleck abzeichnete. »Da…«, sagte er keuchend, »da hat sie mein Blut geleckt, das mir aus der Nase geströmt ist. Es lag auf dem Tisch, und sie stürzte sich gierig darauf. Ich habe so was noch nie erlebt, und ich will es auch nicht mehr erleben. Das war einfach grauenhaft. Schlimmer als alles, was ich jemals erlebt habe. Und sie hätte auch mein Blut getrunken, wenn Sie nicht gekommen wären. Sie… sie… muss es gehört haben. Euch, versteht ihr? Plötzlich ist sie verschwunden. Sie rannte zum Fenster und war einfach weg.«
»Klar«, sagte Suko und nickte ihm beruhigend zu. »Sie ist abgetaucht, schade.«
Cotta musste noch darüber reden. »Das war alles noch schlimmer als die Sache am See.«
»Wieso?«, fragte Suko.
»Ich fühlte mich noch stärker bedroht«, gab er zu. »Sie war so nahe. Sie hat mich angefasst, das ist mir am See nicht passiert. Da bin ich einfach nur geflohen. Doch hier hatte ich keine Chance. Da gab es keinen Hubschrauber, in den ich hätte steigen können. Das war alles ein einziger Albtraum.«
»Der zum Glück vorbei ist.«
Cotta starrte meinen Freund an, als wollte er ihm kein Wort glauben. »Nein, das glauben Sie doch selbst nicht. Gibt eine Person wie die Blonde wirklich so leicht auf?«
»Sie wird zumindest vorsichtiger sein«, sagte ich.
»Ach.« Er schaute mich an. »Dann geben Sie zu, dass ich noch immer in Gefahr bin.«
»Ja.« Bevor Cotta etwas erwidern konnte, sprach ich weiter. »Aber jetzt sind wir bei Ihnen. Das ändert die Sache, und wir kennen diese Unperson.«
Der Pilot musste erst nachdenken, was er mich fragen wollte. Ich ließ ihn in Ruhe. Schließlich nickte er und flüsterte mit kaum verständlicher Stimme: »Können Sie mir sagen, warum diese schreckliche Person ausgerechnet mein Blut haben wollte?«
»Genau nicht, aber wir haben unsere Erfahrungen. Sie weiß, ebenso wie wir, dass Sie ein Zeuge sind. Sie haben gesehen, wie die vier Gestalten aus dem Blutsee gestiegen sind. Daran müssen Sie denken. Und ich kann mir vorstellen, dass auch Justine Cavallo scharf darauf ist, mit ihnen Kontakt aufzunehmen.«
»Heißt sie so?«
»Richtig.«
»Aber was will sie von denen?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Genau ist mir das nicht klar. Keiner von uns kennt ihre Pläne.
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